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Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Titel: Der Sumpf: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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wechselte, sich um die eigene Achse drehte und so hoch über den Korb sprang, dass er den Ball nur noch hineinzulegen brauchte. Es war, als hätte sein Körper diesem Mann eine letzte Gelegenheit gegeben, einen unauslöschlichen Eindruck zu hinterlassen. Cowart war die Parallele zum Beruf des Reporters nicht entgangen: Man musste einigermaßen jung sein, um nicht zu ermüden, eine besondere Ausdauer und Beharrlichkeit mitbringen, musste Schlafmangel, Hunger und Liebesverzicht in Kauf nehmen, wenn man einer guten Story auf der Spur war. Die Besten unter ihnen brachten es zu Höhenflügen, während andere sich zurücklehnten.
    Unwillkürlich spannte er die Wadenmuskeln an.
    Ich hab mal zu dieser Sorte gehört, dachte er, bevor ich es mir auf diesem Sessel bequem gemacht habe, um den Alpträumen zu entkommen, im Anzug im Büro zu erscheinen, umsichtig zu handeln und in Würde alt zu werden. Jetzt bin ich geschieden, meine Ex-Frau nimmt mir das Einzige, was ich jemals rückhaltlos geliebt habe, und ich verschließe die Augen vor der Realität, um Meinungen über Ereignisse abzugeben, die keinerlei Einfluss haben.
    Er hielt den Brief in der Hand.
    Unschuldig, dachte er, das wird sich zeigen.

    Die Bibliothek des Journal war eine seltsame Mischung aus Alt und Neu. Sie lag direkt hinter der Nachrichtenredaktion, genauer gesagt, hinter den Schreibtischen der Journalisten vom Feuilleton. In mehreren Aktenschränken waren jahrzehntealte Zeitungsausschnitte archiviert. In der Vergangenheit war jeder Artikel nach Person, Thematik, Ort und Geschehen untergliedert und ordentlich abgelegt worden, was heute längst die neueste Computertechnik übernommen hatte. So markierten die Archivare in jedem Beitrag die zentralen Personennamen und Stichworte und speisten sie in die entsprechenden elektronischen Ordner ein. Cowart zog die altmodische Suche vor und legte die Ausschnitte mit realer Druckerschwärze auf realem Papier wie Karten auf seinem Schreibtisch aus, um sich herauszupicken, was ihm nützlich erschien. Es war, als halte er auf diese Weise ein Stück Geschichte in Händen statt eines effizienten, seelenlosen Suchergebnisses.
    Jedes Mal, wenn er diesen Fundus benutzte, konnte er sich nicht verkneifen, die Archivare damit aufzuziehen.
    Als er eintrat, erspähte ihn eine junge Frau. Sie war groß und schlank, mit vollem, blondem Haar. Sie sah über den dünnen Metallrand ihrer Brille hinweg zu ihm auf.
    »Schlucken Sie’s runter, Matt.«
    »Was?«
    »Das, was Sie immer sagen. Wie schön es in den guten alten Tagen war.«
    »Ich sag’s nicht.«
    »Gut.«
    »Weil Sie es selbst gerade so treffend erwähnten.«
    »Das zählt nicht«, antwortete die Frau lachend. Sie stand auf und kam zu ihm herüber. »Also, womit kann ich dienen?«
    »Laura, die Archivarin. Hat Ihnen schon mal jemand gesagt, dass Sie sich die Augen ruinieren, wenn Sie den ganzen Tag auf diesen Computerbildschirm starren?«
    »Jeder.«
    »Wenn ich Ihnen einen Namen nenne …«
    »… besorge ich mit den Zaubertricks des Computers den Rest.«
    »Robert Earl Ferguson.«
    »Noch was?«
    »Todestrakt. Vor ungefähr drei Jahren im County Escambia verurteilt.«
    »Also, dann schauen wir mal …« Sie setzte sich kerzengerade vor einen Bildschirm und tippte den Namen ein. Die Suche dauerte eine Weile, dann machte der Apparat ein Geräusch, als hätte er Schluckauf, und auf dem Monitor formierten sich Worte.
    »Was meldet er?«, fragte er die Frau.
    »Mehrere Einträge. Muss ich mir genauer ansehen.« Sie tippte eine weitere Buchstabenfolge ein, und der Computer spuckte weitere Wörter aus. Sie las die Schlagzeilen und Überschriften vor. »Ehemaliger Student des Mädchenmordes schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt; Berufung in Mordfall abgewiesen; Anhörungen zu Todesurteilen am Obersten Gerichtshof von Florida. Das ist alles. Drei Meldungen. Alle aus der Regionalausgabe der Golfküste; nichts in der Hauptausgabe, außer dem letzten Beitrag, wahrscheinlich eine Art Zusammenfassung.«
    »Etwas kümmerlich für einen Mord und ein Todesurteil«, sagte Cowart. »Wissen Sie, in der guten alten Zeit haben wir über jeden Mordprozess berichtet …«
    »Das war einmal.«
    »Damals war ein Menschenleben noch mehr wert.«
    Die Archivarin zuckte mit den Achseln. »Ein gewaltsamer Tod war aufsehenerregender als heute, und im Übrigen sind Sie viel zu jung, um über die gute alte Zeit zu lamentieren. Wahrscheinlich meinen Sie die Siebziger …« Sie lächelte, und Cowart lachte

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