Der Suender und die Lady
Hand, um zu verhindern, dass sie ihn unterbrach. „Glaubst du, ich weiß nicht, was du meinst? Wir lassen dich auf der Straße, warten, bis dich diese Bas… Nichtsnutze geschnappt haben, folgen dir bis zu deinem provisorischen Gefängnis, und du, Gott steh uns bei, willst warten, bis alle betrunken sind oder schlafen, damit du uns die Tore öffnen kannst.“
„Hm, ja.“ So, wie Puck es darstellte, klang es wirklich ein bisschen an den Haaren herbeigezogen. Bestimmt müssten noch diverse Einzelheiten genauer ausgearbeitet werden.
Eine dieser Einzelheiten führte Puck auf der Stelle ins Feld.
„Erstens bist du nicht blond.“
Immerhin hatte sie rasch eine Antwort bei der Hand. „Mr Queen ist auch nicht blond. Er ist nicht einmal eine Frau. Und er hat sie zum Narren gehalten. Du wirst doch sicher eine blonde Perücke für mich auftreiben können, die besser ist als seine.“
Jack zog sich zur Anrichte zurück und schenkte sich noch ein Glas Wein ein. Vermutlich wollte er diskret sein. Oder er fand zu viel Vergnügen an Pucks Unbehagen.
„Du bist zu groß.“
„Ja, das ist wohl so. Doch nach Jacks Worten scheint die Zeit zu drängen. In unglaublich rascher Folge entführen sie Dirnen, irgendwelche Frauen. Sie rüsten zur Abreise, Puck, und wenn ihr Schiff erst einmal die Segel setzt, ist Miranda für immer verloren. Etwas in der Art hat Jack bereits vor deiner Ankunft gesagt. Du hast erstaunliche Fortschritte gemacht, aber es reicht nicht.“
Der Blick, den Puck seinem Bruder zuwarf, hätte Eisberge schmelzen können. Dass Jack lediglich mit einem Lächeln die Achseln zuckte, nutzte ihm auch nicht.
Regina fuhr hastig fort. „Wir wissen, wo sie sind …“
„Ha! Du hast gesagt, du wärst schon einmal in den Hafenanlagen gewesen. Das ist kaum besser als das, was wir vorher wussten – nämlich dass sie sich in London aufhalten.“
Regina ließ sich nicht so leicht entmutigen. „Aber überlege doch mal, Puck. Wir könnten uns der erfundenen Geschichte bedienen, mit der wir am Freitagabend meine Tante und meinen Onkel abgespeist haben. Der Kutscher kann sich verfahren, hat einen Unfall oder so. Ich stecke in der Klemme. Eine relativ vornehme Dame, allein in der Nacht, praktisch völlig schutzlos.“
„Leichte Beute“, sagte Jack, setzte sich wieder und schlug ein Bein über das andere. „Die Idee hat etwas für sich.“
Puck sah aus, als wollte er seinem Bruder an die Kehle gehen.
Jack schüttelte den Kopf. „Um Himmels willen, Mann, komm auf den Boden! Doch nicht Regina! Gütiger Gott, nein! Aber jemand anderes. Du sagst, Mr Queen steht nicht zur Verfügung?“
„Er ist ein wenig indisponiert“, sagte Puck mit einem raschen Seitenblick in Reginas Richtung. „Mag sein, dass er sich ein paar Rippen gebrochen hat. Wahrscheinlich bei seinem Sturz. Und außerdem hat er zwei mächtige Veilchen.“
Regina verdrehte die Augen. „Der Mann war noch völlig in Ordnung, als ich ihn gesehen habe. Du hast ihn geschlagen, nicht wahr? Ha, gut gemacht. Ich selbst hätte ihn auch gern ein-, zweimal geschlagen. Miranda einfach sich selbst zu überlassen! Und er war bewaffnet. Er hätte ihr helfen können.“
„Ich kenne eine Frau …“, sagte Jack und erhob sich. „Wir … kennen uns schon länger. Für den richtigen Preis ist es ihr vielleicht das Risiko wert.“
Regina schüttelte energisch den Kopf. „Nein, wir können von niemandem verlangen, sich in solche Gefahr zu bringen. Ich bin schuld daran, dass Miranda dermaßen in der Klemme steckt. Ich habe meiner Neugier nachgegeben und Miranda am Freitagabend begleitet. Sie ist eine dumme Gans, Gott segne sie, aber ich sollte eigentlich mehr Verstand haben.“ Sie blickte Puck beschwörend an. „Bitte. Vielleicht kommt nichts dabei heraus, aber das wissen wir nicht, wenn wir es nicht versuchen. Und ihr würdet immer ganz in meiner Nähe sein. Ihr könntet uns einfach folgen, wenn ich … du weißt schon. Geschnappt worden bin.“
Jack legte Puck schwer die Hand auf die Schulter. „Ich komme morgen noch einmal hierher, um zehn. Dann reden wir weiter. In der Zwischenzeit besuche ich die Londoner Hafenanlagen. Vielleicht haben wir Glück, und das Pferd kann im Stall bleiben – oder in der Werkstatt des Zimmermanns. Regina?“ Er verbeugte sich elegant. „Es war mir in aller Bescheidenheit ein einzigartiges Vergnügen. Guten Abend.“
„Gute Nacht, Jack“, sagte sie, blickte ihm nach, als er das Zimmer verließ, und wünschte sich ihn zurück,
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