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Der sueße Kuss der Luege

Der sueße Kuss der Luege

Titel: Der sueße Kuss der Luege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Gurian
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schon nicht umbringen. Aber ich darf nicht vergessen, Andrea anzurufen, sonst steht sie nachher allein mit ihrem Streuselkuchen da. Mir graut nur davor, mit der S-Bahn bis nach Offenbach zu gurken, wo Ellen wohnt, weil sie in keine WG ziehen wollte und nur dort eine bezahlbare Wohnung gefunden hat.
    Ich verspreche ihr, dass wir in eineinhalb Stunden bei ihr sein werden, und lege auf. Nie hätte ich gedacht, dass Max sich so mies benehmen würde, und ich frage mich, ob es sein kann, dass auch ich in naher oder ferner Zukunft Ellen anrufen muss, um ihr zu erzählen, wie Diego mein Herz gebrochen hat.
    Ich stehe auf und gehe zu den Schaukeln, um Ida zu holen.
    Aber auf den Schaukeln sitzt jetzt nur noch ein einzelner Junge mit Baseballcap, der von Kopf bis Fuß in rote Eintracht-Frankfurt-Klamotten gekleidet ist und der so wild schaukelt, dass er dem Motto seiner Mannschaft »Die Adler fliegen wieder« alle Ehre macht.
    Wo ist Ida? Ich schaue mich um und schiebe den Wagen näher zu den Schaukeln. Der Spielplatz ist deutlich leerer geworden, viele sind zum Mittagessen oder Mittagsschlaf nach Hause gegangen.
    Wo sind Marie und Sophie? Wie haben sie ausgesehen? Ich versuche, mich genauer zu erinnern. Sie waren beide blond, beide sehr dünn, Marie im Jeansmini mit Pferdeschwanz, Sophie trug offene lange Haare und Shorts. Ich schaue suchend herum, kann sie aber nirgends entdecken, was mich beunruhigt. Doch dann sage ich mir, dass ich ein bisschen überreagiere. Die Stimmung auf dem Spielplatz ist sommerträge und ganz friedlich und Ida würde sich von zwei Mädchen nie gegen ihren Willen irgendwohin verschleppen lassen, selbst wenn sie noch so groß sind.
    Bestimmt hat sie die beiden nur zum Sandkasten beordert, um Schlammkuchen mit ihnen zu backen, und mich haben sie darüber einfach vergessen. Ich gehe schneller und schaue mich überall um. So lange hab ich doch gar nicht mit Ellen telefoniert. Und ich hätte doch mitbekommen, wenn irgendwas mit Ida wäre!
    Da entdecke ich die beiden Mädchen drüben bei den Schlangenrutschen. Ich winke ihnen zu, renne, jetzt doch ziemlich sauer, aber auch erleichtert, zu ihnen hinüber und frage sie noch ziemlich aus der Puste nach Ida.
    Die beiden schauen sich betreten an. Ida wollte unbedingt Verstecken spielen, erklärt Marie, und es sei gut, dass ich gekommen wäre, denn sie würden Ida schon seit ein paar Minuten suchen und hätten sie immer noch nicht gefunden.
    Mein Herz fängt plötzlich an zu rasen. Ida liebt Versteckspielen, aber ihre Verstecke sind so einfach, dass jeder Idiot sie sofort finden muss.
    »Wir teilen uns auf, ihr sucht in den Holzspielhäuschen, ich durchsuche das Gebüsch dort drüben. Wenn ihr sie gefunden habt, ruft ihr mich sofort!«
    Die beiden Mädchen sehen erleichtert aus und machen sich auf die Suche. Ich durchstreife das Gebüsch aus Dornenhecken und Forsythiensträuchern, was ziemlich ekelhaft ist, weil es eigentlich nur als Klo für die Kinder benutzt wird. Entsprechend stinkt es hier und man muss aufpassen, wo man hintritt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Ida sich hier verstecken würde.
    Hier ist sie definitiv nicht. Ich laufe zurück zu den Mädchen, die mir schon entgegenrennen.
    »Das haben wir in dem kleinen Holzhäuschen dort drüben gefunden«, sagt Marie, streckt mir die geschlossene Hand entgegen und öffnet sie dann. Auf ihrem Handteller liegt eine von Idas rosa Haarschleifen.

Er am Montag, dem 20. August 2001
    Er betrachtete die glitzernden Wassertropfen, die kreuz und quer über Jos braun schimmernden Körper liefen. Dann sah er schnell wieder weg, auf den dunkelgrünen Baggersee, der zwischen den Weiden am Ufer hervorblitzte, und stellte zu seiner Verwunderung fest, wie gern er mit Jo zusammen war. Ein ungewohntes Gefühl, das ihn entfernt an die alte Frau Braun erinnerte, aber anders war. Er schob mit den Zehenspitzen Sand zu Haufen zusammen und starrte auf seine Füße, um Jo nicht länger anzuglotzen, denn er war sich nicht sicher, ob er dieses Gefühl mochte oder verabscheute.
    Zum Glück war es ihm gelungen, Jo davon zu überzeugen, dass es hier viel cooler war als in dem Schwimmbad, wo Jo so gern hinging, weil er es liebte, vom Dreimeterbrett zu springen.
    Er selbst hasste das Schwimmbad, weil ihn die türkisfarbenen Fliesen stark an den Pool erinnerten, in dem seine Schwester gestorben war. Gott hatte kein Interesse an weiteren Wundern gehabt.
    Nach Stefanies Tod war alles anders geworden, da hatte er schon richtig gelegen.

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