Der Suender und die Lady
sind? Und, wichtiger noch, wie gedenkst du, diese eine zurückzuholen?“
Um ein Haar hätte Puck seinem Bruder den Gefallen getan, den Mund aufzumachen und Dinge zu erzählen, die er jetzt noch nicht preisgeben wollte, wenn überhaupt jemals. Doch dann fiel ihm etwas ein. So manches.
Sein Bruder lebte frei und unabhängig. Sogar sehr unabhängig. Doch gelegentlich stellte er seine Talente der Krone zur Verfügung, wie zum Beispiel im vorigen Jahr, als Beau und Puck ihm in der Gesellschaft des Barons, Dickies und des unglücklichen, höchstwahrscheinlich inzwischen verschiedenen Noah in Gateshead begegnet waren.
Die Krone, wenngleich verständlicherweise gleichgültig gegenüber dem Verschwinden einiger Frauen aus der Unterschicht, konnte unmöglich ungerührt mit der Erkenntnis leben, dass ihre anständigen Bürger ungestraft außer Landes verschleppt und wie Handelsware in fremden Ländern verkauft wurden. Vor allem nicht die Frauen des Königreiches.
Jack hielt sich in London auf. Das hieß nicht, dass er schon lange dort war oder die Stadt häufig besuchte. Wieder bewies der Hinweis auf Gateshead, fast so weit entfernt wie die schottische Grenze, das Gegenteil.
Und Jack war nach den Worten der Nachricht, die Wadsworth in Dickie Carstairs Hutband gefunden hatte, wegen irgendeines neuen Auftrags in London.
Statt also seine eigenen Pläne, insbesondere die skurrileren Einzelheiten, zu offenbaren, ging Puck ein Risiko ein und sagte: „Wenn es dir nichts ausmacht, Jack, würde ich gern zuerst deine Pläne zur Rettung der jungen Frauen und zur Einstellung solch hässlicher Praktiken hören. Wenn sie mir zusagen, gestatte ich es dir und deinen stümperhaften Freunden vielleicht, dass ihr euch mir anschließt.“
Gaston nahm seine gewohnte straffe Haltung wieder ein und lächelte so breit, dass trotz der Dunkelheit in der Kutsche seine weißen Zähne blitzten. „Kleiner? Bah, M’sieur Black Jack, wohl kaum!“
Regina hatte die Einzelheiten Puck überlassen, der ihr daraufhin ankündigte, dass sie sie erfahren würde, wenn er sie ausgearbeitet hatte, denn nachdem er eine Stunde lang in einer Gasse umsonst auf sie gewartet hatte, blieb nicht genug Zeit für mehr als den Entwurf der Grundzüge eines Plans.
Er hatte sie gebeten, ihm zu vertrauen, und da sie keine andere Wahl hatte und Puck so zuversichtlich auftrat, vertraute sie ihm.
Er hatte ihr außerdem nahegelegt, sich keine Sorgen zu machen, was in den Wind geredet war, denn sie hatte sich die ganze Nacht hindurch Sorgen gemacht und sorgte sich auch weiterhin.
„Mama, bitte mache dir deswegen keine Sorgen“, sagte sie jetzt und sah zu, wie ihre Mutter sich umschaute und die wenigen Gepäckstücke durchzählte, die in der Eingangshalle aufgereiht standen und in der Kutsche mitgenommen werden sollten. „Hanks hat für alles gesorgt, für uns beide.“
Lady Leticia setzte ihre Bestandsaufnahme fort. Sie bewegte sich langsam, wahrscheinlich im Glauben, dass alle sie dann für nüchtern halten würden, doch die Dienstboten kannten ihre Herrin zu gut.
Arme Mama! Sie war einst so hübsch gewesen. Jetzt sah sie ständig müde aus und niedergeschlagen. Ihre blauen Augen blickten traurig und leer, die Mundwinkel waren nach unten gezogen. Und sie wurde in zwei Jahren erst vierzig. Ihre Jugend war ihr früh abhanden gekommen, zusammen mit jeglichem Temperament, das sie je besessen haben mochte.
„Ja, Liebes, aber ich kann meinen Reisekoffer nicht entdecken. Ohne ihn kann ich nicht aufbrechen. Er … er ist ein Geschenk von meiner geliebten verstorbenen Mutter.“
Der Koffer war in Wirklichkeit vor etwa zwölf Jahren an der Bond Street gekauft worden und im Inneren so ausgestattet, dass er ein halbes Dutzend Weinflaschen und einen Satz Gläser fasste. Regina wies sich innerlich zurecht, weil sie, wenn auch nur einen Moment lang, geglaubt hatte, ihre Mutter würde sein Fehlen nicht bemerken.
„Hanks?“, sagte sie und sah die Zofe an, die knickste, auf dem Absatz umkehrte und zur Dienstbotentreppe lief, um den Koffer zu holen. Sie waren vorher übereingekommen, den Koffer mitzunehmen, falls ihre Mutter eine Szene zu machen drohte. Denn falls sie eine Szene machte, könnte ihr Vater sie hören, und das Letzte, was Regina sich wünschte, war, dass ihr Vater in die Eingangshalle kam, nach dem Problem fragte und sich womöglich anders besann und die Reise untersagte.
„Und ich sehe nicht ein, warum Fellows uns nicht begleiten kann. Wir sollen uns deine Zofe
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