Der Suender und die Lady
Händlern auf nach dem Motto ‚Besorgen Sie mir eine blonde weiße Frau‘? So, als würden sie ein neues Hemd in Auftrag geben?“
Er lächelte traurig und tupfte mit seinem Taschentuch ihre feuchten Wangen trocken.„Ja, ungefähr so, glaube ich. Da sie selbst keine Menschen sind, haben sie generell keinerlei Mitleid mit den Menschen. Deine Cousine, so fürchte ich, stellt für ihre Entführer eine wertvolle Handelsware dar, und … und ein kostbares Spielzeug für den Käufer. Es tut mir leid, mein Liebes. Es lässt sich nicht zartfühlend in Worte fassen. Und jetzt komm, für dich ist Schlafenszeit und für mich ebenfalls. Morgen steht uns wieder ein ereignisreicher Tag bevor.“
Sie nickte, wich seinem Blick aber aus. „Ich hasse es, allein zu sein“, sagte sie und konnte ihre Gefühle nicht verbergen. „Die Minuten dehnen sich, wie heute Abend, als ich auf das Ende deiner Unterredung mit Mr Queen warten musste. Und meine Gedanken überschlagen sich. Sie gehen in Richtungen, über die ich nicht nachdenken will, führen mir Bilder vor Augen, die ich nicht sehen will, doch ich kann nichts dagegen tun. Kannst du dir vorstellen, wie Tante Claire sich fühlt, wenn schon ich so außer mir bin?“
Puck nahm ihre Hand in seine und führte Regina zur Treppe. „Und wie geht es den Damen, seit wir sie beim Abendessen gesehen haben? Ich weiß, es ist derzeit unmöglich, es ihnen so schön zu machen, dass sie sich wohlfühlen.“
„Tante Claire hat sich mit ihrem Gebetbuch eingeschlossen; sie ist hin- und hergerissen zwischen Hoffen und Bangen. Doch Mama fühlt sich recht wohl“, sagte Regina und fand irgendwo in ihrem Inneren die Kraft zu einem Lächeln. „Heute Abend hat sie mir sogar anvertraut, ihr Aufenthalt hier wäre wie Witwenstand ohne Trauerkleidung oder Kummer. Es war mir nicht bewusst, aber ich kann mich nicht erinnern, dass Papa meiner Mama jemals von der Seite gewichen wäre. Er hat keinen von uns je auf dem Lande zurückgelassen, wenn er hier in London zu tun hatte. Und es erweist sich als genau richtig, dass wir nur Hanks mitgenommen haben. Laut Mama ist ihre Zofe Fellows eine von Papas Verbündeten, die sie ausspionieren. Ich weiß nicht, ob es stimmt oder nicht, aber ich bin in Sorge. Mama war anscheinend immer in der Lage, sich mit … Hochprozentigem zu versorgen. Was meinst du, kann es sein, dass ihre Trinkerei meinem Vater recht ist? Dass er für einen stets verfügbaren Vorrat gesorgt hat?“
Puck nickte knapp den beiden Dienstboten zu, die in der Eingangshalle saßen, und entließ sie in den Feierabend, bevor er die Treppe hinaufzusteigen begann. „Was meinst du selbst, Regina? Ich kenne deinen Vater nicht.“
„Ich glaube, ich kenne ihn auch nicht.“ Regina presste kurz die Hand auf den Mund und fasste einen Entschluss. „Bin ich als Tochter unnormal, weil ich ihn so sehr ablehne? Suche ich so verzweifelt nach Antworten, dass ich sogar flüchtig erwogen habe, dass er … Nein, das ist lächerlich. Ausgeschlossen!“
Puck drückte ihre Hand. „Das Einzige auf der Welt, was im Moment ausgeschlossen ist, Regina“, sagte er, als sie im Flur im Obergeschoss stehen blieben, „ist die Vorstellung, dich heute Nacht allein zu lassen.“
Sie öffnete den Mund, versuchte zu sprechen, wollte etwas sagen, irgendetwas. Doch kein Wort kam über ihre Lippen.
„Entschuldige“, sagte er und schüttelte den Kopf. „Du stehst unter beträchtlicher Anspannung, und ich wäre ein Schuft ersten Grades, wenn ich das ausnutzen würde. Deine Nerven liegen blank, aus gutem Grund, und deine Gedanken rasen kreuz und quer. Alles, jeder Augenblick lässt dich verzweifeln, und alles geht entweder viel zu schnell oder schleppt sich viel zu langsam dahin. Du weißt es vielleicht nicht, aber du bist wie ein Soldat am Vorabend der Schlacht, gefangen zwischen Angst und Erwartung, alle Sinne geschärft. Wenn ich dir vernünftig erscheine, Regina, dann deswegen, weil ich deine Sorgen verstehe. Doch in solchen Situationen neigen die Menschen zu Dummheiten. Sie glauben an Dinge, die ihnen zu anderen Zeiten niemals in den Sinn kommen würden. Ich bin nicht der richtige Mann für dich. Ich bin nur der Mann, der gerade zur Stelle ist.“
„Und auch ich bin nur die Frau, die gerade zur Stelle ist?“, fragte sie leise.
Er schüttelte den Kopf und sah ihr dabei immer noch tief in die Augen. „Nein. Ich will nicht lügen, indem ich das behaupte. Wenngleich ich es besser tun sollte.“
Ihr stockte der Atem. Er war
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