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Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Titel: Der Sumpf: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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wartete auf eine Antwort. Cowart erkannte, dass er an diesem Punkt keine Wahl mehr hatte, dass er das typische Dilemma des Reporters akzeptieren musste: Er hatte sich die Geschichte eines Mannes über Unrecht und Bösartigkeit angehört. Jetzt hatte er die Pflicht, die Wahrheit herauszufinden. Er konnte diese Geschichte ebenso wenig abschütteln, wie er fliegen konnte.
    »Also, Mr. Cowart«, sagte Ferguson, »das ist die Geschichte. Werden Sie mir helfen?«
    Cowart dachte an all die Worte, die endlosen Seiten, die er über Tod und Sterben geschrieben hatte, an die Qualen, die ihm das alles bereitet hatte und die gerade einmal so hauchdünn vernarbt waren, dass sie ihn immer noch in endlosen nächtlichen Alpträumen verfolgten. Mit keinem seiner Artikel hatte er bisher auch nur einem einzigen Menschen einen Funken Verzweiflung abgenommen. Geschweige denn jemandem das Leben gerettet.
    »Ich tu, was ich kann«, antwortete er.

3
    Pachoula
    E scambia County liegt im äußersten Nordwesten Floridas und grenzt an den Bundesstaat Alabama. Kulturell steht Escambia eher dem benachbarten Bundesstaat nahe. Früher war dies eine vorwiegend ländliche Gegend mit zahlreichen Farmen, die sich über ganze Hügelketten erstreckten, während in den Tälern dichte, struppige Fichten neben großen Weiden mit wogenden Kronen und wuchernden Schlingpflanzen wuchsen. In den letzten Jahren hatte es allerdings auch hier wie in anderen Teilen des Südens einen Bauboom gegeben, und die Natur war immer weiter vor den Ausläufern der Städte zurückgewichen, allen voran denen der Hafenstadt Pensacola. Dennoch hat sich Escambia dank der prägenden Sumpflandschaft eine Ähnlichkeit mit dem urtümlicheren Mobile bewahrt, das über den Interstate Highway nicht weit entfernt liegt, während es in den Küstengebieten an die Golfregion erinnert. Wie in vielen Gegenden im tiefen Süden herrscht hier eine widersprüchliche Atmosphäre, in der sich die Erinnerung an die frühere Armut mit einem neuen Stolz auf einen spröden Flecken Erde mischt, dem schon mehrere Generationen ihren Lebensunterhalt abgetrotzt haben. Kein Schlaraffenland, aber besser als anderswo.
    Die Flugroute führte dicht an riesigen grauen Gewitterwolken vorbei, die sich an der kleinen zweimotorigen Propellermaschine zu stören schienen und sie auf dem Weg zu dem kleinen Flugfeld so rücksichtslos herumstießen, dass Cowart bedenklich der Magen rumorte. So wie das Flugzeug abwechselnd in die dichten Wolken tauchte und ihnen wieder entkam, füllte sich die Kabine abwechselnd mit grellem Licht und plötzlicher Dunkelheit, bis über dem Golf von Mexiko rote Streifen wie blitzende Schwerter aufleuchteten und allmählich verblassten. Cowart lauschte auf das Brummen der Motoren, die gegen den Wind ankämpften. Während er im Kokon der Maschine durchgeschüttelt wurde, dachte er an den Mann im Todestrakt und daran, was ihn in Pachoula erwarten würde.
    Ferguson hatte bei ihm einen Sturm widerstreitender Gefühle ausgelöst. Nach der Begegnung mit dem Häftling hatte er sich eingeschärft, Objektivität zu bewahren, allen genau zuzuhören und jede Aussage unvoreingenommen abzuwägen. Doch er machte sich, als er auf die Rinnsale am Fenster neben ihm starrte, klar, dass er jetzt nicht auf dem Weg nach Pachoula wäre, wenn er damit rechnete, die Finger von der Geschichte zu lassen. Bei der Erinnerung an Fergusons Stimme spürte er immer noch die eiskalte Wut des Mannes, und ohne es zu merken, ballte er die Fäuste auf dem Schoß. Dann dachte er an das Mädchen. Elf Jahre alt. Kein Alter zum Sterben. Vergiss auch das nicht!
    Sie landeten inmitten eines heftigen Gewitters und schlingerten über die Rollbahn. Durch das Fenster sah Cowart am Rande des Flughafengeländes eine Reihe Bäume, die ihre dunklen Kronen dem Himmel entgegenreckten.
    Mit seinem Leihwagen fuhr er durch die zunehmende Dunkelheit zum Admiral Benbow Inn kurz hinter dem Highway, am Stadtrand von Pachoula. Nachdem er das kleine, ungemütlich saubere Zimmer inspiziert hatte, ging er zur Motel-Bar hinunter, hockte sich zwischen zwei Vertreter und bestellte bei der jungen Frau am Tresen ein Bier. Sie hatte mausbraune Haare, die ihr so tief in die Stirn und über die Wangen hingen, dass ihr angespanntes Gesicht wie eingeschrumpft wirkte. Wenn sie die Stirn runzelte, schien es, als zöge sich ihr ganzes Gesicht zusammen. Sie presste die Lippen zusammen, als sei sie es gewohnt, mit ihrem spröden, abweisenden Benehmen allzu viele Vertreter

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