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Der Südstern oder Das Land der Diamanten

Der Südstern oder Das Land der Diamanten

Titel: Der Südstern oder Das Land der Diamanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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mußten.
    Ihre Lage wurde dadurch eine ausnehmend schwierige und sie traten noch einmal zur Berathschlagung zusammen. Unter den gegebenen Umständen gab es nur einen Entschluß, den Wagen zurückzulassen, sich mit soviel Mundvorrath und Munition zu beladen, als es möglich war, und die Reise nur zu Pferde fortzusetzen. Trafen sich die Verhältnisse glücklich, so konnten sie vielleicht mit einem Kaffernhäuptling über den Ankauf neuer Zugochsen einig werden, wenn sie ihm ein Gewehr und einige Patronen abtraten. Lî sollte nun das Pferd James Hilton’s, das jetzt ja keinen Herrn mehr hatte, besteigen.
    Alle gingen also daran, eine Menge harziger Aeste abzuschlagen, um damit den Wagen wie unter einem Strauche zu verbergen. Darauf belud sich Jeder mit dem, was er in den Taschen und in einem Quersacke unterbringen konnte, so daß sie wenigstens einige Vorräthe an Leibwäsche, Conservebüchsen und Schießbedarf hatten. Der Chinese mußte freilich zu seinem größten Leidwesen darauf verzichten, seinen rothen Kasten, weil derselbe zu schwer war, mitzunehmen; er ließ sich aber nicht überreden, auch den Strick aufzugeben, sondern band sich denselben als Gürtel unter seine Kutte.
    Nach Vollendung dieser Vorbereitungen und nachdem sie einen letzten Blick durch das Thal geworfen, das für sie so verhängnißvoll geworden war, schlugen die drei Reiter den Weg nach den Bergen wieder ein. Dieser Weg bestand übrigens, wie alle anderen im Lande, nur aus einem von wilden Thieren getretenen Fußpfade, welcher gewöhnlich in kürzester Linie nach den Stellen führt, wo diese ihren Durst zu löschen pflegen.
    Schon war die Mittagsstunde vorüber und unter brennender Sonnengluth trabten Cyprien, Annibal Pantalacci und Lî ziemlich schnell bis zum Anbruch des Abends weiter; nachdem sie dann in einer tiefen Schlucht unter dem Schutze eines großen Felsblocks Halt gemacht und sich um ein tüchtiges Feuer aus trockenem Holz gelagert, sagten sie sich, daß Alles in Allem der Verlust des Wagens doch kein so unersetzliches Unglück sei.
    Zwei Tage hindurch reisten sie in dieser Weise weiter, ohne einen Zweifel daran zu hegen, daß sie sich auf der richtigen Fährte des Flüchtlings befänden. Am Abende des zweiten Tages, als sie sich, schon langsamer reitend, einer Gruppe von Bäumen näherten, unter denen sie die Nacht zu verbringen gedachten, stieß Lî plötzlich einen ganz eigenthümlichen Gaumenlaut aus.
    »Hugh!« rief er und zeigte mit dem Finger nach einem kleinen schwarzen Punkte, der sich beim letzten Scheine der Abenddämmerung am Horizonte fortbewegte.
    Cypriens und Annibal Pantalacci’s Blicke folgten selbstverständlich der von dem Chinesen angedeuteten Richtung.
    »Ein Reisender! rief der Neapolitaner.
    – Das ist Matakit selbst! erklärte Cyprien, welcher sofort ein Fernrohr vor die Augen gesetzt hatte. Ganz deutlich erkenne ich seinen Wagen mit einem vorgespannten Strauße!… Er ist es sicherlich!«
    Nachdem er das Fernrohr Pantalacci gereicht, konnte auch dieser sich von der Richtigkeit der Thatsache überzeugen.
    »Wie weit mag er sich, Ihrer Schätzung nach, jetzt von uns entfernt befinden? fragte Cyprien.
    – Mindestens sieben bis acht Meilen; es können aber auch zehn sein, antwortete der Neapolitaner.
    – Sonach müssen wir darauf verzichten, ihn noch heute, bevor wir Halt machen, einzuholen?
    – Unzweifelhaft, versicherte Annibal Pantalacci. Binnen einer halben Stunde ist tiefdunkle Nacht, und wir können gar nicht daran denken, in jener Richtung einen Schritt weiter vorwärts zu dringen.
    – Nun gut, so haben wir, einen recht frühzeitigen Aufbruch vorausgesetzt, doch morgen die sichere Aussicht, ihn zu erreichen.
    – Das ist ganz meine Ansicht!«
    Die Reiter waren damit nach der Baumgruppe gelangt und stiegen nun aus dem Sattel. Hergebrachter Gewohnheit folgend, gingen sie zuerst daran, die Pferde mit Stroh abzureiben und zu striegeln, ehe diese an eingeschlagene kurze Pfähle gebunden wurden, um in deren Umgebung zu weiden. Inzwischen hatte der Chinese schon ein Feuer angezündet.
    Unter diesen Vorbereitungen war es Nacht geworden. Heute verlief das Abendessen vielleicht bei etwas heitrer Stimmung, als an den letztvergangenen drei Tagen. Kaum war es indeß verzehrt, da wickelten die drei Reisenden sich schon in ihre Decken und streckten sich neben dem, für die ganze Nacht mit genügendem Brennmaterial beschickten Feuer, den Kopf auf die Sättel gestützt, zum Schlummer nieder. Es galt ja, morgen zeitig

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