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Der Täter / Psychothriller

Der Täter / Psychothriller

Titel: Der Täter / Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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ihm nicht die Hand, sondern sagte stattdessen: »Ich hatte gehofft, Sie hier zu treffen. Anderenfalls hätte ich Sie aufgesucht.«
    »Und wieso?«, wollte Winter wissen.
    Der junge Detective antwortete nicht, sondern stellte seinerseits eine Frage. »Sie kannten Mr.Silver?«
    »Ja.«
    »Und auch Sophie Millstein.«
    »Das liegt auf der Hand, Detective.«
    Robinson fasste Winter am Ellbogen und führte ihn zu einer Stelle, an der ein Kriminaltechniker Tatortfotos machte.
    Der Mann sah zu Robinson auf. »Kommen Sie schon, Walt. Lassen Sie mich den Scheiß hier eintüten und meine richtige Arbeit machen.«
    Walter Robinson schüttelte den Kopf.
    »Also, Mr.Winter«, sagte er ruhig. »Sie waren mal Detective. Was sehen Sie?«
    Der Techniker hörte mit und warf seine eigene Antwort ein: »Walter, also wirklich. Das sieht doch nun echt ein Blinder. Alter Mann will Schluss machen, kommt nachts hierher, wo er ungestört ist, faltet seine Kleider ordentlich zusammen und watet in die Brandung. In ein paar Tagen wird die Leiche, je nach Strömung, weiter oben am Strand an Land gespült. Sollten die Küstenwache anrufen, damit sie ein Auge drauf haben.«
    Robinson funkelte den Techniker verärgert an. »Das sehen Sie«, erklärte er kalt. »Mich interessiert, was dieser Herr hier sieht.«
    Winter suchte den Strand sorgfältig ab. Er fand Silvers Kleider so zusammengefaltet vor, wie der Techniker sie beschrieben hatte: die Hinterlassenschaft eines Mannes, der ein ordentliches Ende wünscht.
    »Die Brieftasche lag obendrauf?«
    »Ja«, bestätigte Robinson.
    »Sonst irgendwas am Strand?«
    »Wir haben nichts finden können.«
    »Kein Abschiedsbrief?«
    »Nein.«
    »Haben Sie die Kleider untersucht?«
    »Nur so, wie sie da liegen.«
    Winter kniete sich neben die Sachen. »Darf ich?«, fragte er.
    Robinson hockte sich neben ihn. Er hielt einen Asservatenbeutel hoch.
    »Nur zu«, ermunterte er ihn.
    Es war ein flacher Strohhut dabei. Simon Winter nahm ihn und drehte ihn um. Er sah die Initialen I.S. ins dunkel verfleckte Schweißband eingestanzt. Er machte Robinson darauf aufmerksam und warf den Hut dann in den Beutel. Als Nächstes nahm er sich das geblümte Polyesterhemd vor. Die Blumenranken waren zu blaugrünen Girlanden verschlungen. Er ließ den Blick langsam über das komplizierte Muster schweifen und betastete den Stoff mit den Fingern, bis er den Kragen erreichte. Hier hielt er inne. Er merkte, wie sich sein Herzschlag beschleunigte, und einen Moment lang war ihm schwindelig.
    »Da«, sagte er leise, fast im Flüsterton.
    Robinson beugte sich vor und tastete an der Stelle, auf die Winter zeigte, über das Gewebe. Er nahm das Hemd selbst in die Hände, hielt es gegen das späte Dämmerlicht und überprüfte es mit zusammengekniffenen Augen.
    Der junge Ermittler nickte und ließ den Atem hörbar zwischen den Zähnen entweichen. »Kann sein«, meinte er. »Ich denke, Sie könnten richtigliegen.«
    Winter stand auf und blickte übers Meer. Jede Welle, die an den Strand schlug, schien nach der rasch einsetzenden Nacht zu greifen und die Dunkelheit über die Küste zu werfen.
    »Es ist Blut«, erklärte Winter. »Irving Silvers Blut.«
    »Allerdings nicht viel«, wandte Robinson bedächtig ein. »Könnte nichts weiter als ein Schnitt beim Rasieren gewesen sein.« Dann drehte er sich zu dem Techniker um. »Tüten Sie diese Sachen sorgfältig ein.« Er winkte den uniformierten Polizisten zu. »Ich will, dass diese Stelle weiträumig abgesperrt wird. Es könnte der Tatort eines Mordes sein.«
    Simon Winter blickte eine Weile schweigend über den Ozean, während die frische Brise allmählich der nächtlichen Schwüle wich.
    »Er ist nicht da draußen«, sagte er leise.
    »Wer ist nicht da draußen?«, fragte Walter Robinson nach.
    »Irving Silver.« Winter hob die Hand und richtete sie aufs Meer. »So soll es aussehen. Dass er irgendwo dort draußen ertrunken ist. Von den Wellen verschlungen. Aber das stimmt nicht.«
    »Wo ist er dann?«, wollte der junge Detective wissen.
    »Woanders. Irgendwo weit weg, in der Einöde vielleicht. Zum Beispiel in den Everglades.«
    »Die Leiche an einer Stelle, die Kleider hier?«
    »Genau.«
    Walter Robinson pfiff leise und starrte ebenfalls ins Weite. »Das wäre clever. Das würde uns wirklich ganz schön alt aussehen lassen.« Er überlegte, dann fügte er hinzu: »Vielleicht haben Sie recht.«
    Winter drehte sich zu dem jungen Ermittler um. »Sie erwähnten, Sie wollten mich aufsuchen?

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