Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Südstern oder Das Land der Diamanten

Der Südstern oder Das Land der Diamanten

Titel: Der Südstern oder Das Land der Diamanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
sonderbares. Es bleibt sehr zu bezweifeln, ob Cyprien sich in einem solchen Aufzuge gern vor den Augen der Miß Watkins auf der Hauptstraße des Lagers von Vandergaart gezeigt hätte. Doch Noth bricht ja Eisen. Hier befanden sie sich ja in der Wüste, und Giraffen bildeten gewiß kaum merkwürdigere Reitthiere als etwa Dromedare. Ihre Gangart hatte übrigens eine gewisse Aehnlichkeit mit der jener »Schiffe der Wüste«. Sie war entsetzlich hart und gleichzeitig von einem solchen Schwanken begleitet, daß die beiden Reisegefährten zuerst fast eine ganz gleiche Uebelkeit wie von der Seekrankheit verspürten.
    Nach zwei bis drei Stunden hatte sich jedoch Cyprien so gut wie der Chinese an die Schaukelbewegung gewöhnt. Da die Giraffen nun einen schnellen Schritt einhielten und sich nach einiger, schnell unterdrückter Widerspenstigkeit auch sehr gelehrig erwiesen, so gestaltete sich Alles ganz nach Wunsch.
    Es kam jetzt vor Allem darauf an, durch vermehrte Geschwindigkeit die während der letzten drei oder vier Tage verlorene Zeit wieder einzuholen Matakit mußte jetzt schon ein gutes Stück Weges vorausgekommen sein. Oder sollte Annibal Pantalacci ihn gar schon erreicht haben? Mochte dem sein, wie es wollte, jedenfalls blieb Cyprien entschlossen, nichts zu unterlassen, um an sein Ziel zu gelangen.
    Drei Reisetage hatten die Reiter oder vielmehr die »Giraffenhocker« in ein ebenes Land gebracht. Sie hielten sich jetzt längs des rechten Ufers eines ziemlich windungsreichen Wasserlaufes, der genau in der Richtung nach Norden strömte – ohne Zweifel einer der Nebenzuflüsse des Zambesi.
    Die jetzt vollständig gezähmten und nebenbei durch anstrengende Tagemärsche nicht weniger wie durch Lî’s streng eingehaltene magere Fütterung derselben etwas abgematteten Giraffen ließen sich nun mit vollkommener Leichtigkeit regieren. Cyprien konnte sogar die langen Zügel seines Thieres gänzlich loslassen und dasselbe durch einfachen Schenkeldruck nach Belieben leiten.
    Befreit von der früheren Beschwerlichkeit und Unsicherheit, gewährte es ihm jetzt ein förmliches Vergnügen, aus den eben durchmessenen wilden und verlassenen Gegenden herauszukommen und von allen Seiten Spuren einer schon etwas vorgeschrittenen Civilisation zu bemerken. Hier fanden sich von Strecke zu Strecke Manioc-oder Tarofelder von sehr regelmäßiger Anlage und bewässert durch ein System aneinandergefügter Bambusrohre, welche das Wasser vom Flusse her zuführten, breite und gut erhaltene Wege – kurz, das allgemeine Bild fröhlichen Gedeihens; auf den den Horizont umgebenden Hügeln erhoben sich weiße, bienenstockähnliche Hütten, welche eine, übrigens ziemlich dünne Einwohnerschaft bargen.
    Dennoch wies hier Verschiedenes darauf hin, daß man sich auf der Grenze der Wüste befand, und wäre es nur die erstaunliche Menge Raubthiere Wiederkäuer und Andere gewesen, welche die Ebene bevölkerten. Da und dort verdunkelten ungeheure Schwärme von Geflügel jeder Art und Größe die Luft. Man sah ganze Gesellschaften von Gazellen oder Antilopen, welche über den Weg hineilten; dann wieder erhob ein riesenhaftes Flußpferd den plumpen Kopf aus dem Wasser, schnaufte geräuschvoll und verschwand darauf mit dem Toben eines Wasserfalles in den wirbelnden Wellen.
    Ganz eingenommen von diesem Schauspiele, versah sich Cyprien sehr wenig dessen, was der Zufall ihm hinter der Ecke des kleinen Hügels aufgespart hatte, den er eben mit seinem Begleiter überschritt.
    Es bestand in nichts Geringerem als in der Person Annibal Pantalacci’s, der, noch immer zu Pferde, Matakit mit verhängtem Zügel verfolgte! Nur eine Meile lag etwa noch zwischen Beiden, während sie wenigstens vier Meilen von Cyprien und dem Chinesen trennten.
    Bei der hellen Sonne, welche ihre Strahlen fast senkrecht herabsandte, und in dieser von einer Fülle von Licht übergossenen Ebene, nebst der durch einen frischen, noch immer anhaltenden Ostwind gereinigten Atmosphäre konnte ein Zweifel an dem Gesehenen gar nicht aufkommen.
    Beide waren von dieser Wahrnehmung so entzückt, daß es ihre erste Bewegung war, dieselbe durch eine wirkliche arabische Fantasia zu feiern! Cyprien stieß sein Hurrah hervor und Lî sein Hugh, welches dieselbe Bedeutung hatte, dann setzten sie ihre Giraffen in scharfen Trab.
    Offenbar hatte Matakit den Neapolitaner bemerkt, der gegen ihn an Distanz zu gewinnen schien; seinen alten Herrn und seinen Kopje-Kameraden konnte er jedoch, wegen der zu weiten Entfernung

Weitere Kostenlose Bücher