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Der Sturm

Der Sturm

Titel: Der Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krystyna Kuhn
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hinderte?
    »Ich kann dir nicht helfen, Julia, wenn du es mir nicht erzählst.«
    »Niemand kann mir helfen.«
    Er seufzte. »Habe ich irgendetwas getan, das dich verletzt hat? Vertraust du mir deshalb nicht?«
    »Nein«, sagte Julia und ihre Stimme klang plötzlich weich, fast sanft. »Das ist nicht das Problem.«
    »Was ist es dann?«, fragte er.
    »Du musst mir Zeit geben, Chris. Ich brauche Zeit.«
    »Vielleicht ist es irgendwann zu spät!« Er vergrub sein Gesicht an ihrer Schulter. Er schluckte, wusste nicht weiter.
    Ihr Oberkörper presste sich an ihn, ihre Arme umschlangen seine Hüften. Sein Herz klopfte und überall auf seiner Haut kribbelte es, sein ganzer Körper vibrierte.
    »Egal, was passiert, Julia. Heute und später. Ich...«
    »Ja?«
    »Verflucht, ich liebe dich! Mir kommt es vor, als ob du das Einzige bist, weshalb ich noch hier oben bin. Dabei war es mein Vater, der...«
    Er spürte, wie sie sich bemühte, sich nicht zu bewegen, als wage sie nicht, ihn zu stören in dem, was er ihr erzählen wollte.
    Chris biss sich auf die Unterlippe. »Mein Vater...du musst wissen, er ist tot.«
    »Meiner...«Sie stockte, hielt wieder die Luft an. Ihr Blick suchte seinen. Darin war eine Frage. Er spürte, wie sie zögerte.
    Jetzt nichts sagen, Chris. Halt einfach deine verdammte Klappe und schau sie an. Schau in diese grünen Augen und versuche, ihr zu zeigen, dass sie dir vertrauen kann.
    Was in der Vergangenheit passiert war, war vorbei. Aber er konnte nicht anders. Etwas drängte ihn, ihr alles zu erzählen. Er hatte so lange auf den richtigen Moment gewartet und nie war er da, würde vielleicht nie kommen. Also wann, wenn nicht jetzt.
    Er schluckte. »Ich hatte schon einmal eine Freundin.«
    Julia versuchte ein Lachen, aber es klang kläglich. »Ach, tatsächlich?«
    »Das meine ich nicht, nur...ich...«
    »Was?«
    »Ich habe damals total versagt und...«
    »Was ist passiert? Hast du sie mit einer anderen betrogen?«
    »Schlimmer.«
    Sie schluckte und er spürte, sie wollte nichts davon hören.
    Er zögerte. Dann rückte er ein Stück von ihr ab und umfasste ihre Schultern. »Julia, ich habe so lange auf sie eingeprügelt, dass sie ins Krankenhaus musste.«
    Sie zuckte zusammen.
    »Aber warum hast du das gemacht?«
    »Warum? Ich...ich war einfach nur eifersüchtig. Es ist nichts, worauf ich stolz bin. Ich war betrunken...«
    Julia wollte etwas sagen, aber er unterbrach sie. »Ich weiß, das ist keine Entschuldigung. Aber du musst das wissen. Ich will nicht, dass etwas zwischen uns steht. Es wäre nicht fair.«
    »Ich möchte es gar nicht wissen. Chris.« Plötzlich war ihre Stimme laut. »Die Vergangenheit geht mir am Arsch vorbei. Deine, meine und die vom Grace.«
    Er konnte nicht aufhören. Er umklammerte ihre Schultern und sprach weiter. »Mein Vater, Julia, war ein Säufer. Er hat sich zu Tode gesoffen. Absichtlich.«
    Julias Blick ließ ihn nicht los. Noch immer hielt er ihre Schultern. Sie hörte ihm zu. Entweder sie verstand nicht wirklich, was er ihr sagen wollte, oder es war nichts, das sie abschreckte.
    Sie hob die rechte Hand und fuhr ihm mit ihren Fingern zärtlich übers Gesicht, wollte etwas sagen, aber er schüttelte den Kopf.
    Es war der richtige Moment. Er spürte es. Ihr Gesicht dem seinen so nah. Diese schwere Stille im Collegegebäude. Der Wind, der draußen heulte.
    Sie sah ihn unverwandt an und er sprach weiter. Es war, als ob diese grünen Augen die Wahrheit aus ihm herauslockten. Oder war es umgekehrt? Er konnte nicht anders. Er musste testen, was sie ertrug.
    »Mein Vater kannte diesen Ort hier.«
    Etwas veränderte sich. Ihr Gesicht erstarrte, ihr Blick richtete sich nach innen.
    »Er war Professor für Philosophie und hat hier unterrichtet.«
    »Am Grace?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, in den Siebzigerjahren. Damals hieß das College noch Solomon College. Mein Vater war dabei, als die Studenten verschwanden.«
    Plötzlich schien sich alles auf einmal zu ändern. Julia löste sich von ihm. Nein, sie stieß ihn von sich.
    Ein Fehler.
    Chris wusste es.
    »Und das erzählst du mir erst jetzt?«
    »Du weißt auch etwas darüber, Julia, oder? Deswegen gehst zu immer zum Gedenkstein. Deshalb warst du vorhin nach diesem Film so außer dir. Wer von den Namen ist es, der dich nicht loslässt?«
    Er fühlte, dass es falsch war, spürte die Veränderung, die er nicht spüren wollte, und doch konnte er sich nicht stoppen.
    »Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst.«
    »Das weißt du sehr

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