Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Titel: Der Sumpf: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
Vom Netzwerk:
Es liegt direkt südlich von Alabama, gerade mal zwanzig, dreißig Meilen entfernt. Vor fünfzig Jahren hätten sie mich einfach am nächstbesten Baum aufgeknüpft. Sie hätten weiße Roben mit spitzen Kapuzen getragen und Kreuze verbrannt. Die Zeiten ändern sich«, fuhr er bitter fort, »aber nicht allzu sehr. Inzwischen kommt das Ganze unter dem Deckmantel der Zivilisation daher. Klar doch, ich hab ein Gerichtsverfahren bekommen. Klar doch, ich hab einen Anwalt. Geschworene aus meiner eigenen Bevölkerungsschicht. Klar doch, mir stehen sämtliche verfassungsmäßigen Rechte zu. Diese gottverdammte Lynchjustiz war richtig schön legal.« Fergusons Stimme überschlug sich fast. »Fahren Sie hin, Mr. weißer Reporter, stellen Sie den Leuten ein paar Fragen, und Sie werden sehen.«
    Er lehnte sich im Stuhl zurück und funkelte Cowart an.
    Die Hintergrundgeräusche des Gefängnisses schienen in weite Ferne gerückt, als trennten die beiden Menschen an dem kleinen Stahltisch Meilen von den Wänden, den Fluren und den Zellen. Das hier, musste Cowart plötzlich denken, ist eine Geschichte von engen, kleinen Räumen. Die endlose Flut von Hass und Verzweiflung und Frustration, die von dem Mann ihm gegenüber ausging, riss ihn mit.
    Ferguson behielt ihn unverwandt im Blick, als überlegte er sorgfältig seine nächsten Worte. »Mal ehrlich, Mr. Cowart, glauben Sie, in Pachoula laufen die Dinge so wie in Miami?«
    »Nein.«
    »Sie sagen es. Und wissen Sie, was das Komischste ist? Hätte ich dieses Verbrechen – das ich nicht begangen habe –, aber falls ich es doch begangen hätte, und zwar in Miami, wissen Sie, was da mit dieser erbärmlichen Beweislage gegen mich passiert wäre? Sie hätten mir einen Deal angeboten – ich bekenne mich des Mordes mit bedingtem Vorsatz schuldig und bekomm dafür fünf Jahre, sitze vielleicht vier davon ab. Und auch das nur für den Fall, dass es meinem Pflichtverteidiger nicht gelingt, die ganze Sache abzuschmettern. Was ihm mit ziemlicher Sicherheit gelungen wäre. Ich war nicht vorbestraft. Ich war College-Student. Ich hatte eine Perspektive. Die Anklage hatte keine Beweise. Was meinen Sie, Mr. Cowart? In Miami?«
    »In Miami wäre es wohl so gelaufen, wie Sie sagen. Ein Deal. Kein Zweifel.«
    »In Pachoula Todesurteil. Auch kein Zweifel.«
    »So ist das System.«
    »Ich verfluche dieses System. Dieses gottverdammte System. Und noch etwas: Ich bin es nicht gewesen. Ich habe dieses verdammte Verbrechen nicht begangen. Ich bin bestimmt kein Musterknabe. In Newark habe ich mich als Teenager ein paar Mal ganz schön reingeritten, auch ein paar Mal in Pachoula. Finden Sie’s raus. Deswegen bin ich verdammt noch mal nicht der Mörder dieses kleinen Mädchens.«
    Ferguson legte eine Pause ein. »Aber ich weiß, wer es war.«
    Eine Weile schwiegen sie beide.
    »Kommen wir zu diesem Punkt«, sagte Cowart. »Wer und wie?«
    Ferguson zuckte auf seinem Stuhl zurück. Cowart sah ein kurzes Lächeln, kein Grinsen, nicht der Auftakt zu einem Lachen, sondern eine hässliche Narbe im Gesicht des Mannes. Und er merkte, dass etwas aus dem Raum gewichen war, etwas von der Intensität der Wut. Ferguson veränderte sich in diesen wenigen Sekunden ebenso drastisch wie zuvor bei seiner Einlage mit den verschiedenen Akzenten.
    »Das kann ich Ihnen derzeit noch nicht sagen«, erwiderte der Häftling.
    »Blödsinn«, sagte Cowart und machte seiner Enttäuschung Luft. »Zieren Sie sich nicht.«
    Ferguson schüttelte den Kopf. »Ich werde es Ihnen sagen, aber erst, wenn Sie mir glauben.«
    »Was sollen die albernen Spielchen?«
    Ferguson beugte sich so weit über den Tisch, dass nur noch wenig Abstand zwischen ihren Gesichtern lag. Er fixierte Cowart mit einem furchterregenden, durchdringenden Blick. »Hier geht es nicht um Spielchen«, sagte er ruhig. »Es geht um mein Leben. Sie wollen es mir nehmen, und das ist der beste Trumpf, den ich habe. Verlangen Sie nicht von mir, ihn auszuspielen, bevor ich dazu bereit bin.«
    Cowart antwortete nicht.
    »Fahren Sie hin und überprüfen Sie, was Sie von mir gehört haben. Und wenn Sie dann davon überzeugt sind, dass ich unschuldig bin, wenn Sie selbst sehen, dass diese Mistkerle mich ohne schlüssige Beweise verurteilt haben, dann sag ich’s Ihnen.«
    Wenn ein verzweifelter Mensch einen auffordert, sich auf ein Spiel einzulassen, hatte Hawkins einmal gesagt, dann spiel am besten nach seinen Regeln.
    Cowart nickte.
    Beide schwiegen. Ferguson sah Cowart in die Augen und

Weitere Kostenlose Bücher