Der Tag, an dem du stirbst
fünfzig bis sechzig Quadratmeter groß. Küche und Wohnzimmer gingen ineinander über, davon abgetrennt waren Schlafzimmer und Bad. Den Boden bedeckte braune Auslegeware. Die Küche bestand aus dunkel furnierten Schränken und einer Arbeitsplatte mit golden getönter Resopalbeschichtung. Im Wohnbereich dominierten eine dick aufgepolsterte braune Couch und ein großer Flachbildschirm. Junggesellenbude, sauber und zweckmäßig eingerichtet. Officer Mackereth lebte bescheiden, aber gepflegt.
«Ich muss wieder los», sagte er. «Gegen Sie läuft ein Haftbefehl, und der Lieutenant könnte Verdacht schöpfen, wenn ich zu lange wegbleibe.»
«Danke», sagte ich.
«Wahrscheinlich läuft die Fahndung für ein, zwei Stunden auf Hochtouren. Alle Mann an Deck. Dann, wenn nichts dabei herumkommt, rotieren wir wieder nach Dienstplan. Ich melde mich ab, schaue kurz vorbei und kehre dann zur Nachtschicht zurück.»
«Okay.»
«Hier sind Sie in Sicherheit. Aber lassen Sie die Vorhänge zugezogen. Wenn Sie fernsehen, bitte nur leise. Zum Glück arbeiten die meisten meiner Nachbarn tagsüber.» Er sah mich an. «Machen Sie sich Sorgen um Ihren Hund?»
«Sie kommt allein klar.»
«Gibt es jemanden, den Sie gern anrufen würden?»
«Meine Tante.»
«Ihre nächste Verwandtschaft?»
«Ja …»
«Dann lassen Sie es lieber. Die Polizei wird ein Auge auf sie haben.»
«Aber ich will nicht, dass sie sich sorgt.»
«Steht sie Ihnen sehr nahe?»
«Ja …»
«Dann sollten Sie ihr vertrauen. Bei Haftbefehlen läuft es immer nach demselben Muster ab: Zuerst kommen die Kollegen zu Ihnen nach Hause oder an den Arbeitsplatz. Dann klappert man Ihre Bekanntschaften ab. In Ihrem Fall wird man sich da eine Weile am Kopf kratzen. Natürlich ist da Ihre Tante. Und wenn Sie Ihre Box- und Schießtrainer erwähnt haben, kommen die als Nächstes an die Reihe. Jedenfalls leben Sie inzwischen seit einem Jahr in der Stadt und haben kaum Spuren hinterlassen, was die ganze Sache ins Stocken bringen wird.»
«Das glaube ich nicht.»
«Warum nicht?»
«Weil da draußen jemand rumläuft, der die Augen aufhält und darauf wartet, mich umbringen zu können. Ich werde heute gefordert sein. Wie spät ist es? Kurz vor halb zwei. Und schauen Sie mich an. Dank der Machenschaften dieser Detective O bin ich jetzt unbewaffnet und habe den Schwanz eingeklemmt. Wenn Sie jetzt gehen, wird womöglich mein Mörder anklopfen. Ich werde aufmachen, obwohl ich es besser weiß. Auch Randi und Jackie haben aufgemacht. Ich sollte also auf der Hut sein. Aber sind wir nicht alle neugierig?» Meine Stimme war lauter geworden. «Vielleicht wird Sergeant Detective Warren vor der Tür stehen, vielleicht Detective O. Oder meine Tante, die mich ein Jahr nicht gesehen hat und gestern wundersamerweise in Boston aufgekreuzt ist. Ich werde die Tür öffnen, denn ich muss wissen, was sie mir zu sagen hat. Ich lasse sie in die Wohnung.
Sie wird etwas sagen. Keine Ahnung, was. Die letzten Worte, die Randi und Jackie gehört haben. Sie müssen sehr gut sein. Unwiderstehlich. Denn ich werde dastehen und nichts tun, wenn sich mir die Hände um den Hals legen und zudrücken.
Sie werden Ihren Dienst beenden, nach Hause kommen und mich tot am Boden liegen sehen. Keinerlei Hinweise auf Kampfhandlungen oder Spuren gewaltsamen Eindringens. Willkommen am 21. Januar.»
Tom betrachtete mich. Dann hob er langsam den Arm und stieß mir den Handballen vor die Stirn.
«Was bilden Sie sich ein, wer Sie sind? Schneewittchen? Hören Sie auf damit!»
Ich zwinkerte mit den Augen und wusste nicht, wie mir geschah. «Verzeihung. Ich habe eine Weile nicht geschlafen.»
«Scheint mir auch so. Und jetzt mal der Reihe nach. Sie haben drei Namen genannt. Detective Warren, Detective O und Ihre Tante.»
«Ja.»
«Gut, dass Ihnen die eingefallen sind. Vielleicht versuchen wir’s mal mit Logik und lassen alle wilden Spekulationen außen vor.» Tom griff nach seinem Handy und wählte eine Nummer. «Jon Cassir, bitte», sagte er. Einen Moment später: «Hey Jon, Tom hier. Ich habe eine Frage. Ich will dich nicht in Verlegenheit bringen, würde aber gern wissen, was die ballistischen Untersuchungen ergeben haben, an denen du letzte Nacht gearbeitet hast. Es geht um eine Waffe, die auf eine Mitarbeiterin meiner Dienststelle zugelassen ist. Ja, stell dir vor. Wir sind alle total perplex. Dass sie in ihrer Freizeit Jagd auf Perverse macht, hätten wir uns im Traum nicht vorstellen können. Trotzdem, wir
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