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Der Südstern oder Das Land der Diamanten

Der Südstern oder Das Land der Diamanten

Titel: Der Südstern oder Das Land der Diamanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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auf den Füßen zu sein, einen doppelten Marsch zu machen und Matakit einzuholen.
    Cyprien und der Chinese waren bald fest eingeschlafen, was ihrerseits vielleicht etwas unklug erschien.
    Nicht so der Neapolitaner. Zwei oder drei Stunden wälzte er sich, wie von einer fixen Idee besessen, unter seiner Decke umher. Wiederum führten ihn seine schurkischen Gelüste in Versuchung.
    Endlich erhob er sich, wie zu einem Entschlusse gelangt, schlich nach den Pferden hin und sattelte sein eigenes; dann band er Templar und das des Chinesen los, packte sie an der Halfter und führte sie mit weg. Das den Erdboden bedeckende seine Gras erstickte vollständig den Laut der Tritte der drei Thiere, die, wahrscheinlich verwundert über die ungewohnte Unterbrechung ihrer Nachtruhe. Alles ruhig mit sich machen ließen. Annibal Pantalacci stieg mit ihnen nach der Sohle des Thals hinunter, an deren oberem Hange Rast gemacht worden war band sie hier an einen Baum und kehrte nach dem Lagerplatze zurück. Von den hier Schlafenden hatte keiner auch nur ein Glied bewegt
    Der Neapolitaner raffte nun schweigend seine Decke, ein gezogenes Gewehr, die nöthige Munition nebst etwas Mundvorrath zusammen und ließ kalt und herzlos seine beiden Gefährten inmitten der Wüstenei zurück.
    Schon seit Sonnenuntergang hatte ihm der Gedanke vorgeschwebt, mit Entfernung der Pferde Cyprien und Lî außer Stand zu setzen, Matakit einzuholen. Damit aber sicherte er sich selbst den Sieg. Weder der Schurkenstreich, den er damit eigentlich schon beging, noch die Gemeinheit, seine Gefährten so der wichtigsten Hilfsmittel für ihr Fortkommen zu berauben, vermochten den Elenden zurückzuhalten. Er schwang sich in den Sattel, nahm von dem Versteck, wo er sie zurückgelassen, die ungeduldig schnaubenden Pferde mit fort, und trabte beim Scheine des Mondes, dessen Rand eben über den Kamm der Hügelkette emporstieg, schweigend in’s Land.
    Cyprien und Lî schliefen noch immer. Gegen drei Uhr Morgens erwachte der Chinese und betrachtete die Sterne, welche am östlichen Horizonte schon erbleichten.
    »Es ist wohl Zeit, den Kaffee zu bereiten,« sagte er für sich.
    Ohne weiteres Zögern warf er die ihn umhüllende Decke ab, sprang in die Höhe und begann seine Morgentoilette, die er in der Wüste ebensowenig wie in der Stadt vernachlässigte.
    »Wo steckt denn Pantalacci?« fragte er sich plötzlich.
    Schon stieg die Morgenröthe höher empor und die nächste Umgebung des Lagerplatzes wurde deutlich erkennbar.
    »Auch die Pferde sind nicht mehr zur Stelle! fuhr er in seinem Selbstgespräche fort. Sollte dieser wackere Kumpan etwa…«
    Mit dem aufkeimenden Verdachte, was hier vorgefallen sein möge, eilte er nach den Pfählen, an welche die Pferde am Abend vorher gebunden worden waren, überblickte sorgsam den ganzen Lagerplatz und gewahrte, daß auch das Gepäck des Neapolitaners verschwunden war.
    Die Sache lag nun klar.
    Ein Mann von weißer Race hätte gewiß dem sehr natürlichen Bedürfniß, Cyprien zu wecken und ihm sofort das neue schwere Unglück mitzutheilen, nicht widerstehen können Der Chinese gehörte aber zur gelben Menschenrace und meinte, daß es mit der Ankündigung eines Unfalls niemals so große Eile habe. Er beschäftigte sich also ruhig mit der Bereitung des Morgenlabsals
    »Es ist noch recht liebenswürdig von dem Spitzbuben, daß er uns wenigstens den nöthigen Mundvorrath zurückließ!« sagte er für sich.
    Nachdem der Kaffee sorgsam durch ein zu diesem Zwecke angefertigtes Leinensäckchen gegossen war, füllte Lî damit zwei Tassen – wenn man die Gefäße so nennen darf, denn sie bestanden aus je einer Hälfte von Straußeneierschalen, die er gewöhnlich an einem Knopfloch hängend trug – und näherte sich dann Cyprien, der noch immer schlafend dalag.
    »Ihr Kaffee ist fertig, Väterchen,« sagte er höflich, während er dem jungen Ingenieur leise auf die Schulter klopfte.
    Cyprien schlug die Augen auf, dehnte und streckte die Glieder, lächelte den Chinesen an und verzehrte halb aufgerichtet das dampfende Getränk.
    Erst dann bemerkte er die Abwesenheit des Neapolitaners, dessen Platz ja leer war.
    »Wo ist denn Pantalacci? fragte er.
    – Auf und davon gegangen, Väterchen! antwortete Lî in so gleichgiltigem Tone, als ob es sich um die gewöhnlichste Sache von der Welt gehandelt hätte.
    – Wie?… Von uns fortgegangen?
    – Ja, Väterchen, und mit den drei Pferden obendrein!«
    Cyprien befreite sich schnell aus der ihn noch halb

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