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Der Tag an dem ich erwachte

Der Tag an dem ich erwachte

Titel: Der Tag an dem ich erwachte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilia Miller
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beide herzhaft und ich merkte, dass ich Alice immer mehr in mein Herz schloss. Avie wäre bestimmt eifersüchtig. Oh, Ava… Und Stanley. „Ich muss zu Hause anrufen!“, sagte ich wie ein schuldbewusster Teenager, der länger als erlaubt auf einer Party blieb. Noch ehe ich den Satz zu Ende sprach, wurde ich mir der Situationskomik bewusst. Denn mein Zuhause war nun hier. Es fühlte sich noch fremd an, doch es würde sich bald ändern. Dennoch sehnte ich mich fast zurück. Was ist nur mit dir los, fragte ich mich verblüfft. Ich schob meine Verwirrung auf die Tatsache, dass Ryan noch nicht da war. Als Alice mir nach und nach das Haus zeigte, nahm mein Unbehagen zu: Es war das Haus eines Fremden. Im Gegensatz zu meinem geliebten Hexenhäuschen, in dem ich die schönsten Wochen meines Lebens verbrachte, war es kalt. Regelrecht ungemütlich. Alice hatte schon wieder meine Gedanken gelesen.
    „Was hier fehlt, ist die Handschrift einer Frau“, stellte sie fest. „Aber das wirst du bestimmt schnell ändern.“
    „So schnell es geht“, stimmte ich ihr energisch zu, denn ich fühlte mich überhaupt nicht wohl.
    „Hat Ryan einen Innenarchitekten beauftragt?“, fragte ich, als ich immer noch nicht glauben konnte, dass Ryan sich selbst für diese Einrichtung entschieden hatte, die einem alten Schwarzweißfilm zu entstammen schien: Überall nur schwarz, weiß oder grau. Der einzige Farbfleck war Alice’ s grässliches Gemälde an der Wand.
    „Gefällt es dir?“, fragte sie hoffnungsvoll, als sie merkte, dass ich es betrachtete.
    „Ich liebe es!“, log ich, und sie strahlte über beide Ohren.
    „Dann weiß ich, was ich dir zur Hochzeit schenke!“
    Bitte nicht noch eins davon, dachte ich und lächelte gequält, was Alice als Vorfreude interpretierte. Plötzlich wurde mir klar, dass es nicht die Einrichtung an sich war, die mir ein derartiges Unbehagen bereitete. Vielmehr war es die Tatsache, dass ich Ryan anscheinend doch nicht so gut kannte, wie ich dachte.
    „Ein Innenarchitekt?“, kam Alice auf meine Frage zurück und lachte: „Aber nein, Ryan richtet seine Häuser immer selbst ein.“
    „Seine Häuser ?“, wiederholte ich ungläubig. „Hat er denn noch mehr davon?“
    „Ja, in letzter Zeit hat er es sich zum Hobby gemacht, Immobilien zu kaufen“, erzählte mir Alice, die Edelprostituierte, die beste Freundin des Mannes, den ich bald heiraten wollte. Die so viel mehr als ich über ihn wusste, dass es schon beinahe grotesk war. „Wenn du mich fragst, hat ihm einfach nur eine Frau an seiner Seite gefehlt“, sagte sie, „deswegen hat er sich mit allen möglichen Dingen von seiner Einsamkeit abgelenkt.“ Tja, ich frage dich aber nicht, dachte ich und wunderte mich über die plötzliche Feindseligkeit, die ich für sie hegte. Es überkam mich ein eigenartiges Gefühl. Auf einmal wollte ich einfach nur weg. Raus aus diesem kalten, sterilen Haus, das mich unangenehm an ein Krankenhaus erinnerte. Unangenehm . Alles war mir nur noch unangenehm. Sogar Alice’ s Gesellschaft. Dennoch fühlte ich mich nicht viel besser, eher schlechter, als sie sich kurz darauf verabschiedete.
    „Ich muss dich jetzt leider verlassen, Häschen“, entschuldigte sie sich. „Ich hab e heute Abend einen Auftrag, ein Stammkunde…“, erklärte sie mir und seufzte: „Ich glaub, ich sollte mit dem Geschäft aufhören, ich habe langsam die Schnauze voll. Wenn alles gut läuft, kann ich bald nur von meiner Kunst leben. Drück mir die Daumen, Süße!“ Als sie endlich ging, starrte ich ihr Kunstwerk an der Wand an und schüttelte skeptisch mit dem Kopf. Aber, wie Alice selbst so schön sagte, starb die Hoffnung zuletzt. Ich sah nervös auf die Uhr. Wann würde er kommen? Selbst ein sehr langer Arbeitstag kam irgendwann zu Ende. Ich tat mein Bestes, um mein Unbehagen zu verscheuchen. Lenkte mich davon ab, indem ich meine Sachen auspackte und sie in Ryans geräumigen Schränken verstaute. Danach ging ich in die Küche und inspizierte den Inhalt von Ryans Kühlschrank. Stellte erfreut fest, dass er genauso prall gefüllt war wie sein kleiner Bruder in dem Hexenhäuschen. Wenigstens hier gab es keine großen Unterschiede. Ich zauberte ein relativ einfaches, dennoch schmackhaftes Abendessen für Ryan: Wenn er endlich nach Hause kommt, wird er sicherlich hungrig sein. Sah aus dem Fenster und erlebte ein Déjá-vu. Draußen war es bereits dunkel, und von Ryan fehlte nach wie vor jede Spur. Ich vermisste Ava. Also rief ich bei ihr zu Hause

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