Der Tag an dem ich cool wurde
an dem, was an braunen Büscheln noch übrig war, nicht mehr richtig erkennen.
»Huargh«, sagte ich.
»Cool ist anders«, sagte Karli.
»Hey, ihr zwei!«, brüllte Papa aus dem Auto. »Helft mir mal einparken!«
Er legte den Rückwärtsgang ein. Zuerst sah auch alles gut aus. Plötzlich machte der Wohnwagen einen Bogen.
»Scheiße!«, brüllte Papa und bremste.
Leider ein bisschen zu spät. Es rumste. Der schiefe Baum neigte sich ein Stückchen mehr.
»Der Baum verneigt sich vor deinen Fahrkünsten«, sagte ich.
Papa sah mich an, als wollte er mich erwürgen.
»Ihr sollt mir helfen!«, brüllte er. »Nicht zugucken, wie ich hier den Wald abrasiere!«
Das war leider nicht so einfach, wie ich dachte.
»Rechtsrum«, sagte ich.
»Nee, nach links«, sagte Karli.
»Ach was, das Steuer ganz gerade halten«, rief Opa.
Papa sah richtig verzweifelt aus — der Wohnwagen machte, was er wollte.
»Bist du noch nie mit einem Anhänger gefahren?«, fragte Opa und guckte Papa interessiert an.
»Nein«, fluchte der. »Und ich glaube, ich mache es auch nie wieder!«
Das Hin- und Herrangieren dauerte noch mindestens eine halbe Stunde, bis der Wohnwagen endlich so stand, wie er sollte, und das Auto mit der Schnauze in Richtung Ausfahrt wies.
Als Papa ausstieg, war er verschwitzt und äußerst schlecht gelaunt.
Ich dachte an Lucas, der jetzt in einem schicken Beach-Resort irgendwo auf Bali in einem Liegestuhl lag. Sein Vater steckte der Schönheit, die ihm ein Getränk mit Palmenstrohhalm drin servierte, lässig einen Schein zu.
»Geschafft«, sagte Karli. »Jetzt können wir ja an den See gehen.«
»Prima!«, rief ich. »Ich hole mal schnell die Liegematten.«
»Ich glaube, ich höre nicht richtig«, sagte Papa. »Bevor hier irgendwer an den See geht, wird der Wohnwagen an Strom und Wasser angeschlossen. Außerdem müssen wir heute Abend etwas essen, das sollten wir noch einkaufen gehen. Oder wollt ihr hungrig ins Bett gehen?«
Ich hatte mich schon am See liegen und nach Mädchen Ausschau halten sehen. Wir wollten schließlich coole Jungs werden.
Aber was sollten wir machen. Wir halfen also Papa, den Wohnwagen anzuschließen. Er hatte keine Ahnung, wie man so etwas macht, keiner von uns hatte das, und so dauerte es ein bisschen, bis alles funktionierte. Als wir endlich einkaufen gehen konnten, war es schon nach acht Uhr. Zum Glück sind in Frankreich die großen Supermärkte bis um neun geöffnet.
Papa war nun wieder deutlich besser gelaunt und ließ Karli und mich aussuchen, was wir essen wollten. Wir entschieden uns für Ravioli. Papa kaufte fünf große Dosen und Karli und ich durften sogar noch einen Nachtisch wählen.
»Hier«, sagte ich und nahm eine Schokoladeneispackung aus der Gefriertruhe.
Auf der Abbildung sah man große Eiskugeln mit dicken Schokostückchen drin. Mir lief schon das Wasser im Mund zusammen. Papa nahm mir die Packung aus der Hand und legte sie anstandslos in den Einkaufswagen.
An der Kasse mussten wir eine Ewigkeit warten. Vor uns standen bestimmt zehn Leute mit vollen Einkaufswagen und die meisten Leute hatten Kinder dabei. Eines war gerade damit beschäftigt, das Süßwarenregal an der Kasse auszuräumen. Die Mutter fand das nicht komisch und redete auf das Kind ein. Dahinter stand ein Typ, der aussah wie aus einem Surferkatalog. Wir konnten ihn nur von hinten sehen, aber er hatte ein Stirnband um die Hawaiifrisur geschlungen und stand so breitbeinig und lässig da, wie wir es von den Fabs kannten.
»Solche Typen gibt’s echt überall«, flüsterte ich Karli zu. »Und überall sehen sie gleich aus«, seufzte Karli zurück.
Das stimmte. Das T-Shirt war, dem Aufdruck nach zu schließen, von der gleichen Firma wie Lucas’ Klamotten, und die Frisur war eins zu eins die gleiche.
Man hätte den Typen glatt für Lucas halten können, wenn wir nicht gewusst hätten, dass er niemals seine Ferien auf einem Campingplatz verbringen würde. Der saß j etzt in irgendeinem schicken Restaurant auf Bali und sein Vater bestellte lässig das beste Essen, während wir Dosenravioli auf dem Gasherd warm machen würden. Es schien so, als ob Karli und ich selbst im Urlaub zu den uncoolsten Jungs gehörten.
Als wir endlich an der Reihe waren, hatte ich gute Lust, wie das kleine Kind eben das Süßwarenregal auszuräumen, so schlecht gelaunt war ich plötzlich. Aber Papa kam mir zuvor.
»Pfefferminzbonbons oder Schokokugeln?«, fragte er und zeigte aufs Süßwarenregal.
»Äh«, sagte ich.
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