Der Täter / Psychothriller
irgendetwas mit ihrer Ermordung heute Nacht zu tun?«
»Nein. Ich weiß es nicht. Es ist einfach nur ungewöhnlich. Vielleicht reiner Zufall.«
»Hatte Mrs.Millstein sonst schon mal Angst? Ich meine normalerweise?«
»Sicher. Sie war alt und lebte allein. Sie war oft nervös. Sie richtete ihren Tagesablauf danach ein, abends nicht mehr vor die Tür zu müssen.«
»Okay. Jedenfalls haben Sie heute Abend nichts Auffälliges oder Ungewöhnliches gesehen. Und ihr Benehmen war wiederum nicht so viel anders als sonst, richtig?«
Winter starrte den Mann mit eisigem Blick an. »Ja, das ist richtig.«
Der Jüngere klappte sein Notizbuch zu. »Okay, ich denke, ich hab dann alles. Falls Ihnen noch was einfällt, rufen Sie Detective Robinson an, okay?«
Winter verkniff sich mehrere sarkastische Erwiderungen und nickte. Der Streifenpolizist grinste.
»Okay, Sie können jetzt nach Hause, Mr.Winter. Das Team ist mit der Spurensicherung bald durch. Möglich, dass hier noch ein paar Tage was los ist, vielleicht werden die Typen von den Nachrichten etwas lästig, aber Sie können denen einfach sagen, sie sollen sich zum Teufel scheren. Meistens funktioniert das. Ich werde dafür sorgen, dass der Detective alles, was Sie gesagt haben, schriftlich bekommt.«
Damit drehte sich der junge Beamte zur Straße um und ließ Simon Winter im blinkenden Rot-Blau der Streifenwagen stehen.
In der Küche sah Espy Martinez zu, wie Walter Robinson zum Telefon griff und, indem er jede Ziffer einzeln überprüfte, eine Nummer wählte. Dann legte er die Hand über die Sprechmuschel und flüsterte: »Das Telefon klingelt mitten in der Nacht. ›Ihre Mutter wurde ermordet.‹ Was für ein Alptraum.« Er zuckte mit den Achseln, als wollte er sich dafür wappnen, jemandem einen großen Schmerz zuzufügen.
Espy Martinez fühlte sich in ihrer Zeugenrolle unbehaglich und schämte sich für diese eigentümliche Faszination, die sie empfand, diesen seltsamen Reiz des Schauderns, der Menschen zum Ort eines Autounfalls treibt, um die tausend glitzernden Splitter und frischen Blutflecken zu begaffen.
Robinson formte mit den Lippen das Wort »klingelt« und richtete sich ein wenig auf, als er hörte, dass jemand abnahm.
»Ja?«
»Ich würde gerne mit Mr.Murray Millstein sprechen.«
»Am Apparat. Was …«
»Mr.Millstein, hier spricht Detective Walter Robinson von der Kripo Miami Beach in Florida. Es tut mir leid, aber ich habe eine schlimme Nachricht für Sie.«
»Was? Was?«
»Mr. Millstein, Ihre Mutter, Mrs. Sophie Millstein, ist heute Nacht verstorben. Sie wurde Opfer eines Verbrechers, der kurz vor Mitternacht gewaltsam in ihre Wohnung eingedrungen und sie offenbar getötet hat, bevor er ihre Wertsachen raubte.«
»Oh, mein Gott! Was? Meine Mutter?«
»Es tut mir sehr leid, Mr. Millstein.«
»Was sagen Sie da? Was ist mit meiner Mutter? Ich verstehe nicht …«
»Es tut mir leid, Mr. Millstein. Ich muss Ihnen mitteilen, dass Ihre Mutter heute Nacht ermordet wurde.«
Robinson wartete, bis sich der Mann in der Leitung gefasst hatte.
Im Hintergrund hörte er eine andere Stimme, die schrill und in Panik durch die Nacht drang. Die Ehefrau des Anwalts, nahm Robinson an: Sie sitzt senkrecht im Bett, hat auf dem Nachttisch neben dem Wecker und einem Bild ihrer Kinder das Licht angemacht, und jetzt packt sie ihren Mann fest am Arm und will wissen, wieso er die Beine aus dem Bett geschwungen hat und mit blassem, verzerrtem Gesicht auf der Kante sitzt.
»Detective, ähm …«
»Robinson. Haben Sie Stift und Papier, Mr. Millstein? Ich würde Ihnen gerne eine Telefonnummer durchgeben.«
»Ja, ja, aber …«
»Das hier ist die Nummer, unter der Sie mich in meinem Büro im Präsidium erreichen.«
»Aber was ist passiert? Meine Mutter …«
»Wir haben noch keinen Tatverdächtigen festgenommen, Mr. Millstein. Aber wir haben eine Täterbeschreibung und eine beträchtliche Menge Beweismaterial in der Wohnung Ihrer Mutter gesammelt. Unsere Ermittlungen laufen gerade erst an, aber wir genießen die volle Unterstützung der Staatsanwaltschaft und anderer Behörden in Dade County, und ich bin zuversichtlich, dass es bald zu einer Verhaftung kommt.«
»Aber meine Mutter, wie … sie hat doch immer alles verriegelt …«
»Offenbar hat der Täter die Gartentür gewaltsam geöffnet.«
»Aber ich verstehe trotzdem nicht …«
»Zum derzeitigen Ermittlungsstand gehen wir davon aus, dass sie stranguliert wurde. Doch endgültig stellt der
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