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Der Tag an dem ich cool wurde

Der Tag an dem ich cool wurde

Titel: Der Tag an dem ich cool wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juma Kliebenstein
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Young auf der Bühne sitzen sehen?«
    Angus Young ist der weitbeste Gitarrist, von AC/DC.
    Karli grinste. »Nee«, sagte er. »Der rennt sogar rum beim Spielen. So.«
    Er hüpfte auf einem Bein durch den Wohnwagen und spielte Luftgitarre.
    Ich schaute auf meine Hand, die noch nicht mal richtig den Griff umfassen konnte.
    Karli setzte sich neben mich und schlug das Übungsbuch auf.
    Wir entschieden uns für den ersten Akkord, a-Moll. Das sah ziemlich einfach aus.
    War es aber nicht. Wie auch immer ich meine Finger auf die Kunststoffsaiten drückte, entweder rutschte ich ab oder kriegte die Dinger nicht richtig fest runtergedrückt. Wenn ich mit der rechten Hand die Saiten anschlug, klang es, als wäre man aus Versehen einer Katze auf den Schwanz getreten.
    »Hm«, sagte Karli. »Wir versuchen es vielleicht mal hiermit.« Er deutete auf einen D-Dur-Akkord.
    Der klang nach einem schreienden Baby.
    Egal welchen Akkord wir uns aussuchten, es funktionierte überhaupt nichts.
    »Was für eine bescheuerte Idee!«, rief ich und schubste die Gitarre auf Papas Bett. »So kriegen wir nie unseren MP3-Player zurück!«
    »Ich fürchte, so klappt es wirklich nicht«, seufzte Karli.
    Er schnappte sich die Gitarre und versuchte selbst, diesem Mistding vernünftige Töne zu entlocken, aber auch er hatte keine Chance.
    »Wir könnten ja für heute erst mal was anderes versuchen«, schlug ich vor. Vielleicht würde es morgen mit dem Gitarrespielen besser klappen.
    Es gab auch noch genug anderes zur Auswahl auf Papas Aufgabenzettel.
    Heute Morgen, in der Zeit, wo wir offiziell Brötchen kaufen waren, hatten wir uns an den See verzogen, um zu üben, wie man balanciert. Wir sollten nämlich dreißig Schritte auf einem Mäuerchen machen und fünf Bäume bestimmen und Feuer machen können, um die Nintendos zurückzubekommen. Unten am See gab es an einer Stelle des Ufers eine Mauer, die den Hafenbereich vom Schwimmteil abtrennte, und da waren wir eine halbe Stunde lang wie die Kraniche auf der Mauer unterwegs gewesen. Die andere halbe Stunde hatten wir gebraucht, um uns trocknen zu lassen. Natürlich waren wir beide ins Wasser gefallen, aber immerhin war das mit den Kontaktlinsen ja jetzt kein Problem mehr für mich. Blieben noch Bäume bestimmen und Feuer machen.
    Karli und ich entschieden uns für das Baumbestimmungsbuch und machten uns auf den Weg zu unserem Wäldchen. Fünf verschiedene Bäume zu finden, war nicht schwer, aber herauszubekommen, wie sie hießen, schon. So was hatte ich zuletzt in der Grundschule gemacht, und das ist ja nun schon eine Weile her. Und zu erkennen, ob die Blätter mehrständig sind oder einständig und so was, also, das war eine echte Herausforderung.
    »Ich hoffe nur, wir kriegen nachher endlich unsere Nintendos«, sagte ich. »Ich laufe nicht noch mal wie ein Storch auf einer Mauer rum, und hier im Wald rumzustehen, wenn alle am See sind, ist Folter!«
    »Und es ist so was von uncool«, sagte Karli. »Lass mal sehen, was wir bisher geschafft haben.«
    Er zog zwei Zettel aus der Hosentasche.
    Einer war Papas Aufgabenliste.
    Der andere war unsere Liste. Die, auf der wir aufgeschrieben hatten, wie wir cool werden wollten.

    Schwimmen, Kopfsprung, Hip-Hop-Musik hören, Hip-Hop-Texte lernen, coole Klamotten kaufen, lässig schlendern lernen, Mädchen anmachen

    stand darauf.
    »Na ja«, sagte ich. »Musik hören können wir immer noch nicht. Den Kopfsprung muss ich noch üben. Und statt Hip-Hop-Texten kann ich Hoch auf dem gelben Wagen singen. Alle Strophen.«
    »Aber dafür hast du jetzt eine coole Badehose«, sagte Karli. »Und Kontaktlinsen. Und immerhin haben wir Mädchen angesprochen.«
    »Die haben gesagt, wir sehen aus wie typische Computerfreaks«, sagte ich. »Das ist nicht cool.«
    »Wir können ja auf dem Rückweg üben, lässig zu schlendern«, schlug Karli vor. »Wir sollten los. Hier im Wald können wir Cool-sein-Üben vergessen. Und wir sollten noch den Brief für Lucas schreiben!«
    Wir hatten Lucas seit dem ersten Mal am Strand bisher nicht mehr gesehen, aber wir wollten vorbereitet sein, wenn wir ihn wieder irgendwo entdeckten. Wir konnten es kaum abwarten, seinen blöden Gesichtsausdruck zu sehen, wenn er den Brief las.
    »Ja, nichts wie raus hier!«, sagte ich.
    Ich sagte nicht, dass mir das Balancieren richtig Spaß gemacht hatte. Und die Blättersammlerei, die hätte ich zwar nicht gebraucht, aber es roch gut im Wald, und es hatte was von Abenteuer, hier fernab vom überfüllten Campingplatz

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