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Der Tag, an dem du stirbst

Der Tag, an dem du stirbst

Titel: Der Tag, an dem du stirbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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Frauen fast ausschließlich für meine Mutter, meine Kindheit und meine toten Geschwister interessiert. Vor allem diese O, die immer wieder auf meine vermeintlichen Gefühle der «Frustration und Hilflosigkeit» zu sprechen gekommen war. Woher ausgerechnet ich wissen sollte, wie viele Kinder da draußen leiden mussten und wie wenig die Polizei dagegen tun konnte.
    Es sei denn, ich liefe durch die Stadt und richtete Kinderschänder.
    Sie hielten mich für die Täterin. Na klar. Und ich hatte nichts abgestritten, weil ich nicht ganz frei von Schuld war. Es ging zwar um andere Verbrechen, aber trotzdem hatte ich Blut an den Händen.
    Wie aber konnte es dazu kommen, dass man mich als Tatverdächtige mit gefälschten Beweismitteln zu leimen versuchte? Dahinter steckten mit Sicherheit die beiden Detectives oder zumindest eine von ihnen.
    Plötzlich ging mir ein Licht auf. Ich wusste, was Sache war. «Detective O», sagte ich an Tom gewandt. «Sie steckt dahinter. Sie will mir ihre eigenen Verbrechen in die Schuhe schieben.»
    Tom beobachtete mich vom Fahrersitz des geparkten Wagen aus. Sein Blick verriet Skepsis. «Wie kommen Sie darauf?»
    «Sie haben es selbst gesagt. Unter den Kollegen witzelt man, dass dem Schützen, statt ihn zu verhaften, eine Dienstmarke an die Brust geheftet werden sollte. Vielleicht hat der Päderastenjäger schon längst eine. Ein frustrierter Kollege von der Sitte, nämlich diese junge, zickige Anfängerin, die offenbar leidvoll erfahren musste, dass es nicht immer gelingt, einen Fall aufzuklären, Opfer zu retten und die Täter einzulochen. Aber im Schutz der Nacht kann sie sie immerhin abknallen.»
    Tom legte die Stirn in Falten, verzichtete aber immerhin darauf, mich für verrückt zu erklären. «Ja, dieser Job kann ziemlich frustrierend sein», räumte er ein. «Aber warum sollten ausgerechnet Sie den Kopf hinhalten? Wie gesagt, Sie haben Zeugen, einschließlich meiner Person, die versichern können, dass Sie eine Taurus mit Rosenholzgriff haben und keine gummierte. Früher oder später werden Sie entlastet, und dann steht Detective O dumm da, bestenfalls als böser Cop oder schlimmstenfalls als eigentliche Täterin.»
    Die Antwort lag auf der Hand. «Weil es für mich kein Früher oder Später gibt. Sie weiß, dass mir heute das endgültige Aus droht. Für sie bin ich der perfekte Sündenbock. Wir sehen uns sogar ein bisschen ähnlich, außer, nun ja, sie ist hübscher. Aber ansonsten – braune Haare, ungefähr genauso groß. Sie weiß, dass ich eine 22er besitze, hat sich sogar danach erkundigt. Gestern noch legte sie es in der Vernehmung darauf an, ihre Kollegin D.D. Warren davon zu überzeugen, dass ich nicht alle Tassen im Schrank habe, dass man mir und meinem Gedächtnis wegen meiner traumatischen Vergangenheit nicht trauen könne. Die perfekte Beschreibung eines durchgeknallten Killers.» Ich schaute auf meine Uhr. «Und das Beste ist, dass ich in ungefähr acht Stunden meine Unschuld wohl nicht mehr werde verteidigen können. Tot und dringend tatverdächtig. Was kann sich ein Cop, der die Justiz selbst in die Hand nimmt, Besseres wünschen?»
    Tom runzelte wieder die Stirn, deutete aber gleichzeitig ein Nicken an. Er öffnete die Tür. «Bleiben Sie», befahl er.
    Ich duckte mich, tat, was er von mir verlangte, und ärgerte mich über mich selbst. Hatte ich mich mit meinen Vorbereitungen und dem harten Training so sehr gequält, um letztlich wieder in die Rolle eines dressierten Hundes zurückzufallen? Von wegen. Ich richtete mich auf und spähte nach draußen.
    Der Wagen stand neben einem Schneehaufen, hinter dem ein Backsteingebäude aufragte. Es war weder heruntergekommen noch teuer saniert, schien also von einfachen, arbeitenden Leuten bewohnt zu sein. Ich zählte gerade eins und eins zusammen, als Tom die Tür auf meiner Seite aufriss und sagte: «Vergessen Sie nicht, ich halte meinen Kopf hin. Also, wenn ich bitten darf …»
    Officer Mackereth hatte mich zu sich nach Hause gebracht. Er leistete Fluchthilfe, weil er ein Herz für mich hatte und richtig zu handeln glaubte.
    Beschämt folgte ich ihm ins Haus, drei Stockwerke hinauf in ein schlichtes Einzimmerapartment mit großem, zugehängtem Erkerfenster, das zur Straße hinausblickte. Es war dunkel in dem Raum, was ich mir damit erklärte, dass er nachts arbeitete und tagsüber schlief.
    Er schaltete das Licht ein und warf die Wagenschlüssel auf die Anrichte einer aufgeräumten Küchenzeile. Das Apartment war etwa

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