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Der Suender und die Lady

Der Suender und die Lady

Titel: Der Suender und die Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kasey Michaels
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warm, trotzdem konnte sie nicht aufhören zu zittern. Sobald sie glaubte, es würde ihr endlich besser gehen, überkam sie der Schüttelfrost erneut und jagte ihr ein Schaudern durch den gesamten Leib.
    Das Gefängnis ihrer Cousine. Der Schmutz, der Geruch der Angst. Miranda, Miranda. Was denkst du gerade? Hast du alle Hoffnung verloren? Weißt du, dass wir nach dir suchen?
    Die Gedanken an das, was sie – in einem früheren Leben, wie es ihr vorkam – im Hafen gesehen hatte, und an die Geschehnisse im Lagerhaus bekam sie nicht aus dem Kopf. Beinahe wären sie erwischt worden. Puck war zurückgeblieben, so lange, dass ihre stumme Hysterie ein Ausmaß erreicht hatte, das sie in die Knie gezwungen und vor Verlustschmerz hätte in Schluchzen ausbrechen lassen, wäre er nicht endlich, zwar schmutzig und erschöpft, aber dennoch triumphierend aus dem Tunnel aufgetaucht.
    Während sie nur noch Grauen empfand.
    Ihr Leben lang hatte sie sich als Opfer betrachtet, als Opfer, das keine Kontrolle über die eigene Zukunft hatte. Doch sie hatte ein Dach über dem Kopf, Kleidung, genug zu essen … und Sicherheit. Sie wusste nicht, wie es war, wenn man hungern und frieren musste. Sie hatte sich unterdrückt gefühlt, ja, aber niemals verlassen, mutterseelenallein. Verzweifelt.
    Sie hatte niemals etwas gewagt. Wäre sie sich selbst überlassen geblieben, hätte es keinen Maskenball, keine Entführung, keine Begegnung mit Puck, kein Begehren, keine Leidenschaft … kein Leben gegeben. Sie hätte existiert. Aber niemals wirklich gelebt.
    Wenn diese Sache ausgestanden war – und irgendwann würde sie entweder siegreich oder mit einer Niederlage zu Ende sein –, was dann? Sie konnte nicht wieder einfach nur existieren, sie konnte es nicht. Sie konnte ihrem Vater nie wieder ins Gesicht sehen, nicht ohne ihm den Tod zu wünschen. Miranda zu retten würde nicht reichen. Reginald Hackett musste das Handwerk gelegt werden, er musste verhaftet werden und mit seinem Leben für seine Verbrechen bezahlen.
    Und was wurde dann aus seinen Hinterbliebenen? Aus seiner Frau, seiner Tochter und der gesamten selbstsüchtigen Familie, die er gekauft hatte und die er unterhielt? Der Skandal würde London erschüttern und ihrer aller Welt zerstören.
    Würde die Krone sein Vermögen konfiszieren – seine Schiffe, seine Lagerhäuser, seinen schönen Landsitz, sein herrschaftliches Haus in London? Das lag durchaus im Bereich des Möglichen.
    Regina wusste, sie konnte nicht darauf zählen, dass die Familie ihrer Mutter sie aufnahm, ihnen Wohnung, Essen und Fürsorge gab. Schließlich konnten sie behaupten, von Reginalds Verbrechen nichts gewusst zu haben, und ihre Titel würden sie vor den schlimmsten Folgen des Skandals bewahren. Allerdings nicht, wenn sie die Frau und die Tochter aufnahmen, in ihr Haus holten. Dann nicht.
    Puck wird uns aufnehmen. Puck wird für unsere Sicherheit sorgen.
    Wieder ging ein Schaudern durch Reginas Körper.
    Wie selbstsüchtig du bist! Nach allem, was du heute gesehen hast, denkst du nur an dich!
    „Regina?“
    Regina seufzte, schloss für einen kurzen Moment die Augen und blickte dann zur Tür. „Ja, Mama?“
    „Ich verstehe nicht, warum wir hier sind“, sagte ihre Mutter und trat in das ziemlich spartanisch ausgestattete Schlafzimmer. „Deine Tante Claire hat gesagt, es wäre unumgänglich, dass wir Grosvenor Square verlassen, doch als ich sie fragte, warum wir ein so hübsches Versteck aufgeben sollten, hat sie nur wieder angefangen zu weinen, und ich wollte sie nicht bedrängen. Doch jetzt wende ich mich an dich. Ist dein Vater uns auf der Spur?“
    „Uns auf der Spur, Mama?“ Regina hätte um ein Haar gelächelt. Ihre Mutter hatte sich auf das, was sie ihr kleines Abenteuer nannte, erstaunlich bereitwillig und begeistert eingelassen, auch wenn die volle Tragweite dessen, was ihrer Nichte zugestoßen sein mochte, eindeutig noch nicht vollends zu ihr durchgedrungen war. Für Lady Leticia war das Versprechen, eine Woche ohne ihren Ehemann verbringen zu können, Grund genug, die Augen vor einer unpassenden Liaison zwischen ihrer Tochter und einem der Blackthorn-Bastarde zu verschließen. Vielleicht war Reginas Mutter auch egoistisch.
    Erst jetzt bemerkte Regina das Weinglas in der Hand ihrer Mutter.
    „Bitte sieh mich nicht so an“, sagte Lady Leticia und barg das Glas wie einen kostbaren Schatz an ihrer Brust. „Ich war verstört, nachdem man mich so grob geweckt hatte. Es ist ja nur ein Glas. Oder zwei

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