Der Suender und die Lady
bringen konnte, und er fragte sich, wie diese Antworten Regina treffen würden.
„Mr Blackthorn?“
Puck drehte sich um und sah, dass Lady Claire leise in sein Arbeitszimmer gehuscht war und ihn nun verzagt anblickte.
„Mylady“, begrüßte er sie und verneigte sich.
„Ich … ich habe gerade mit meiner Nichte gesprochen, Mr Blackthorn. Sie behauptet, Sie machten Fortschritte. Ist das wahr?“
„Wir haben Hoffnung, ja“, sagte Puck und bedeutete ihrer Ladyschaft mit einer kleinen Armbewegung, Platz zu nehmen, sofern sie es wünschte.
Es hatte den Anschein, dass Lady Claire lieber stehen wollte.
„Diese armen, unglücklichen Frauen. Regina wollte mir nicht von ihnen berichten, doch ich habe ihr angesehen, dass sie tief bekümmert war, und ich habe auf ihren Bericht bestanden. Ich kann mir die Angst dieser Frauen nur vorstellen, als sie an die Reling getrieben wurden … und als dann das dunkle Wasser über ihnen zusammenschlug. Ich werde wochenlang unter Albträumen leiden, wenn nicht bis an mein Lebensende. Dass jemand so grausam sein kann …“
„Wir haben es mit Männern ohne Gewissen zu tun, Mylady. Doch wie ich schon sagte, Ihre Tochter ist wertvoller für die Mistkerle als alle anderen, die sie als … als Teil ihrer Ladung an Bord schaffen wollen. Sie erfährt eine besondere Behandlung. Trotzdem müssen Sie darauf vorbereitet sein, sie bei Ihrem Wiedersehen ziemlich labil anzutreffen.“
„Wann, Mr Blackthorn?“, fragte Lady Claire matt. „Ich möchte so sehr hoffen, doch ich fürchte, die Hoffnung schwindet. Immer öfter ertappe ich mich bei dem Wunsch, dem Schwager meines Mannes zu glauben, nämlich dass Miranda sich mit irgendeinem nicht standesgemäßen jungen Mann, dem ihrer Meinung nach ihr Herz gehört, bereits auf halbem Weg nach Gretna Green befindet. Und … und ich weiß, dass hier in London schreckliche – monströse – Dinge vorgehen, und ich lobe Sie für Ihre Bemühungen, wirklich. Doch ich meine, meine Nichte Regina sollte nicht mehr in die Sache hineingezogen werden. Sie schwankt zwischen Entschlossenheit und Angst, und hinzu kommt noch ein reichlich schlechtes Gewissen, fürchte ich. Wenn ich ihr eine gute Tante sein will, kann ich ihre weitere Beteiligung nicht dulden. Nicht … nicht einmal um meiner Tochter willen.“
Puck schloss die Hand um den Schlüssel, bis er ihm ins Fleisch der Innenfläche schnitt. „Ich habe keine Worte, um Ihnen zu sagen, wie sehr ich die heutigen Vorfälle bedaure, Mylady. Doch Ihre Nichte ist eine eigensinnige junge Dame. Und mutiger, als Sie ahnen.“
Lady Claire blickte lange zu Puck auf, bevor sie nickte und sich abwandte. „Regina ist überzeugt, dass ihr Vater irgendwie in die Sache verwickelt ist. Ist da etwas dran?“
Puck antwortete nicht sofort. Lady Claire war verzweifelt. Ihre einzige Tochter war verschwunden. Ihre Nichte hatte ihr offensichtlich von den ertrunkenen Frauen, von der möglichen Beteiligung Reginald Hacketts berichtet. Zu was mochte eine Frau fähig sein, wenn sie glaubte, der Weg zu ihrer Tochter führe über den Mann? Welches Wagnis würde sie um dieser Tochter willen eingehen?
„Vielleicht ist es an der Zeit, dass Sie und Lady Leticia tatsächlich Mentmore besuchen, Mylady?“, wagte er sich schließlich vor. „Ich glaube nicht, dass irgendjemand auch Regina dazu überreden könnte, doch der Trost der Familie ist Ihrer derzeitigen Situation hier in meinem unverkennbaren Junggesellenhaushalt jederzeit vorzuziehen. Vielleicht würde Regina zustimmen, wenn Sie den Vorschlag machten?“
Sie sah ihm wieder ins Gesicht mit dem Ausdruck einer gehetzten Person am Rande einer bodenlos tiefen Grube. „Sie glauben, ich würde mich direkt an ihn wenden, nicht wahr? Mich ihm entgegenstellen. So mutig bin ich nicht, Mr Blackthorn. Wenn ich es nur wäre! Wenn mein Gatte es doch über sich brächte, ihn damit zu konfrontieren. Ich möchte nur Ihre Meinung hören. Bitte.“
„Also dann: ja, Mylady. Ich glaube tatsächlich, dass er die Finger in der Sache hat. Doch ich muss anmerken, dass es in einer Welt voller Verdächtiger einfach nur Wunschdenken sein könnte, wenn wir uns auf der rechten Fährte glauben. Sind wir es nicht …“
„… sind wir es nicht, finden wir Miranda vielleicht nie“, beendete Lady Claire seinen Satz und erhob sich. „Mein Herz blutet um meine Tochter. Meine große Sorge gilt auch meiner Nichte. Und ich bin wohl egoistisch genug, sie in Gefahr zu bringen, wenn sie Ihnen nützlich
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