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Der Täter / Psychothriller

Der Täter / Psychothriller

Titel: Der Täter / Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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die Mittagssonne durchs Fenster schien, hatte er das Gefühl, als träte er in ein dunkles Zimmer, ohne zu wissen, wo der Lichtschalter ist. In den wenigen Stunden unruhigen Schlafs, die ihm vergönnt gewesen waren, hatten ihn Alpträume gequält. Die Erschöpfung steckte ihm wie Blei in den Gliedern. Er sah noch einmal aus dem Fenster über den Hof, wo das gelbe Absperrband in einer leichten Brise flatterte. Neben dem Schild an Sophie Millsteins Tür, auf dem in roten Lettern TATORT : ZUTRITT VERBOTEN stand, war es das Einzige, was noch an die Geschehnisse der letzten Nacht erinnerte.
    Er wusste nicht, ob es darum ging, etwas anzustoßen oder zu Ende zu bringen, jedenfalls fühlte er sich dazu verpflichtet, diesen Anruf zu machen. Ihm war schwindelig, fast übel, doch als es am anderen Ende in der Leitung klingelte, rief er sich zur Ordnung.
    Er hörte ein fernes »Hallo?«
    »Spreche ich mit Rabbi Chaim Rubinstein?«, fragte Winter.
    »Ja, früher mal Rabbi, jetzt im Ruhestand. Und mit wem habe ich das Vergnügen?«
    »Mein Name ist Simon Winter, ich bin …« Er überlegte, was genau er war, und fuhr schließlich fort: »… ein Freund von Sophie Millstein.«
    »Sophie ist tot.« Die Stimme des Rabbi klang hart. »Sie wurde ermordet. Gestern Abend. Von einem Einbrecher. Ein Mann, der Geld für Drogen suchte. Steht in der Zeitung.«
    »Ich weiß. Ich bin ihr Nachbar.«
    »Dann wissen Sie mehr als ich. Sie wissen mehr, als in der Zeitung steht. Weshalb rufen Sie an?«
    »Sie kam gestern zu mir. Nur wenige Stunden vor ihrem Tod. Sie hatte Angst, und sie wollte Ihnen etwas mitteilen. Ihnen und zwei Freunden. Einem Mr. Silver und einer Mrs. Kroner. Hat sie Sie gestern Abend nicht mehr angerufen?«
    »Nein. Nein, ich habe nicht mit ihr gesprochen. Uns etwas mitteilen? Uns was mitteilen?« Plötzlich hatte der Rabbi die Stimme ein wenig erhoben.
    »Sie hatte …« Er stockte, dann korrigierte er sich: »Sie glaubte, sie hätte einen Mann gesehen, sie nannte ihn den …«
    Der Rabbi fiel ihm ins Wort: »Den Schattenmann.«
    »Ja.«
    In der Leitung herrschte Stille.
    »Rabbi?,« fragte Winter.
    Wieder trat eine Pause ein, dann sagte der Rabbi in eisigem Ton: »Er wird uns alle töten.«
     
    Rabbi Chaim Rubinstein wohnte in einem bescheidenen älteren Gebäude auf der falschen Seite des Ocean Drive, wo die Aussicht aufs Meer größtenteils von zwei größeren, imposanteren Wohngebäuden verstellt war. Von den besten Wohnungen aus bekam man vermutlich höchstens einen schmalen blassblauen Streifen zu sehen. Ansonsten unterschied sich der Wohnkomplex in nichts von den Dutzenden ähnlicher Bauten in ganz Miami Beach, bis hin nach Fort Lauderdale, Delray und schließlich Palm Beach. Lediglich der Name – The Royal Palm – fiel aus dem Rahmen. Natürlich war nichts Königliches an dem Gebäude, und ebenso wenig konnte es, abgesehen von einer einzigen, unansehnlichen Topfpflanze mit hängenden Wedeln in der Lobby, mit irgendwelchen Palmen aufwarten. Winter fuhr mit dem Lift in den sechsten Stock und trat in den Flur. Aus blechernen Lautsprechern in der Decke spielte eine nervende Musikkonserve. Der Flur selbst war von deprimierender Eintönigkeit: ein beigefarbener Teppichboden, Tapeten mit Blumenmuster, eine scheinbar endlose Reihe weißer Türen, an denen bestenfalls die goldenen Nummern auffielen.
    Vor Nummer sechshundertzwei blieb er stehen und klopfte an. Er hörte, wie Schlösser aufschnappten, dann öffnete sich die Tür so weit, wie es die vorgelegte Kette erlaubte.
    »Mr.Winter?«
    »Rabbi?«
    »Könnten Sie mir irgendeinen Ausweis zeigen? Mit Foto?«
    Simon Winter nickte, griff in seine Brieftasche und holte seinen Führerschein hervor, den hielt er an den Türspalt, damit der Rabbi ihn sich ansehen konnte.
    »Danke«, sagte der Mann nach einer Weile. Er schloss die Tür, um die Kette zu entriegeln, und öffnete ganz. »Bitte treten Sie ein. Und danke fürs Kommen.«
    Die beiden Männer schüttelten einander die Hand. Rabbi Rubinstein war ein kleiner, dünner, wenn auch nicht asketisch hagerer Mann. Er trug eine etwas zerzauste, graue Lockenmähne, die ihm über die Ohren und die tiefsitzende, schwarzgerandete Brille fiel. Durch dicke Gläser musterte er Simon Winter einen Moment, dann winkte er ihn ins Wohnzimmer.
    Winter sah das ältere Paar, das hinter einem gläsernen Couchtisch auf einem weißen Sofa saß und auf ihn wartete. Als er eintrat, erhoben sich die beiden.
    »Darf ich bekannt machen: Mr.Irving

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