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Der Täter / Psychothriller

Der Täter / Psychothriller

Titel: Der Täter / Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Händen hielt; dass dieses Etwas eine Waffe war. Er sah auch, dass die Frau den Mund geöffnet hatte und dass sie ihm etwas zurief, doch das alles trieb ihn nur weiter voran, während er merkte, dass er jetzt die eigene Pistole hob und immer wieder den Abzug betätigte. Im Magazin waren drei Schuss übrig, und er feuerte sie hintereinander ab. Das Donnern der Schüsse hallte durch die Nacht.
     
    Espy Martinez sah Jeffersons Waffe, bemerkte auch, dass sie direkt auf sie gerichtet war, und brüllte zum tausendsten Mal: »Keine Bewegung!« Zugleich war ihr bewusst, wie lächerlich die Aufforderung war, da sie auf die große, drahtige Gestalt, die bedrohlich auf sie zugerannt kam, keinerlei Eindruck zu machen schien.
    Sie zögerte, und in dem Moment schoss der Mann.
    Ihr erster Gedanke war: Ich bin tot.
    Ohne zu registrieren, was sie tat, drückte sie selbst ab. Sie konnte nicht sagen, ob sie dabei die Augen schloss oder nicht, ob sie in einem Verteidigungsreflex die Hand hob oder nicht, ob sie sich wegduckte oder seitlich auswich oder ob sie in Wahrheit wie angewurzelt stehen blieb und nur darauf wartete, dass die tödliche Kugel sie traf.
    Die drei Geschosse aus Jeffersons Waffe schwirrten ihr um die Ohren. Eine erfasste ihre Tasche und durchtrennte den Lederriemen, so dass sie ihr vom Arm gerissen wurde. Das zweite zerrte wie ein Kind, das sich langweilt, am Ärmel ihrer leichten Jacke und zischte, ohne Schaden anzurichten, an ihr vorbei. Das dritte krachte – wie es ihr später vorkam, aus schierer Frustration – in die Scheibe des Polizeifahrzeugs hinter ihr und zersplitterte das Glas.
    Schweiß rann über ihr Gesicht und brannte in ihren Augen, während sie ungläubig feststellte: Ich bin noch am Leben.
    Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass sie nach wie vor den Abzug betätigte, obwohl das Magazin längst leer war. Sie konnte sich nicht erinnern, tatsächlich geschossen zu haben. Es hätte ein Geräusch geben müssen. Sie hätte den Rückstoß der Waffe in der Hand spüren müssen. Ein schwacher Pulvergeruch lag wie ein unerwünschtes Parfüm in der Luft. Sie musste sich zwingen, den Finger am Abzug still zu halten. Wie zu einer kurzen Inventur sah sie an sich herunter und wunderte sich, dass sie nirgends blutete. In dem Moment hätte sie laut lachen können. Erst als sie den Kopf hob, nahm sie Leroy Jefferson wahr.
    Vielleicht sieben Meter von ihr entfernt krümmte er sich am Boden und wirbelte, da er vor Schmerzen um sich trat, eine Staubwolke auf. Er hielt sich das Bein, und sie sah, wie ihm das Blut zwischen den Fingern herunterlief. Einmal versuchte er aufzustehen, ohne das Bein mit der zertrümmerten Kniescheibe loszulassen. Wie ein Vollblutpferd, das darauf trainiert ist, ein Hindernisrennen zu Ende zu laufen, aber nicht begreift, warum es mit dem gebrochenen Bein nicht auftreten kann, taumelte er ein paar Meter weit und fiel wieder zu Boden.
    Sie sah ihm zu und war in dem Moment genauso unfähig, sich zu bewegen, als wäre auch sie verletzt. Sie horchte auf seine Schmerzensschreie, starrte auf das Blut, das auf den staubigen, menschenleeren Bürgersteig rann, innerlich so leer wie das Magazin ihrer Pistole.
     
    Zeit ist von einer seltsamen Elastizität; sie konnte nicht sagen, ob es Minuten oder Sekunden gedauert hatte, bis Walter Robinson quer durch den offenen Hof gerannt kam und sich über den um sich schlagenden Verletzten beugte. Sergeant Lion-Man folgte ihm ebenso wie die übrigen Polizisten in geringem Abstand. Immer noch war sie wie betäubt. Erst mit einiger Verspätung drangen ihr die Sirenen ins Bewusstsein, die näher kamen, die blau-roten Warnleuchten der herbeigerufenen Streifen- und Krankenwagen, das Quietschen der Reifen.
    Sie sah, wie Walter Robinson Leroy Jefferson mit Fäusten bearbeitete, dem Verdächtigen schließlich die Arme auf den Rücken drehte und ihm rücksichtslos die Handschellen anlegte. Sie wandte sich ab, als Robinson aufstand und dem gefesselten Mann einen Tritt verpasste. Vor ihr stand Sergeant Lion-Man, und ihre Blicke trafen sich. Erst nach einer Weile wurde ihr bewusst, dass er ihr etwas zurief.
    »Alles in Ordnung? Sind Sie getroffen? Fehlt Ihnen was?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, mir ist nichts passiert«, erwiderte sie trocken.
    Anderson legte ihr einen riesigen Arm um die Schulter und schob sie behutsam ein paar Schritte zurück. Nachdem er mit der einen Hand die Scherben vom Sitz des Autos mit der eingeschossenen Scheibe gewischt hatte, drückte er sie

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