Der Südstern oder Das Land der Diamanten
hatte sich jedoch geschworen, dieses Geheimniß für sich zu bewahren, und hätte sich selbst verachten müssen, wenn er es dennoch verrieth. So hielt er also jede weitere Erklärung darüber auf den Lippen zurück.
Miß Watkins fuhr fort:
»Wenn Sie so begierig sind, Diamanten zu finden, Herr Méré, warum suchen Sie dieselben nicht da, wo Sie weit größere Aussicht haben, solche zu entdecken – in Ihrem Schmelztiegel? Wie, Sie sind Chemiker, Sie kennen besser als tausend Andere die Natur dieser elenden Steine, denen man so hohen Werth beilegt, und Sie suchen dieselben durch eine so undankbare, maschinenmäßige Arbeit zu erlangen? Ich für meinen Theil beharre bei dem Gedanken: Wenn ich an Ihrer Stelle wäre, würd’ ich vielmehr Diamanten herzustellen, als solche in fertigem Zustande aufzufinden suchen!«
Alice sprach mit einem solchen Feuer, mit einem solchen Vertrauen zu seiner Wissenschaft und zu Cyprien selbst, daß das Herz des jungen Mannes wie von einem erquickenden Morgenthau gebadet war.
Leider erwachte Mr. Watkins eben aus seinem Halbschlummer und fragte nach Neuigkeiten aus der Vandergaart-Kopje. Die beiden jungen Leute mußten sich also wieder der englischen Sprache bedienen und dieses vertrauliche Zwiegespräch abbrechen. Der Reiz desselben war erloschen.
Das Samenkorn war jedoch auf günstigen Boden gefallen und sollte Wurzel schlagen. Als der junge Ingenieur nach Hause ging, überdachte er jene eindringlichen und vielleicht die Wahrheit treffenden Worte, die er von Miß Watkins gehört hatte. Was an denselben vielleicht Chimäre war, das verschwand vor seinen Augen, um diesen nur noch das ehrenvolle und wirklich zärtliche Zutrauen sehen zu lassen.
»Ja, und warum denn nicht? fragte er sich selbst. Die Herstellung von Diamanten, welche noch vor einem Jahrhundert als reine Utopie zu betrachten war, ist heute eigentlich schon vollendete Thatsache. Frémy und Peil in Paris haben Rubinen, Smaragde und Saphire erzeugt, das sind verschieden gefärbte Krystalle der Thonerde. Mac Tear in Glasgow und J. Ballantine Hannay ebenda haben schon 1860 Kohlenstoffkrystalle erhalten, welche alle Eigenschaften des echten Diamanten aufwiesen und nur den einzigen Fehler hatten, ungeheuer viel mehr zu kosten, als die natürlichen Diamanten aus Brasilien, Indien oder dem Griqualand, und damit also den Bedürfnissen des Händlers von vornherein nicht zu entsprechen.
»Wenn indeß die wissenschaftliche Lösung eines Problems gefunden ist, kann die industrielle Lösung desselben nicht mehr ferne sein. Warum sollte man diese nicht suchen?… Alle Gelehrten, welche bisher an der gleichen Aufgabe scheiterten, waren nur Theoretiker, Männer vom grünen Tisch und aus dem Laboratorium! Sie haben den Diamanten nicht an Ort und Stelle in seinem ursprünglichen Terrain, sozusagen in seiner Wiege studirt. Ich kann mir ihre Arbeiten, ihre Erfahrungen zu Nutze machen und sie mit den meinigen verknüpfen Ich habe den Diamanten mit eigener Hand ausgegraben, habe die Lagerstätte, wo er sich vorfindet, mit größter Sorgfalt untersucht und studirt. Wenn es bei nur einigem Glück irgend Jemand gelingen kann, die letzten Schwierigkeiten zu überwinden, so bin ich’s… so muß ich es sein!«
Das wiederholte sich Cyprien des Oefteren und das trat ihm während des größten Theiles der Nacht immer und immer wieder vor das geistige Auge.
Sein Entschluß war bald gefaßt. Am nächsten Morgen schon benachrichtigte er Thomas Steele, daß er, wenigstens vorläufig, die Arbeit in seinem Claim nicht fortzusetzen denke. Er kam mit ihm sogar dahin überein, daß es ihm freistehen solle, seinen Antheil wieder zu verheuern. Dann verschloß er sich in sein Laboratorium, um über die neuen Projecte nachzudenken.
Achtes Capitel.
Das große Experiment.
Bei Gelegenheit der schönen Untersuchungen über die Löslichkeit fester Körper in Gasen – Untersuchungen, mit denen er sich das ganze vorausgegangene Jahr beschäftigt hatte – war Cyprien natürlich aufgefallen, daß gewisse Substanzen, wie Kieselsäure und Thonerde zum Beispiel, welche an sich in Wasser nicht löslich sind, das doch in Wasserdampf unter starkem Druck und hoher Temperatur werden können.
Diese Erfahrung führte ihn auf den Gedanken, zuerst zu prüfen, ob er nicht ein gasartiges Lösungsmittel des Kohlenstoffes entdecken könne, um diesen dann zur Krystallisation zu bringen.
Aber alle seine Versuche in dieser Hinsicht blieben erfolglos, und nach mehreren Wochen
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