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Der Sturm

Der Sturm

Titel: Der Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krystyna Kuhn
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an ihm vorbei sich zu schleichen, so schlägt er die Zähne tief und schmerzhaft ins Fleisch der Entfliehenden und schleppt sie zurück unter Qualen...«
    »Dante?«, fragte Chris.
    »Nein, Homer! Die Odyssee solltest du aber kennen...«
    Benjamin stockte. Der schwache Lichtschein seiner Taschenlampe zeigte etwas, womit keiner von ihnen gerechnet hatte. Sie befanden sich nicht wie erwartet in einem weiteren Kellerraum. Nein! Sie standen vor einer Wendeltreppe aus metallenen Stufen, die schier endlos hinunter in die Dunkelheit führten.
    Das Jaulen hatte nachgelassen, aber gedämpfte Geräusche klangen nach oben, eine Art Klackern auf dem Metall.
    Als ob etwas vor ihnen floh.
    Oder ihnen den Weg zeigte.
    Julia.
    Ihr Bild tauchte vor Chris auf. Sie war ganz allein dort oben mit Debbie. Und Rose war irgendwo in der gottverlassenen Mensa.
    Dreh um, dachte er, geh zu Julia, du hast ihr versprochen, gleich wieder zurückzukommen. Du musst sie beschützen.
    Und noch während er das dachte, setzte er den Fuß auf die erste Treppenstufe. Was immer dort unten sein mochte, eines war klar: Der schwarze Schatten hatte sich nicht einfach aufgelöst, sondern musste irgendwo hier unten sein.
    Und dann setzte das Heulen wieder ein.
    Diesmal klang es wie ein Hilferuf.

19. Kapitel
    E ndlos.
    Die Stufen führten endlos in die Tiefe, so jedenfalls kam es Chris vor. Sie mussten das zweite Untergeschoss längst passiert haben – und doch ging es immer noch abwärts, immer im Kreis, bis Chris ganz schwindelig wurde.
    Die Treppe war wie eine der Nottreppen, die an manchen Gebäuden die Feuerleitern ersetzen, nur breiter, sodass sie bequem zu zweit nebeneinandergehen konnten.
    Und auch wenn Chris es ungern zugab, er war froh darum. Jetzt fehlt nur noch, dass du Bens Hand hältst, dachte er bei sich. Komm, reiß dich mal zusammen.
    Aber es wollte ihm nicht gelingen. Mochte es an dem Jaulen von vorhin liegen oder an der Tatsache, dass sie gut zehn Meter unter der Erde und von allen Seiten von massivem Fels umgeben waren – auf jeden Fall spürte er ein Zittern, das nicht mehr aufhören wollte.
    Endlich erkannte er im schwachen Lichtstrahl von Benjamins Taschenlampe das Ende der Treppe. Abermals lag ein langer Korridor vor ihnen.
    Wie viele Kilometer hatte er heute bereits in diesem Gebäude zurückgelegt?
    Wie viele Treppen war er hinabgestiegen?
    Wie viele Türen gab es denn noch in diesem gottverdammten Bunker?
    »Schau mal, ob du einen Lichtschalter findest, Ben!«
    Benjamin schwenkte die Taschenlampe über die Wand und im nächsten Moment erhellte Neonlicht die Umgebung, das so grell war, dass es in den Augen schmerzte.
    Chris ging einige Schritte nach vorne, um das Schild an einer der grauen Türen zu entziffern, die nach rechts und links abzweigten.
    Technikraum I – Heizzentrale
    Und eine Tür weiter.
    Technikraum II – Netzwerk
    War das das ganze Geheimnis? Dass hier unten die Logistik des Gebäudes untergebracht war?
    Etwa vier, fünf Meter vor ihnen erkannte er die Aufzugtüren. Der Aufzug ging bis hierher runter? Chris versuchte, sich zu erinnern. Ein drittes Untergeschoss war nicht ausgewiesen, da war er sich sicher. Aber gab es neben dem Notruf nicht noch ein Steckschloss? Vermutlich hatten die Leute vom Hausmeisterservice den Schlüssel dazu, sodass sie mit dem Aufzug direkt in den Keller fahren konnten.
    Er wollte weitergehen, als er Benjamins angewidertem Blick begegnete. »Mann, wie siehst du denn aus?«
    Chris sah an sich hinunter und erkannte dunkelbraune Flecken auf seiner Hose. »Ich bin ausgerutscht.«
    »Und bist in was gefallen?«
    »Keine Ahnung.« Chris wischte erneut die Hände an der Hose ab. Sie fühlten sich noch immer dreckig und klebrig an.
    »Ist ja jetzt egal. Komm schon, weiter!«
    Er horchte in die Stille, aber mittlerweile waren alle Geräusche abermals verstummt. Eingebildete wie echte. Und Schatten gab es hier auch keine mehr. Stattdessen grelles Licht, das jede noch so kleine Ritze ausleuchtete.
    Es folgte eine Reihe von Türen, die alle verschlossen waren, was Chris merkwürdigerweise beruhigte. Bis er im hinteren Drittel des Korridors vor einer Glastür stand, auf der ein Schild angebracht war: Security.
    Durch die Scheibe konnte er dieselben Spindschränke erkennen wie in den Umkleidekabinen des Sportbereichs. Offenbar konnten sich die Wachleute hier umziehen.
    Chris ging als Erster hinein, gefolgt von Ben. Sie sahen sich um. Jeder der Spinde war mit dem Namen des jeweiligen Wachmanns beschriftet,

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