Der Suender und die Lady
heißt, wenn ich meine, dass du recht hast.“
„Betrachte mich jetzt bitte als restlos beruhigt. Weißt du, dass du eine ganz passable Schauspielerin bist?“
Sie schüttelte den Kopf.
„Bist du aber. Du hattest mich beinahe davon überzeugt, dass deine Mutter gestern Abend mit dir in der Kutsche gesessen hat. Ich weiß nicht, was du mit den Zitronenschnittchen sagen wolltest, aber egal, es wirkte sehr glaubwürdig. Und deine schnellen Reaktionen auf der Straße waren tadellos.“
„Du willst nur nett zu mir sein. Mein Vater hat mich eine Lügnerin genannt. Und nicht einmal eine gute. Warum sprechen wir über so etwas?“
Also schilderte er ihr seinen Plan, den er sich ausgedacht hatte, als er auf ihre Rückkehr aus dem Park wartete. Puck war durchaus mit einer gewissen Hinterhältigkeit gesegnet.
Der Plan war absurd. Aber nicht unausführbar.
Er würde nach Hause gehen und sich wiederholt einreden, dass es die einzige Möglichkeit wäre. Dass er Regina vor sich selbst schützte und vor ihrer Entschlossenheit, ihre Cousine auf eigene Faust zu suchen. Dass er wusste, zwischen ihnen durfte nichts sein außer der gemeinsamen Entschlossenheit, Miranda zu retten.
Das konnte er sich einreden.
Doch er würde nicht daran glauben. Denn die Hoffnung stirbt zuletzt – und was war ein Leben ohne Hoffnung schon wert?
„Bitte, Papa, das ist die einzige Antwort für uns alle. Onkel Seth? Das verstehst du doch, oder?“
Reginald Hackett saß hinter seinem Schreibtisch und funkelte seine Tochter böse an. Es war ein großer Schreibtisch, extra für ihn gefertigt und angeblich sogar größer als der des Premierministers. Solche Dinge waren ganz besonders wichtig für Reginald Hackett.
Er hatte sein privates Arbeitszimmer sorgfältig geplant, an die Wände Porträts nicht vorhandener Verwandter gehängt und die Bücherschränke mit nie gelesenen Folianten vollgestellt und nach Farben sortiert: die mit rotem, blauem, grünem, braunem oder schwarzem Ledereinband füllten jeweils ein eigenes Fach.
In Reginalds Augen waren diese Bücherreihen hübsch, ordentlich, teuer und deshalb eindrucksvoll. Doch diese Praxis bezeichnete man in der vornehmen Gesellschaft als „Bücherkauf nach Metern“. Man erkannte einen Emporkömmling sofort an der Nasenspitze und lachte über den Bücherkäufer.
Doch niemand war so töricht, Reginald Derartiges ins Gesicht zu sagen, schon gar nicht diejenigen, die so freudig sein Geld einsteckten. Wie zum Beispiel Viscount Ranscome, der in diesem Moment auf einem der maßgefertigten Ledersofas seines Wohltäters saß und nervös an seinem Genever nippte.
Es war zwei Uhr am Samstagnachmittag, und Miranda wurde seit kurz vor Mitternacht vermisst.
„Dein Onkel hat drei Runner auf die Göre angesetzt, Regina“, hob Reginald hervor und klopfte mit einem Brieföffner aus Messing auf die Schreibtischplatte. „Wer weiß, vielleicht ist sie längst wieder zu Hause. Ich sage immer noch, sie hat dich übertölpelt und dir eingeredet, sie wäre von – wie hast du sie noch gleich genannt? Ach ja, Straßenräuber, sie wäre von Straßenräubern entführt worden.“
„Vielleicht waren es auch Banditen“, räumte Regina ruhig ein.
Sie wusste nicht, warum ihr Vater ihrem Onkel vorenthielt, dass Miranda während des Balls verschwunden war. Allerdings war sie ziemlich sicher, dass es ihm nicht zuletzt darum ging, vor allen zu verbergen, dass seine eigene Tochter Lady Fortesques Maskenball besucht hatte. Wenn das bekannt würde, wäre dies der Todesstoß für all seine Hoffnungen auf eine vorteilhafte Verheiratung.
Er wandte sich dem Viscount zu und durchbohrte ihn mit seinem schwarzen Blick. „Ich sage, das Ganze war ein Trick und Regina nur ein Werkzeug. Du hast es selbst angedeutet, Seth, als du sagtest, der Kutscher habe die Droschke nicht zum Cavendish Square zurückgebracht, sondern habe dies einem Diener überlassen, während er in der Nacht verschwunden ist. Dafür gibt es einen Grund. Er war schlicht und einfach eingeweiht. Deine geliebte Tochter ist mit irgendeinem Narren durchgebrannt und hält sich wahrscheinlich den Bauch vor Lachen, während du dumm guckst. Du bist schwach, Seth, schwach und dumm. Meine Regina würde mir niemals solch einen Streich spielen. Sie weiß, wer das Sagen hat. Deine Familie setzt sich rücksichtslos über dich hinweg.“
Nun, das war damit also geklärt. Regina wusste jetzt mit Sicherheit, warum ihr Vater nicht darüber sprach, wo genau Miranda sich zum
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