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Der Suender und die Lady

Der Suender und die Lady

Titel: Der Suender und die Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kasey Michaels
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verzog.
    Die Kleider waren durchnässt, die Füße nackt.
    Sie waren alle ungefähr gleich groß. Alle drei waren blond.
    Regina wusste, dass sie näher herangehen, sich sogar über die Leichen beugen musste, wenn sie wissen wollte, ob eine der Toten Miranda war. Doch ihre Beine versagten ihr den Dienst.
    Plötzlich wurde sie von einem kräftigen Mann beiseitegestoßen, der zielstrebig zu der Plane schritt, die riesigen Hände zu Fäusten geballt. Ihm folgten drei weitere Männer und vier Frauen … Regina erkannte in ihnen einige von denen, die sich in der Nähe aufhielten, als sie vor dem Lagerhaus ihres Vaters saß und auf Puck wartete.
    Geschäftsmäßig beugte der Mann sich über die traurige Szene, rief dann eine der Frauen zu sich und forderte sie auf, es ihm gleichzutun.
    Die Frau beugte sich hinab, sah hin und schrie auf.
    „Lass sie nicht gehen, Puck“, befahl Jack und gesellte sich zu dem Mann und seinem Gefolge. Die drei stämmigen Kerle begannen, das Segeltuch über die aneinandergeketteten Leichen zu schlagen und wollten die grausame Last abtransportieren.
    „Was geht da vor sich, Puck?“
    „Es sieht so aus, als hätte mein neuer Freund, Mr Porter, die Leichen identifiziert und sie als seinen Besitz beansprucht. Miranda ist nicht dabei, Liebling. Sie ist nicht dabei.“
    Reginas Knie wurden weich, und sie taumelte gegen Puck, der sie fortzog, als die Männer mit ihrer schrecklichen Bürde an ihnen vorbeigingen. Mr Porter bildete die Nachhut; die vier Frauen klammerten sich aneinander und weinten untröstlich.
    Dann folgten die Hutmacher, die als Zeichen ihres Respekts die Bowler gezogen hatten und vor den Bauch hielten.
    „Sie werden den Leichenwagen in Anspruch nehmen“, teilte Jack mit, als er zurückkam. „Und vermutlich deinen Kammerdiener, bis er sie an ihren Bestimmungsort gebracht hat. Zeigst du Entgegenkommen? Wenn ja, wartet meine geschlossene Kutsche an der nächsten Straße, und ihr solltet euch mit Anstand und einiger Eile dorthin begeben. Wenn ich mich nicht irre – und ich irre mich selten – steigt in diesem Augenblick ein gewisser Mr Reginald Hackett dort drüben aus seiner edlen Droschke. Nachdem ihr offenbar einiges Interesse an dem Mann habt, habe ich mich ebenfalls für ihn interessiert. Wir sehen uns später am Grosvenor Square.“
    Regina sah sich nicht um, sie wagte es nicht. Doch die Art, wie Puck sie versuchte, aus dem Geschehen zu zerren und sich mit ihr ins Gedränge mischte, überzeugte sie, dass Jack recht hatte.
    Wie aus dem Erdboden gewachsen tauchte plötzlich ein Matrose mit zwei unauffälligen grauen Mänteln auf. Einen warf er Puck zu, den anderen legte er Regina sanft um die Schultern. Er zog ihr die Kapuze über den Kopf und fragte, ob sie vielleicht ihren Schleier ablegen würde.
    „Kutsche gleich am Ende der Gasse, an der nächsten Straße. Schön, Sie wiederzusehen, Mr Blackthorn, das Ding da in Ihrem Gesicht allerdings nicht. Ihnen einen guten Tag, Miss.“
    „Danke, Dickie“, sagte Puck, „ich freue mich auch, Sie wiederzusehen. Und wenn ich so sagen darf: Querstreifen kleiden Sie ganz ausgezeichnet.“
    „Nein, zum Teufel! Aber Auffallen ist meine Aufgabe, damit Henry und Jack da drüben eben nicht auffallen, falls Sie verstehen, was ich meine.“
    „Ja, verdammt“, bestätigte Puck eindeutig bewundernd, dann führte er Regina zu einer kleinen Gasse und überließ Mr Carstairs seiner Auffälligkeit. „Wir haben es fast geschafft, mein Liebes. Oder möchtest du, dass ich dich trage?“
    „Nein, nein, es geht schon. Mir fehlt nichts“, versicherte sie ihm. Den ganzen Weg die schmale Gasse zwischen zwei riesigen, hohen Backsteinlagerhäusern entlang stand sie zu ihrem Wort. Puck drehte sich immer wieder nach ihr um, bis sie sicher in der geschlossenen Kutsche saßen und zurück zum Grosvenor Square fuhren.
    Erst dann begann sie zu weinen … Und glaubte, nie wieder aufhören zu können.
    Puck hatte im Lauf seiner durchaus nicht unbeträchtlichen Lebenszeit so manches empfunden. Doch nie zuvor hatte er sich so ohnmächtig gefühlt, nicht einmal damals in jenem namenlosen Hafen, als er auf die Leiche der verzweifelten Frau blickte, die ihr Problem auf die einzige ihr mögliche Art gelöst hatte.
    Es war kein Gefühl, das er mochte oder noch einmal erleben wollte.
    Er betastete den langen schwarzen Schlüssel, drehte in müßig in der Hand und fragte sich, ob er wirklich jenen Schlüssel in Händen hielt, der Antworten auf all ihre Fragen

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