Der Südstern oder Das Land der Diamanten
größeren Laboratorium würde man im Stande gewesen sein, dieses Experiment zwei Stunden, nachdem es beschlossen worden, zur Ausführung zu bringen, während Cyprien in diesem wilden Lande nicht weniger als drei Wochen brauchte, um seine Idee nur unvollkommen zu verwirklichen. Dabei hatten ihn noch besondere Glücksumstände begünstigt, indem er in genannter Stadt nicht nur die alte Kanone fand, sondern auch die ihm so nothwendige Kohle bekam. Dieses Material war sonst in Kimberley so selten, daß man sich, um eine Tonne desselben zu erhalten, wohl an mindestens drei Händler wenden mußte.
Endlich waren alle Schwierigkeiten überwunden, und nachdem das Feuer einmal in Brand gesetzt war, übernahm es Matakit, dasselbe nicht wieder verlöschen zu lassen. Der junge Kaffer war übrigens sehr stolz auf seine Function. Diese konnte ihm jedoch kaum eine neue sein, denn ohne Zweifel hatte er zu Hause bei seinem Stamme schon häufig in einer Art Höllenküche hantirt.
Cyprien hatte sich einmal bei verschiedenen Gelegenheiten überzeugt, daß Matakit, seit er in seine Dienste getreten war, bei den übrigen Kaffern das Ansehen eines Zauberers genoß. Einige Kenntnisse elementarer Chirurgie und zwei oder drei Taschenspielerkunststückchen, die er von seinem Vater gelernt haben mochte, bildeten seine ganzen Zauberkünste. Trotzdem kamen die Leute, um ihn wegen wirklicher oder eingebildeter Krankheiten zu befragen, um sich Träume deuten, Prophezeiungen vorsagen oder ein Urtheil fällen zu lassen. Seine Vorschriften waren meist ebenso unsinnig, wie seine Aussprüche albern, die nackten Landsleute schienen mit denselben jedoch zufrieden zu sein. Was brauchte es mehr?
Wir müssen hier auch bemerken, daß die Retorten und Flaschen, von denen er jetzt im Laboratorium des jungen Ingenieurs umgeben war, ohne die geheimnißvollen Arbeiten zu rechnen, an welchen er mitwirkte, nicht wenig dazu beitrugen, sein Ansehen noch zu erhöhen.
Cyprien konnte sich oft des Lachens nicht enthalten, sobald er die feierliche Miene sah, welche der brave Bursche annahm, wenn er seine bescheidene Arbeit als Heizer verrichtete, entweder die Kohlen auf dem Rost erneuerte, das Feuer schürte, oder gar ein Probirgläschen und einen Schmelztiegel abstäubte. Immerhin lag etwas Einnehmendes in dieser Ernsthaftigkeit. Sie war der naive Ausdruck des Respects, den die Wissenschaft einer rohen, aber intelligenten und wissensdurstigen Natur einflöste.
Matakit hatte daneben auch seine lustigen, fast übermüthigen Stunden, vorzüglich wenn er sich in Gesellschaft Lî’s befand. Zwischen diesen beiden Wesen von so verschiedener Abstammung hatte sich eine wirklich innige Freundschaft entwickelt in Folge der jetzt ziemlich häufigen Besuche, welche der Chinese in der Farm Watkins abstattete. Beide sprachen nothdürftig französisch, Beide waren durch Cyprien vom drohenden Tode gerettet worden und bewahrten ihm eine lebhafte Erkenntlichkeit. Es erschien also natürlich, daß sie sich durch aufrichtige Antheilnahme zu einander hingezogen fühlten, und diese Theilnahme hatte sich allmählich in Zuneigung verwandelt.
Wenn sie unter sich waren, gaben Lî und Matakit dem jungen Ingenieur einen ebenso einfachen, wie rührenden Namen, der recht gut die Natur der Gefühle ausdrückte, die sie für seine Person hegten, sie nannten ihn »das Väterchen« und sprachen von ihm nur mit hoher Bewunderung und fast übertriebener Hingebung.
Diese Ergebenheit trat seitens Lî’s in der peinlichsten Aufmerksamkeit zu Tage, die er beim Waschen und Bügeln der Leibwäsche Cypriens beobachtete; seitens Matakits in der wahrhaft religiösen Sorgfalt, mit der er sich bemühte, allen Anordnungen seines Herrn gewissenhaft zu entsprechen.
Zuweilen ließen sich die beiden Kameraden, in ihrem Eifer, »das Väterchen« zu erfreuen, etwas zu weit gehen. So kam es, daß Cyprien zum Beispiel auf seinem Tische – er aß jetzt zu Hause – Früchte oder Leckereien vorfand, die er gar nicht verlangt und deren Ursprung ihm unerklärlich blieb, denn auf den Rechnungen der Lieferanten fanden sie sich nicht wieder. Oder es kam auch vor, daß in seinen Hemden, wenn dieselben aus der Wäsche zurückkamen, goldene Knöpfchen unbekannten Herkommens steckten. Ebenso vervollständigten von Zeit zu Zeit ein eleganter, bequemer Stuhl, ein gesticktes Kissen, ein Pantherfell oder sonst eine werthvolle Kleinigkeit auf geheimnißvolle Weise die Ausstattung seines Hauses.
Nahm Cyprien Lî oder Matakit in’s
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