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Der Täter / Psychothriller

Der Täter / Psychothriller

Titel: Der Täter / Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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nach irgendwelchen Worten, um sie abzulenken, doch ihm fiel nichts ein, und so schwieg auch er. Einmal schnappte sie nach Luft, und er drehte sich zu ihr um, weil er sichergehen wollte, dass mit ihr alles in Ordnung war, doch er sah nur, wie sie den Kopf zur Seite drehte und auf die vorbeirasenden Lichter der nächtlichen Stadt hinaus starrte.
    An ihrem Haus hatte er an der Eingangstreppe gestanden und sie gefragt: »Alles in Ordnung? Sind Sie sicher, dass alles in Ordnung ist? Soll ich besser jemanden anrufen? Kommen Sie allein zurecht?« Dann hatte er sich ihre Antwort angehört, alles sei bestens, und sich die ganze Zeit gewünscht, mit ihr in die Wohnung zu treten, es aber nicht über sich gebracht. Wie ein gottverdammter Teenager beim ersten Date, schimpfte er innerlich. Vielleicht dem denkbar schlimmsten Date.
    Auch jetzt entwich ihm wieder ein Fluch. Er öffnete die Augen, ballte die Faust und hielt sie sich vors Gesicht.
    »Wollen Sie mir eine reinhauen, oder sparen Sie sich das für meinen Klienten auf?«
    Walter Robinson folgte der Stimme und blickte zu dem Mann auf, der mit ihm sprach. Es war ein schlaksiger Kerl mit lockigem Haar und einem Grinsen um die Lippen, das zu seinem eindringlichen Blick im Widerspruch stand. Er trug Jeans und Sportschuhe ohne Socken, dazu ein weißes Polohemd mit einem Fleck, und Robinson schloss messerscharf, dass er eilig aus dem Bett gesprungen war, um ins Krankenhaus zu kommen. Zugleich zeugte die Art, wie sich der junge Anwalt ihm gegenüber – dort, wo eben nur Schatten herumgegeistert waren – an die Wand des Krankenhausflurs lehnte, von einer lässigen Unbekümmertheit.
    »Hallo, Tommy«, grüßte Robinson gedehnt. »Was machen Sie denn hier?«, fragte er, obwohl er die Antwort kannte.
    Thomas Alter war ungefähr so jung wie Walter Robinson. Der Detective schätzte, dass sie Freunde hätten werden können, wäre sein Gegenüber nicht ein leitender Mitarbeiter im Büro des Bezirkspflichtverteidigers gewesen und somit für sämtliche Ermittler des örtlichen Morddezernats der natürliche Feind. Man entwickelt nur selten eine innige Zuneigung zu Menschen, deren Job es ist, einem im klösterlichen Schutzraum des Gerichtssaals die ganze Arbeit zunichtezumachen. Respekt, kein Problem. Oft auch das zähneknirschende Eingeständnis, dass sie alle zu unterschiedlichen Teilen desselben Räderwerks gehörten. Doch aufrichtige Sympathie war zu viel verlangt.
    »Ich bin da, um zu gewährleisten, dass unser Mr. Jefferson eine angemessene medizinische Versorgung bekommt, und dazu gehört es auch, dass er Ihnen gegenüber keine Aussage zu machen braucht, bevor er mit seinem Anwalt gesprochen hat, nämlich, wie’s der Zufall will, mit meiner Wenigkeit.«
    »Er ist nicht
unser
Mr.Jefferson«, erwiderte Robinson betont.
    »Von mir aus:
Mein
Mr.Jefferson …«
    »Nun mal halblang, Tommy. Wir müssen erst mal gegen ihn Anklage erheben, und er muss sich für mittellos erklären, bevor Sie ihn bekommen. Und falls er bis dahin mit mir sprechen will …«
    »Ja, normalerweise schon, Walt. Das ist richtig. Aber in diesem Fall nicht. Jefferson stand erst kürzlich vor Gericht, eine ziemlich läppische Klage wegen Drogenbesitzes. Den Durchsuchungsbeschluss konnte ich niederschmettern, die Anklage wurde fallengelassen. Aber irgendwie ist es noch nicht amtlich geworden. Folglich bin ich immer noch der Prozessbevollmächtigte, Walt, alter Kumpel. Damit das klar ist. Sie können zu keinem Zeitpunkt mit ihm sprechen, ohne dass ich oder sonst jemand von meinem Büro dabei ist. Verstanden?«
    »Und wenn er es selbst will …«
    »Zu keinem Zeitpunkt. Verlesen Sie ihm seine Rechte, und ich sage Ihnen von vornherein, dass er auf keins davon verzichten wird.«
    Thomas Alter lächelte immer noch, doch aus seinem Ton war jede Heiterkeit gewichen.
    Robinson zuckte mit den Achseln und gab sich Mühe, seine Verärgerung zu kaschieren.
    »Zu keinem Zeitpunkt«, wiederholte Alter. »Kapiert, Walt?«
    »Ja.«
    »Das heißt, rund um die Uhr. Vierundzwanzig Stunden am Tag, sieben Tage die Woche.«
    »Vertrauen Sie mir nicht, Tommy?«
    »Nein.«
    »Gut, ich Ihnen nämlich auch nicht.«
    Alter legte ein mattes Grinsen auf. »Na ja, dann haben wir ja was gemeinsam.«
    »Das wär’s dann aber auch schon. Jedenfalls würde ich nie versuchen, einen Drecksack wie Jefferson zu verteidigen.«
    »Vermutlich nicht. Moralisch unter Ihrer Würde, nicht wahr?« Alters Tonfall triefte vor Sarkasmus. »Und wie geht’s sonst

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