Der Täter / Psychothriller
verhandeln, ist ungefähr so wie das Warten auf das Morphium. Es tut weh. Ihnen wird schlecht. Aber schlussendlich erhalten Sie, was Sie wollen, und alles ist in Butter.«
Jefferson war aschfahl. Er nickte. »Ich habe ihn gesehen«, sagte er.
»Wen gesehen?«, hakte Martinez hastig nach.
»Klappe halten, habe ich gesagt!«, brüllte Alter.
Leroy Jefferson sackte aufs Kissen zurück. Ihm lief der Schweiß in einem Rinnsal die Wange herunter, doch er grinste Espy Martinez an.
»Sie brauchen mich noch«, erklärte er. »Sie finden keinen Killer, wenn ich Ihnen nicht zeige, wer es ist. Hab ihn gut erkannt. Hab beobachtet, wie er diese alte Frau umgebracht hat.«
Martinez biss die Zähne zusammen. »Sie wissen, dass ich genügend Anklagepunkte gegen Sie zusammen habe, um Sie für tausend Jahre in Raiford Prison einzubuchten. Was sag ich, zehntausend. Bis in alle Ewigkeit. Von mir aus können Sie da verfaulen.«
Jefferson schüttelte nur den Kopf und wiederholte: »Ihr braucht den alten Leroy noch. Fragen Sie diesen Detective, der wird Ihnen das Gleiche sagen.«
Martinez warf Alter einen Blick zu.
Der Pflichtverteidiger zuckte nur mit den Achseln. »Was soll ich sagen, Espy? Er hat recht.«
»Tatsächlich? Wieso fällt es mir dann so schwer, Mr.Jefferson zu glauben? Vielleicht, weil er ein abgewrackter Junkie ist, der lügt, sobald er nur den Mund …«
»Es wird Ihnen nichts anderes übrig bleiben, Espy, er war da.«
»Klar, er und einer von seinen Junkie-Kumpeln. Der einzige Deal, zu dem ich mich breitschlagen lassen könnte, wäre lebenslänglich. Er kann seinen jämmerlichen Arsch retten, indem er gegen diesen Abschaum aussagt, der Sophie Millstein ermordet hat.«
»War kein Kumpel dabei, hab ich schon mal gesagt«, beharrte Jefferson, und trotz der Schmerzen schlich sich ein selbstgefälliger Ton ein, als er hinzufügte: »War ’n Weißer, ’n alter Weißer.«
Thomas Alter lächelte wieder. »Ich denke, wir haben Miss Martinez schon mehr als genug geholfen.«
»Sie behaupten …«
»Er war da. Er hat den Mord mitangesehen. Was wollen Sie noch? Da haben Sie Ihr Angebot.«
»Sie meinen, dieser Abschaum ist Zeuge eines Mordes geworden und hat dann noch schnell, bevor die Nachbarn eintrafen, das Opfer beraubt? Läuft es darauf hinaus?«
Sie konnte nicht verbergen, wie perplex sie war.
»Sie haben’s erfasst«, erwiderte Alter achselzuckend. »Gibt seltsame Dinge im Leben.«
Eine Weile schwiegen sie alle.
»War nett, Sie zu sehen, Frau Staatsanwältin«, sagte Thomas Alter. »Sie melden sich, ja? Wir sind jederzeit erreichbar. Und jetzt kennen Sie den Stand der Dinge.«
Espy Martinez bohrte ihren Blick so lange in Thomas Alters Augen, bis ihm das selbstsichere Grinsen verging.
»Meinen Sie allen Ernstes, ich würde diesem Junkie-Wrack da einen Deal anbieten, nachdem er um ein Haar einen Cop und dann mich umgebracht hat? Meinen Sie, wir lassen ihn mit diesen Delikten einfach laufen?«
Alter saß provozierend ruhig auf seinem Stuhl, als taxierte er still, was sie ihm sagen wollte und wie wütend sie war.
»Ich denke gar nichts, Espy. Ich weiß nur, dass Mr.Jefferson Ihnen Informationen liefern kann, die Sie brauchen werden, und der Preis für diese Informationen ist gepfeffert. Andererseits war Aufklärung schon immer eine kostspielige Sache. Sehen Sie? Ich hab eine philosophische Ader.«
»Richtig. Das wird schweineteuer. Sehen Sie? Ich hab auch ’ne scheiß philosophische Ader«, kicherte Leroy Jefferson, obwohl ihn bei den letzten Worten offenbar ein glühender Schmerz durchzuckte, so dass ihm die Mundwinkel zitterten.
»Überziehen Sie den Preis besser nicht, Tommy«, erwiderte Martinez, »sonst bleiben Sie am Ende auf Ihrer Ware sitzen.«
»Seien Sie so freundlich, und machen Sie die Tür hinter sich zu«, bat der Pflichtverteidiger höflich.
Wie immer war die Vorladung in Abe Lassers Büro in roter Tinte verfasst, um die Dringlichkeit zu unterstreichen. Wenn Lasser einen zu sich rief, war es immer dringlich, dachte sie, ob es stimmte oder nicht. Sie hörte rasch ihren Anrufbeantworter ab, doch Walter Robinson hatte sich nicht gemeldet. Für einen Augenblick brachte sie so viel Distanz auf, um sich zu fragen, ob sie darauf wartete, von ihrem Liebhaber zu hören, oder von dem Detective, der den Fall bearbeitete. Sie wusste die Antwort nicht, vermutete jedoch, dass beide Wünsche gleichermaßen beharrlich, wenn auch in zwei verschiedenen Tönen wie eine Stimmgabel in ihr
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