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Der Tag, an dem das UFO vom Himmel fiel

Der Tag, an dem das UFO vom Himmel fiel

Titel: Der Tag, an dem das UFO vom Himmel fiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Halperin
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ich auf sie warten würde.
    Mehr als alles andere auf der Welt wollte ich Rochelle wieder in meinen Armen halten. Ich trank einen Schluck Bier.
     
    Inzwischen redete Julian weiter. Über Einstein und seine Feldtheorie. Über das Netz, aus dem Raum und Zeit geflochten sind. Was geflochten wurde, sagte Julian, lässt sich auch entflechten.
    »Also entflechte ich die Zeit?«
    »Nun, das wäre vielleicht etwas drastisch formuliert, aber …«
    »Ich vernichte den Tod, indem ich die Zeit entflechte«, sagte ich. Und als ich ihn nicken sah, fragte ich: »Darum geht es bei den UFOs, oder?«
    Kein Wunder, dass die Vorhänge ausfransten.
    »Ich rolle die letzten zwanzig Jahre auf«, sagte ich, »wie einen Winterteppich. So wie man es macht, bevor man ihn auf dem Dachboden verstaut.«
    Julian schüttelte den Kopf. »Nein«, erwiderte er. »So würde ich das nicht sagen. Die zwanzig Jahre wird es nach wie vor gegeben haben. Du wirst nach wie vor geboren sein. Genau wie ich. Zumindest nehme ich das an.«
    »Was genau entflechte ich dann?«
    »Einen Faden aus diesem Teppich, diesem Gewebe, diesem Netz – such dir ein Bild aus, das dir gefällt. Einen besonders
gefährlichen – sagen wir krebsartigen  – Faden. Ignoriere ihn, und er wird den Rest zerstören. Wir werden alle sterben, und es wird sein, als hätte es uns nie gegeben.«
    Eine Sternschnuppe flammte am schwarzen Himmel auf.
    »Julian«, sagte ich. »Ich glaube nicht, dass das passieren wird.«
    »Warum nicht?«
    »Weil die Zeit so etwas nicht mit sich machen lässt. Ich meine, es ist ja ganz nett, sich diese Bilder von Fäden und Gewebe und sonst was auszudenken. Aber man kann keinen Faden aus der Zeit ziehen und den Rest erhalten oder den Rest vernichten oder was du auch vorhaben magst. Ich meine, so funktioniert Zeit einfach nicht.«
    »Nicht? Bist du sicher? Erinnerst du dich nicht mehr …?«
    Er erzählte von einem Nachmittag vor vielen Jahren. Von einem kleinen Jungen, der mit seinen Freunden in eine Bibliothek in einer großen Stadt gekommen war und sich in dieser Bibliothek von ihnen trennte – nicht für lange, glaubte der Junge. Als er sie dann suchte, waren sie nicht mehr da. Die Bibliothek war leer: voller Bücher, voller Sonnenschein. Aber nirgendwo irgendwelche Menschen.
    Wofür hielt ich das, wenn nicht für einen Faden, der aus der Zeit herausgezogen war?
    »›Wissenschaft ist eine Schildkröte‹«, sagte ich ganz langsam, »›die behauptet, ihr Panzer sei die ganze Welt.‹«
    »Charles Fort«, sagte Julian. »Dann erinnerst du dich also.«
    »Liest du immer noch Charles Fort? Bekommt man seine Bücher überhaupt hier in Israel?«
    »In den Bibliotheken? In den Buchläden? Natürlich nicht. Wir sind ein pragmatisches Volk, wir Israelis. Wir würden keinen Regalplatz für Das Buch der Verdammten vergeuden. Für uns sind sie immer noch die Verbannten. Wir haben ausreichend
Erfahrung mit Verbannung und Verdammnis, danke der Nachfrage. Davon brauchen wir nicht noch mehr.«
    »Und vom Verlassenwerden auch nicht, Julian?«
    Ich denke, es lag daran, dass er Das Buch der Verdammten erwähnt hatte. Ansonsten wüsste ich nicht, wieso ich diesen Moment wählte, um ihm diese eine Frage zu stellen, die mir seit dem Abend, an dem er verschwunden war, kaum je aus dem Sinn ging.
    »Ich verstehe, wieso Jeff mich im Stich gelassen hat«, sagte ich. »Und Rosa auch …«
    »Rosa? Das Mädchen, das mit dir tanzen wollte, du dich aber nicht getraut hast?«
    »Ich konnte nicht. Du weißt, wieso. Außerdem durfte sie nicht stehen bleiben …«
    »Natürlich.«
    »… genauso wenig wie Jeff. Aber ich wollte … ich meine, ich konnte es nicht … weil …«
    »Weil deine Mutter stirbt.«
    »Nein, Julian. Sie wird leben.«
    Immerhin bekam sie die beste medizinische Versorgung der Gegend, wenn nicht sogar der Welt – wie sollte sie da nicht leben?
    »Aber du  …«, sagte ich.
    »Aber warum ich dich im Stich gelassen habe? Ganz allein auf diesem Flughafen. Hilflos allem ausgesetzt, was dort auf dich warten mochte.«
    »Ja. Warum hast du das getan?«
    Er stand auf. Er holte frisches Holz fürs Feuer, das auszugehen drohte. Dann setzte er sich wieder, ganz langsam. Ich war geduldig. Ich wartete.

KAPITEL 37
    »In dieser Nacht Abend waren sie hinter mir her«, sagte er. »Wusstest du das?«
    »›Sie‹? Wer sind ›sie‹?«
    »Ja. Wer sind ›sie‹ eigentlich? Das wollten wir die ganze Zeit herausfinden. Sie kamen in unser Hotel.«
    Und ich hatte ihnen die

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