Der Tag an dem ich cool wurde
war ganz überrascht, als wir ihm sagten, dass wir heute bei unseren neuen Bekannten essen würden.
»Aha«, sagte er. »Wer ist das denn?«
Wir erzählten ihm, wie wir die Jungs und ihre Familie kennengelernt hatten.
»Na, von mir aus«, sagte Papa. »Obwohl ich ja eigentlich vorhatte, heute zur Feier des Tages mit euch essen zu gehen.«
Er deutete auf seinen Arm. Ein Verband lugte unter dem T-Shirt hervor.
Richtig! Papa hatte heute seinen ersten Termin bei der Hautärztin gehabt, um das Rosi-Tattoo entfernen zu lassen.
»Ah«, sagte ich und »Oh«, sagte Karli.
Begeistert waren wir aber nicht, jetzt, wo wir die Aussicht auf einen Abend mit zwei Supermusikern und zwei Supermädchen hatten. Wahrscheinlich sah Papa das an unseren Gesichtern. Er seufzte.
»Also gut, los mit euch! Und viel Spaß!«
...5: Ein schöner Familienabend und ein weniger schöner
Ja, Spaß hatten wir. Es war richtig gemütlich, mit so vielen Leuten an einem Tisch zu sitzen. Da waren Luna und Stella und Benedikt und Julius, der Vater und die Mutter und obendrein noch ein anderer Bruder namens Justus. Es gab noch einen kleinen Bruder, der war aber nicht da, weil er bei einem Urlaubsfreund zu Abend aß. Der Hund Snatch, ein großer Labrador, saß die ganze Zeit neben mir und schaute mir beim Pizzaessen zu.
Wir hatten geholfen, Lampions aufzuhängen, und in der Wiese steckten ein paar Fackeln. Von den anderen Grundstücken hörte man Gelächter und Geschirrgeklapper. Ich dachte wieder daran, wie schade es war, dass Mama nicht mitgekommen war. Sie rief zwar jeden Abend an, aber es war doch nicht dasselbe. Morgen würde ich ihr aber erzählen können, dass Rosi schon die erste Ration mit dem Laser abbekommen hatte und in ein paar Wochen kaum noch zu sehen sein würde. Vielleicht würde Papa ja Mama am Telefon davon erzählen und sie wartete schon auf uns, wenn wir zurückkamen?
Unsere neuen Freunde waren aber so lustig, dass ich mich nur so lange in Grübeleien verlieren konnte, wie das gefräßige Schweigen herrschte. Als die ersten Pizzastücke verschlungen waren, begann ein ordentliches Tohuwabohu. Jeder wollte erzählen, wie sein Tag gewesen war, Karli und ich mussten Luna und Stella erklären, wie wir ihre Brüder Julius und Benedikt kennengelernt hatten, und dann fragten wir uns alle gegenseitig aus, woher wir denn eigentlich kämen, und da gab es die erste Überraschung: Die Familie Sonnenfeld kam aus derselben Stadt wie wir!
»Auf welche Schule geht ihr denn?«, fragte ich Luna und Stella.
»Marie-Luise-Kaschnitz-Gesamtschule«, antwortete Luna mit vollem Mund. »Nach den Ferien kommen wir in die sechste Klasse. Und ihr?«
»Ludwig-Erhard-Gymnasium«, sagte ich. »Nach den Ferien in die siebte.«
»Nee, echt?«, sagte Benedikt. »Ist ja lustig. Ich bin auch auf dem Ludwig-Erhard! Ich komme nach den Ferien in die Zehnte.«
Wir fingen an, uns über unsere Lehrer zu unterhalten. Den fiesen Lemmel und die strenge Mork hatte er auch im letzten Schuljahr gehabt.
Es war ganz leicht, mit den anderen zu reden. Zum ersten Mal seit Langem fühlte ich mich nicht wie ein Freak.
Als wir uns auf den Heimweg machten, waren wir in Hochstimmung. Es war immer noch schön warm, von überall her hörte man Gespräche und Gelächter, Grillen zirpten, und ich fühlte mich zum ersten Mal seit Ewigkeiten richtig wohl.
Kein Wunder, wenn man gerade vom schönsten Mädchen der Welt gehört hat, dass man cool ist.
»Irgendwas ist anders«, hatte Luna gemurmelt und den Kopf zur Seite gelegt und mich betrachtet.
»Ich hab jetzt Kontaktlinsen«, hatte ich gesagt.
»Stimmt, das ist es. Cool.«
Mehr hatte Luna nicht gesagt, aber das reichte mir absolut. Ich sah cool aus.
Ich war cool.
Ich, Martin Ebermann.
Karli hatte auch ein Dauergrinsen im Gesicht, seit Stella ihm gesagt hatte, er habe großartig gesungen.
»Hat geklungen wie auf einer CD«, hatte sie gesagt.
Tja, hier gingen wir also nun, der gigantische Sänger Karli und ich, der coole Typ mit den blauen Augen.
»Karli«, sagte ich. »Dieser Urlaub ist bombastisch. Wir werden cool!«
»Und die zwei schönsten Mädchen des ganzen Campingplatzes mögen uns«, sagte Karli und schüttelte den Kopf. »Nicht zu fassen.«
Außerdem...
...saß meine Hose ein bisschen lockerer als vor dem Urlaub,
...hatten wir zwei Jungs kennengelernt, die uns zu sensationellen Musikern machen würden (zumindest fast),
...war Papa auf dem besten Weg, Mama zurückzubekommen,
...würden wir dafür sorgen, dass
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