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Der Täter / Psychothriller

Der Täter / Psychothriller

Titel: Der Täter / Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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auf das Polster.
    »Bleiben Sie hier sitzen, ich hole den Sanitäter«, sagte er.
    »Nein«, bekräftigte sie, »mir fehlt nichts.«
    Sie sah zu, wie Leroy Jefferson gleich einem Tier, das ein Brandzeichen erhalten sollte, auf den Rücken gedreht wurde. Zwei Rettungssanitäter in blauen Overalls kümmerten sich um sein Bein. Ein weiterer, ein junger Mann mit blondem Haar, stand vor ihr.
    »Mir fehlt nichts«, versicherte sie zum dritten Mal, bevor er Gelegenheit hatte, ihr die naheliegende Frage zu stellen. Sie hob den Kopf und entdeckte hinter dem Mann Walter Robinson. Sein Gesicht schien in einer Mischung aus Zorn und Sorge bleich und versteinert. Sie lächelte ihm zu.
    »Er hat nicht getroffen«, erklärte sie.
    »Gott, Espy, ich …«
    »Aber ich hab ihn erwischt. Wird er sterben?«
    »Höchstens, wenn sie mich mit ihm allein lassen. Der Bastard …«
    »Er rannte und hat mich verfehlt. Wenn er …«
    »Denken Sie nicht drüber nach. Es ist noch mal gutgegangen.« Er beugte sich zu ihr herunter.
    »Gott im Himmel«, sagte er. Er hätte liebend gern wie der große Sergeant zuvor den Arm um sie gelegt, doch er hielt sich zurück. So wie sie da halb im Auto, halb draußen saß, wirkte sie sehr klein.
    Zu seiner Verblüffung sah sie ihn auf einmal an und lachte los. Nach einer Sekunde fiel er, zuerst verhalten, dann lauthals ein. Sergeant Lion-Man und Sergeant Rodriguez gesellten sich zu ihnen und stimmten, sowie die Anspannung wich, in das Gelächter ein. Es kam ihnen wie der größte Jux der Welt vor: am Leben zu bleiben, wenn man eigentlich hätte tot sein müssen.
    Nach einer Weile verstummten sie, und Espy Martinez stieß einen tiefen Seufzer aus.
    »Ich fahr Sie nach Hause«, erbot sich Walter Robinson.
    »Ja«, antwortete sie. Sowie sie merkte, dass das Adrenalin nachließ, setzte die Erschöpfung ein. Sie sah, wie die Sanitäter Leroy Jefferson auf eine Trage hievten und zur offenen Tür eines Krankenwagens rollten. Ein anderer Krankenwagen brauste im selben Moment mit Sirene und Rot-Blau-Licht davon.
    »Da fahren sie den Holzfäller weg. Der arme Kerl hebt keine Gewichte mehr«, bemerkte Anderson. Sergeant Lion-Man blickte zu den Sanitätern hinüber. »Hey, Moment!«, rief er. »Hey, Walter, Kumpel, übernimm du den Pflichtteil, ja. Hier und jetzt. Und Miss Martinez, kommen Sie bitte als Zeugin rüber. Dann können wir vielleicht alle Leine ziehen, bevor es einen Aufruhr gibt.«
    Espy Martinez hob den Kopf und stellte fest, dass sich am Rande der Lichter eine Menschentraube gebildet hatte.
    Walter Robinson nickte und trat an die Bahre. »Leroy Jefferson«, sagte er in einem ruhigen Ton, der seine Wut mühsam verbarg, »Sie sind verhaftet. Sie haben das Recht zu schweigen oder sich einen Anwalt zu nehmen …«
    »Den Scheiß kenne ich«, unterbrach ihn Jefferson, der vor Schmerz die Zähne zusammenbiss. »Was soll ich denn verbrochen haben?«
    Robinson konnte seinen hellen Zorn nur noch mit äußerster Willensanstrengung beherrschen.
    »Du musstest sie umbringen, Leroy, heh? Konntest nicht einfach nur ihre Sachen mitgehen lassen. Sie allenfalls bewusstlos schlagen. Das wäre doch kein Problem gewesen, oder? Großer Kerl wie du. Sie war nur eine kleine, alte Frau, und du musstest sie gleich töten …«
    »Was faseln Sie da?«
    »Du kanntest nicht mal ihren Namen, was, Leroy?«
    »Von wem reden Sie? Was für eine alte Frau?«
    »Sie hieß Sophie Millstein, Leroy. Sie war nur eine kleine alte Frau, die allein in Miami Beach wohnte. Die einfach nur ihren Lebensabend in Ruhe und Frieden verbringen wollte. Tat keinem was zuleide. Und du musstest sie umbringen, du Wichser. Und jetzt wanderst du dafür in den Knast, du Hurensohn.«
    Leroy sah ihn in einer Mischung aus Qual und Verständnislosigkeit an.
    Dann schürzte er plötzlich die Lippen zu einem höhnischen, fauchenden Lachen und sagte: »Ihr seid blöder, als ich dachte. Ich hab keine alte Frau umgebracht.«
    »Und ob du das hast«, entgegnete Robinson mit eisigem Sarkasmus.
    Doch Leroy Jefferson schüttelte den Kopf. »So ein Aufstand«, meinte er, »so ein Aufstand, und dabei bin ich es nicht gewesen. Verdammt.« Er schien aufrichtig verwirrt und traurig. »Das alles für den Falschen«, fügte er hinzu.
    Er ließ den Kopf auf die Trage fallen, und die Sanitäter schoben ihn nicht allzu sanft in den Krankenwagen. Dann schlossen sich vor Walter Robinson die Türen.
    »Mal wieder ist es keiner gewesen«, knurrte er leise, wie zu sich selbst, doch Espy

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