Der Tag an dem ich cool wurde
Ausschlagkriegen.«
Seufzend setzten wir uns wieder in Bewegung.
Zuerst kamen wir am Ausgang vorbei und dann ging es über einen Schotterfahrweg durch ein paar Felder.
»So lang war der Weg gestern doch gar nicht«, sagte Karli nach einer Weile.
»Gestern sind wir ihn auch gefahren«, sagte ich und kickte einen Stein zur Seite.
Dieser Urlaub entwickelte sich mehr und mehr in eine Richtung, die mir überhaupt nicht gefiel. Ich begann zu schwitzen. Zu Hause musste ich nie so weit laufen und langsam wurden mir die Beine schwer. Ich starrte schlecht gelaunt auf den Boden.
»Guck mal«, sagte Karli.
Uns kamen zwei Mädchen auf Fahrrädern entgegen. Die eine hatte lange blonde Haare, die andere einen dunklen Pferdeschwanz. Beide waren ziemlich hübsch.
»Die Blonde ist gut«, sagte Karli und grinste.
»Nee, die mit den dunklen Haaren ist besser«, sagte ich und grinste auch.
Als die Mädchen näher kamen, sahen wir, dass an ihren Lenkern große Brötchentüten hingen.
»Hey«, piepste Karli, »die wissen, wo es Brötchen gibt!«
»Du willst die fragen?«, sagte ich erschrocken. »So welche wie die kann man nicht ansprechen, die kann man nur angucken.«
Karlis Ohren schauten unter seinen Haarbüscheln hervor. »Im Urlaub kleb ich mir die Ohren nicht an«, hatte er schon zu Hause beschlossen. »Das Zeug hält eh nicht im Wasser.« Und wie ich aussah, konnte ich mir nur zu gut vorstellen. Ich war verschwitzt, die Brille rutschte und sicher hatte ich vor Anstrengung ein rotes Gesicht. Ein ganz passables Gesicht, aber rot, mit ganz hübschen blauen Augen, die aber hinter den dicken Gläsern verschwanden.
Wir sahen beide nicht so aus, wie man auszusehen hat, wenn man solche Mädchen ansprechen will.
Andererseits waren wir mittlerweile so hungrig, dass wir uns nicht erlauben konnten, nachher irgendwo falsch abzubiegen. Länger konnten wir nicht überlegen, die Mädchen waren schon fast auf gleicher Höhe mit uns.
»Un moment, s’il vous plait«, rief ich und wedelte mit den Armen. Das war so ziemlich das Einzige, was ich auf Französisch sagen konnte. Es heißt so viel wie: »Einen Moment, bitte.« Was ich machen sollte, wenn ich eine französische Antwort bekam, wusste ich allerdings nicht.
Die Reifen ratschten auf dem Schotter und ein bisschen Staub wirbelte auf. Die Mädchen guckten uns misstrauisch an. Die mit den dunklen Haaren war wirklich nach meinem Geschmack.
Karli sah die Blonde an. Seine Ohren glühten.
»Was will denn der?«, fragte die Blonde ihre Freundin. »Keine Ahnung«, sagte die.
Karli schluckte und machte den Mund auf, aber es kam nichts heraus. Er machte den Mund wieder zu und sah mich panisch an.
»Äh«, sagte ich. »Wir sollen Brötchen kaufen. Wo müssen wir denn lang?«
Wozu, dachte ich. Ich hatte noch nie ein Mädchen angesprochen und dafür kam der Satz ganz cool aus mir herausgeschossen.
Ich versuchte, so gelangweilt auszusehen wie Lucas, wenn er mit Aline spricht, einer seiner tausend Verehrerinnen. »Einfach den Weg weiter«, sagte Karlis Favoritin, »an der ersten Kreuzung nach rechts, dann kommt ihr auf die richtige Straße. An der zweiten Kreuzung geht’s hinter der Tankstelle nach links, dann kommt ihr in den Ort, und dann müsst ihr geradeaus gehen, bis ihr zur Kirche kommt. Da geht ihr nach rechts und dann weiter geradeaus, bis ihr zur Bäckerei kommt.«
»Ah, bis zur Bäckerei«, sagte ich.
Sehr intelligenter Spruch, Martin, dachte ich. Glückwunsch. »Bäckerei heißt hier Boulangerie«, sagte die Dunkelhaarige. Die war echt schön. Und guckte mich an. Huargh.
»Danke«, brachte ich heraus.
Karli stand immer noch stumm da. Seine Ohren hatten mittlerweile die Leuchtkraft einer roten Ampel erreicht.
»Habt ihr keine Fahrräder?«, fragte die Blonde. »Zu Fuß dauert das noch ewig!«
»Nö«, sagte ich. »Wir laufen lieber.«
»Tja«, sagte die Dunkelhaarige mit dem Pferdeschwanz. »Pech für euch!«
Beide kicherten albern. Die mit dem Pferdeschwanz stieg wieder auf ihr Rad.
»Komm«, sagte sie zu der Blonden, »ich hab mächtig Kohldampf.«
»Genau«, sagte die. »Wir fahren jetzt schön frühstücken. Tschüs! Und viel Spaß noch!«
Sie kicherten wieder.
Und weg waren sie.
Karli sagte immer noch nichts und schaute den beiden nach. »Wow«, sagte ich.
Endlich drehte Karli sich wieder um.
»Du hast sie angesprochen«, sagte er.
»Musste ich ja«, sagte ich. »Du hast nur rumgestanden und komisch geguckt!«
»Ich kann doch nicht mit denen reden«, sagte
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