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Der Suender und die Lady

Der Suender und die Lady

Titel: Der Suender und die Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kasey Michaels
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geschah.
    „Für das hier lebst du, nicht wahr?“, fragte Puck leise, als sie am Fuß der Treppe stehen blieben und hinauf in das fast tintenschwarze Dunkel spähten, denn der Mond war nicht mehr voll, und durch die hoch angebrachten Fenster fiel nur sehr wenig Licht. Puck konnte mindestens vier Treppenabsätze ausmachen, und die Stufen hinter ihnen waren nicht mehr zu sehen, als die drei hinauf in die Dunkelheit stiegen.
    „Ich muss gestehen, dass meine Tätigkeit mir ein gewisses Maß an Freude beschert. Haltet euch am Geländer fest. Ich will meinen Abend nicht damit beenden, dass ich einen von euch verletzt hinaustragen muss.“
    Jack ging voran, Regina folgte, und Puck bildete die Nachhut für den Fall, dass Regina stolperte.
    „Vergiss nicht, du wartest auf dem obersten Absatz“, erinnerte Puck sie während des langsamen, vorsichtigen Aufstiegs. „Bis wir wissen, was sich in dem Ding befindet.“
    „Ich vergesse es nicht“, sagte Regina, und Puck wünschte, der Vollmond möge scheinen, denn dann würde er mit Sicherheit besser sehen können, was sich da vor ihm bewegte. Er gab sich damit zufrieden, rasch Reginas Hinterteil zu tätscheln, wodurch sie um ein Haar ins Stolpern geraten wäre.
    „Es tut mir leid“, flüsterte er.
    „Nein, tut es nicht“, lautete ihre spontane Antwort, und er lachte leise über ihre vorwitzige Art. Eine wie sie war ihm noch nie begegnet und würde ihm ganz gewiss auch nie mehr über den Weg laufen.
    „Abgeschlossen“, sagte Jack, als sie auf dem obersten engen Absatz angelangt waren. „Genau diese Tür wollen wir ganz bestimmt nicht aufbrechen. Ich beuge mich deiner Fachkenntnis, Bruder.“
    „Und du tust recht daran.“ Puck ließ sich auf ein Knie nieder, zog dabei ein kleines, flaches Lederetui aus seiner Tasche und wählte eines der Werkzeuge aus, in deren Einsatz Gaston ihn sorgfältig unterwiesen hatte.
    Im nächsten Moment war die Tür offen, und Puck trat ins stockdunkle Innere des schwebenden Raumes.
    Er brauchte nichts zu sehen, um zu wissen, dass die Kammer leer, aber erst vor Kurzem noch bewohnt gewesen war. Er glaubte, die Angst zu riechen, die hier geherrscht hatte. Die Angst, den Schweiß, das verdorbene Essen, den Gestank menschlicher Hinterlassenschaften.
    „Oh Gott!“, sagte Regina neben ihm, und er ahnte, dass sie die Hände auf Mund und Nase gepresst hatte. „Was ist hier passiert?“
    „Still, Liebes“, wies Puck sie an und zog eine kurze dicke Kerze aus seiner Tasche, dazu eine kleine, pfiffig konstruierte Zunderbüchse. Binnen Kurzem brannte die Kerze, und Puck entdeckte eine verrostete Schiffslaterne auf einem Tisch. Auch die zündete er an, und in den durch die Beleuchtung entstandenen Schatten bot sich ihnen ein grausiger Anblick.
    Da standen ein kleiner Schreibtisch und zwei Stühle, wie zur Bestätigung von Lamotts Geschichte, dass die Besitzer von diesem Platz aus manchmal die Männer unten im Lagerhaus bei der Arbeit beobachteten. Die einzige Schublade in besagtem Schreibtisch erwies sich bei flüchtiger Überprüfung als leer.
    Insgesamt gab es vier Fenster, doch dicke Lederblenden waren nicht nur über die Holzrahmen herabgezogen, sondern mit Riegeln daran befestigt, und schwere Schlösser sicherten diese Riegel. Das war keine provisorische Einrichtung, sondern eine, auf die im Bedarfsfall immer zurückgegriffen werden konnte. Bei den Schlaflagern standen zwei große Eimer, die als Nachttöpfe gedient hatten und eindeutig seit einer Weile nicht geleert worden waren.
    Der Raum, kaum größer als fünf Quadratmeter, war ansonsten unmöbliert, abgesehen von drei Reihen dünner Strohsäcke, die direkt auf dem groben Holzboden lagen. Neben jedem Strohsack befand sich ein kräftiger Pfahl. Jeder einzelne war festgenagelt und wies oben ein säuberlich hineingebohrtes rundes Loch auf.
    „Durch die Löcher in diesen Pfählen wurden die Ketten geführt“, sagte Jack und ging in die Hocke, um sie näher in Augenschein zu nehmen. „Seht ihr die Spuren von Abnutzung an dem Holz? Das stammt vom Gleiten der Kette. Vermutlich waren an der Kette Handfesseln angebracht, eine für jeden Strohsack. Kannst du dir das vorstellen, Puck? Ich bin sicher, dass es so funktioniert. Stark eingeschränkte Bewegungsfreiheit, begrenzt auf ein paar Schritte vom Strohsack. Angekettet, in der Luft schwebend, von jeglicher Hilfe abgeschnitten, ein Wachtposten, der sie im Auge behält, ständig anwesend ist. Die Hölle auf Erden, Puck! Die Hölle auf

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