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Der Sturz aus dem Fenster

Der Sturz aus dem Fenster

Titel: Der Sturz aus dem Fenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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plötzlich bewußt, daß, auch wenn beide an die Möglichkeit einer leidenschaftlichen Beziehung nicht einmal zu denken wagten, es doch einen Funken zwischen ihnen gab, 92

    der ihr Gespräch auf eine Weise sprühen ließ, wie es zwischen schwarzen Frauen und ihr nie geschah. Ein Satz aus Virginia Woolfs Briefen an ihre Schwester setzte sich in Kates Kopf fest, ehe sie ihm den Zutritt verwehren konnte. »Und ich hatte Besuch, vor langer, langer Zeit, von Tom Eliot, den ich liebe, oder hätte lieben können, wären wir beide in unserem Frühling und nicht in unserem Herbst.
    Was glaubst du, wie wichtig der Kopulationsakt für eine Freundschaft ist?« Woolf und Eliot waren bedeutend älter gewesen als Kate und Humphrey. Himmel, dachte Kate, ich glaube, ich verliere den Verstand.
    Humphrey schien ihre Gedanken zu lesen. »Schwarze Frauen empfinden eine große Distanz zu weißen Frauen – anders ist das nur, wenn sie ein Liebesverhältnis zueinander haben. Schwarze Frauen haben ein sehr feines Gespür für Hochmut und Geringschätzung ihnen gegenüber. Ich an deiner Stelle würde einfach damit zu leben versuchen. Ist das dein einziges Problem im Moment?«
    »Nein, ist es nicht«, sagte Kate. »Ich hätte nichts dagegen, Arabella an die Spitze meiner Problemliste zu setzen, wenn du es ertragen kannst.«
    »Wir wollen die jungen Leute immer bevormunden«, sagte Humphrey. »Wenn wir in der Lage sind, Veränderungen zu begrü-
    ßen und uns nicht hinter der Mauer der ›alten Werte‹ verschanzen, freut es uns, wenn die jungen Leute, die wir kennen, revolutionär sind, aber sie sollen nicht zu revolutionär sein und gefälligst auf keine andere Weise, als wir es waren. Ich hoffe, ich erinnere mich daran, wenn mein Sohn größer ist, aber wahrscheinlich tue ich das nicht. Einige Feministinnen nennen das ›zu weit gehen‹. Arabella ist ein gutes Beispiel dafür. Sie geht zu weit. Sie ist wie ein Bündel trockenes Reisig, das jede Minute in Flammen aufgehen kann. Aber immerhin hat sie kapiert, daß Gehorsam, Höflichkeit und Fleiß nicht der Weg sind, die Aufmerksamkeit der Besitzenden zu erregen, wenn man selbst ein Habenichts ist. Sowohl die Schwarzen wie auch die Frauen haben das versucht und die Erfahrung machen müssen, daß es zu wenig führt. Was nicht heißen soll, daß, könnte ich Arabella einsperren und dazu bringen, ihr Examen zu machen und Anwältin zu werden, ich es nicht tun würde.«
    »Meinst du, daß sie in dem Raum in der Levy Hall wirklich arbeitet?«
    »Ich wünschte, ich könnte glauben, daß sie arbeitet. Sie hat mit hochfliegenden Plänen begonnen und von Jahr zu Jahr ihre Ziele 93

    niedriger gesteckt. Zuerst wollte sie Ärztin werden, dann irgend etwas im Gesundheitswesen, dann Anwältin. Jetzt will sie ihr Examen in Kinderpsychologie machen – na, hoffen wir, sie macht ü-
    berhaupt ein Examen. Im Grunde will sie gar nicht mit Kindern umgehen. Erwachsene liegen ihr viel mehr. Und sag jetzt nicht, daß ich mich wie ein weißer Yuppie anhöre, das weiß ich schon selbst.«
    »Was tut sie in dem Büro in der Levy Hall?«
    »Sie redet mit ihren Freunden und Genossen. Sie machen sich gegenseitig Dampf, versuchen, einander davon abzuhalten, umzufal-len und sich den weißen Mittelklassewerten anzupassen. Sie wollen ihren Zorn nicht verlieren. Wie du, liebe Kate, habe ich gelernt, oder mir vielleicht auch nur fälschlicherweise eingeredet, daß das möglich ist. Arabella will Südafrika verändern und zwar jetzt gleich.«
    »Das wollen wir, ich und du, auch.«
    »Aber wir besetzen deshalb nicht das Verwaltungsgebäude. Hör mal, es gibt Zeiten, wo Aktionen notwendig sind, um sich Gehör zu verschaffen. Das Land, die Welt, dein eigenes Umfeld ignorieren dich, wenn du es nicht tust. Ich weiß das, und du weißt es. Wir haben beide oft genug mitgemacht. Und es gibt Orte, wo es immer noch notwendig ist, auf die Barrikaden zu gehen. Aber meiner Meinung nach ist die Zeit gekommen, daß mehr Schwarze -Studenten, Dozenten, sogar Verwaltungsleute, Gott möge mir verzeihen – in den Institutionen arbeiten sollten. Ob ich damit recht habe oder ob das Establishment mich korrumpiert hat, stelle ich anheim. Dieselbe Frage müßtest auch du dir stellen.«
    Kate seufzte. »Die stellt sich mir von ganz allein. Ich kämpfe bis zur Erschöpfung innerhalb des Systems und frage mich, ob es nicht effektiver wäre…. nun, zum Beispiel, den Rektor aus dem Fenster zu werfen. Was uns praktischerweise zu meiner sogenannten

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