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Der Täter / Psychothriller

Der Täter / Psychothriller

Titel: Der Täter / Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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langen Seufzer entweichen. Es war stickig; gegen die warme Luft aus der zertrümmerten Terrassen- und der Wohnungstür, die für den Gerichtsmediziner und die Spurensicherung offen stand, kam die Klimaanlage nicht an. Er spürte, wie ihm ein dünner Schweißfilm auf die Stirn und in die Achselhöhlen trat.
    Langsam schüttelte er den Kopf.
    Es ist alles so entsetzlich vertraut, dachte er.
    Eine ältere Frau. Allein. Eine Erdgeschosswohnung ohne ein vernünftiges Schloss an der Terrassentür. Eine Wohngegend voll schattiger Winkel, dunkler Gassen und alter Leute, die von der Sozialversicherung oder Rente lebten. Gerade ausreichend Schmuck und Zwanzig-Dollar-Scheine, dass ein schneller, leichter Bruch lohnend schien, aber nicht annähernd wohlhabend genug, dass es für Alarmanlagen, Wachleute und Dobermänner reichte.
    Ein Leben in der Grauzone, dachte er.
    Der ganz normale Großstadtalptraum.
    Irgendwo passierte das jede Nacht. Kleine Variationen des immer gleichen Themas. Du bist alt und verletzlich und versuchst, das Wenige, das dir auf dieser Welt geblieben ist, festzuhalten, und es gibt jemand Jüngeren, Stärkeren, dem es noch dreckiger geht als dir, also nimmt er es dir weg. Wenn du Glück hast, kommst du mit einem Schlag auf den Kopf davon, du überlebst mit einem Bluterguss, einem gebrochenen Arm oder einer Hüftfraktur. Wenn du Pech hast, gehst du dabei drauf. Er überlegte, wie viele Fälle dieser Art er schon gesehen hatte. Ein Dutzend? Hundert? Hatte sie beim Zubettgehen auch nur die geringste Ahnung, dass sie die Nacht nicht überleben würde?
    Leise sagte er zu dem Mörder: »Du bist also eingebrochen, war ja kein Kunststück, du hast sie im Schlaf überrascht und sie erwürgt, aber es hat zu viel Lärm gemacht, also bist du aufgesprungen, hast dir geschnappt, was du kriegen konntest, und bist getürmt, aber nicht schnell genug, du Bastard, denn es hat dich jemand gesehen.«
    Er hörte, wie sich aus dem Wohnzimmer Stimmen näherten, und stellte fest, dass die Sachbearbeiter des unnatürlichen Todes eingetroffen waren. Er hörte einen Polizeifotografen rufen: »Hey, Walter, wo steckst du gerade?«, und er antwortete: »Hier drinnen.«
    Er warf erneut einen Blick auf die Leiche. Irgendetwas schien nicht ins Bild zu passen, doch er konnte nicht sagen, was.
    Das ging ihm noch im Kopf herum, als die Männer ins Schlafzimmer traten und er sie begrüßte. Augenblicklich nahm er eine lässig heitere Haltung an, eine Pose, hinter der sich alle Menschen verschanzen, die Tötungsdelikte aufzuklären haben.
    »Hey, Walter«, grüßte ein sehr kleinwüchsiger Kriminaltechniker, der einen riesigen Lederkoffer schleppte. »Was haben Sie bis jetzt rausgefunden?«
    »Noch nicht viel. Sie war alleinstehend, Ted. Müssten Fingerabdrücke zu finden sein. Legt euch vor allem bei diesen Schubladen ins Zeug. Bobby, machen Sie Fotos von allem, auch von dem Kram, den der Kerl hier ausgeschüttet hat. Und dann vom gewaltsamen Eindringen. Ist Doktor Tod schon da?«
    »Parkt gerade den Wagen. Genauer gesagt, einer seiner Assistenten. Der Boss schläft heute Nacht offenbar durch.«
    »Nee, hat wohl eher alle Hände voll mit diesem Dreifachmord in Liberty City zu tun«, unterbrach ihn der Fotograf, während er den Belichtungsmesser und den Blitz einstellte. »Kleines Problem in einem Crack-Schuppen, hab ich unterwegs über Funk gehört, so was in der Art: ›Das ist meine Pfeife!‹ – ›Nein, ist es nicht!‹ Peng, peng, peng. Das macht morgen Schlagzeilen. Bestimmt ist er da.«
    Robinson wusste, dass der oberste Gerichtsmediziner des County sich gerne um die Todesfälle kümmerte, die den
Herald
und die lokalen Fernsehsender interessieren würden. Doch er schüttelte den Kopf. »Vielleicht fängt er da an, aber ihr werdet sehen. Bevor wir hier durch sind, steht er auf der Matte. Und mit ihm die Presse- und Fernsehreporter. Er gibt uns im selben Moment die Ehre wie sie. Ich würde ja sagen, er arbeitet sich zu Tode, aber das könnte zu Missverständnissen führen.«
    Die anderen Polizisten, die sich ins Zimmer drängten, lachten. Der Fotograf nahm mit dem lauten Krachen seines Blitzes die Arbeit auf. Es mischte sich in das emsige Getriebe, das sich augenblicklich auf engstem Raum entfaltete, als die Kriminaltechniker mit ihrer Arbeit begannen und Fasern aufsammelten, Fingerabdruckpulver verteilten und nach anderen Beweismitteln suchten.
    Robinson beschloss, nach draußen zu gehen und mit den Leuten zu reden, die den Mörder

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