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Der sueße Kuss der Luege

Der sueße Kuss der Luege

Titel: Der sueße Kuss der Luege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Gurian
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lachen. Er stand mühsam auf. »Wer zuletzt an der Insel ist, muss dem anderen eine Cola spendieren!« Dann hinkte er runter zum Strand.
    Unfassbar. Er selbst hätte das niemandem verziehen. Nie. Er wollte etwas tun, um seine Attacke wiedergutzumachen, und er beschloss, Jo wirklich die Jagdhütte zu zeigen. Auf dem Nachhauseweg.
    Er ließ seinem Blutsbruder einen großen Vorsprung, denn so sportlich Jo auch war, er hatte ihn gerade verletzt, er war vier Jahre älter und im Schwimmen war er unschlagbar. Nicht nur im Schwimmen, am Ende bekam er immer, was er wollte, nur war der Preis, den er dafür bezahlte, manchmal nicht nur hoch, sondern mörderisch hoch.

Lu am Donnerstag, dem 7. Juni 2012, Fronleichnam, 12:00 Uhr
    »Wo genau habt ihr die gefunden?«, frage ich und starre auf die Haarspange, ohne sie wirklich zu sehen. Ida ist ein ordentliches Kind, Ida verliert nichts. Die rosa Spange dreht sich vor meinen Augen und mein Herz hämmert panisch in meinen Ohren. Marie und Sophie zeigen zu dem ebenerdigen Holzhäuschen und ich renne so schnell wie noch nie in meinem Leben dorthin. »Ida!«, rufe ich, »Ida!« Und bete insgeheim, dass sie dort ist. Ich würde alles dafür geben, ihr leises Kichern zu hören.
    Die Mädchen laufen hinter mir her.
    Ich krieche in die kleine Spielhütte, braune splittrige Bohlen, in der Ecke ein paar vertrocknete Blätter, der abgebrochene Stiel einer roten Plastikschaufel, sonst nichts, überhaupt gar nichts. Keine Spur von Ida. Auch keine andere Haarspange.
    Hektisch krieche ich wieder raus. »Wie konntet ihr nur so etwas Dummes tun!«, brülle ich die beiden Mädchen an und schäme mich, kaum dass ich zu Ende gesprochen habe. Nicht sie haben einen Fehler gemacht, sondern ich.
    »Tut mir leid, natürlich ist es nicht eure Schuld, aber ich mache mir große Sorgen. Ida läuft nicht einfach weg. Wir verteilen uns und rufen nach Ida, jeder geht in eine andere Richtung, okay?«
    Zerknirscht nicken die beiden und laufen los.
    »Ida, Ida«, hallt es jetzt vielstimmig über den Spielplatz. Mit jedem Mal, wenn ich wieder vergeblich ihren Name rufe, steigt schwarzes Grauen in meinem Bauch höher und höher, bis in die Kehle, wo es meine Rufe zu ertrinken droht.
    Fünf Minuten später haben wir den Spielplatz komplett abgesucht, atemlos kommen die Mädchen wieder zu mir und schütteln ihre blonden Haare.
    »Sie ist weg«, stammelt Marie und Tränen rollen ihr über das Gesicht. »Wir hätten das nicht tun dürfen. Was ist, wenn einer sie mitgenommen hat, so ein Kinderklauer?«
    »Sei still«, schimpft Sophie und legt den Arm fest um ihre Schwester. »Man darf nicht immer gleich das Schlimmste denken. Vielleicht hat Ida nur eine Freundin getroffen?«
    »Aber sie ist so süß! Wenn ihr nun doch etwas passiert ist?«, schluchzt Marie.
    Die anderen Leute auf dem Spielplatz haben die Suchaktion mitbekommen und starren neugierig zu uns und mir wird jede Sekunde klarer, dass es jetzt nur noch eines gibt, das ich tun kann.
    »Danke für eure Hilfe, aber ich rufe die Polizei an.« Ich hole mein Handy raus und tippe mit zitternden Fingern Diegos Nummer ein, Undercover ist mir jetzt scheißegal, Ida ist verschwunden und er muss mir helfen! Sofort.
    Er geht nicht dran, verdammter Mist. Ich spreche nicht nur auf seine Mailbox, ich brülle geradezu. Er ist erwachsen, Ida ist ein Kind. Fast noch ein Baby. Ich flehe ihn an, mich sofort zurückzurufen.
    Und was mache ich, wenn er das nicht tut? Ich rufe Basti an, der tatsächlich zu Hause rumhängt, und erkläre ihm, was passiert ist. Leider ist er total breit und lacht die ganze Zeit, als würde ich ihm einen Witz erzählen. Erst als meine Panik dann endlich durch die Kifferwatte in seinem Hirn dringt, versucht er, mich zu beruhigen. Soweit er gehört habe, sagt er, tauchten die Kiddies immer wieder auf. Ich soll mich auf keinen Fall verrückt machen. Ich wüsste es wahrscheinlich nicht mehr, aber mein Bruder Christian sei auch mal vom Spielplatz abgehauen, nur weil er auf der anderen Seite einen Bagger entdeckt hätte, unsere Mutter wäre ganz unnötig ausgeflippt. Aber vorsichtshalber könnte ich Diego anrufen und hören, was er vorschlägt, wozu hätte ich schließlich einen Bullenfreund.
    Ich lege ohne Kommentar auf, die beiden Mädchen schicke ich weg, aber sie bleiben wie angewurzelt stehen. Maries Weinen gräbt sich in meinen Kopf, als wäre es Ida, die da schluchzt. Ich rufe wieder bei Diego an und diesmal geht er sofort dran. Er spricht hastig und klingt

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