Der Tag an dem ich erwachte
Ich vermutete, dass er damit beschäftigt war, seine eigene Galatea zu erschaffen, sein Lebenswerk, und, spätestens, als du genau dieses Wort fallen lassen hast, wusste ich es mit hundertprozentiger Sicherheit. Und liebte dich noch mehr. Du bist die einzige Verbindung zwischen mir und meinem Vater, die sogar über seinen Tod hinausgeht. Als du von den Methoden berichtetest, die er zu deiner Erschaffung benutze, fühlte ich mich zeitweise regelrecht davon abgestoßen und hegte sogar feindliche Gefühle für ihn. Doch tief in mir drin bewunderte ich ihn dafür, und dann hasste ich dich für diesen Zwiespalt, in den du mich gebracht hattest. Dieser Hass entfachte meine Liebe zu dir umso mehr. Verstehst du es, Holly? Ich weiß, dass du es verstehst. Natürlich hätte ich nie im Leben damit gerechnet, wie weit er bei deiner Erschaffung tatsächlich gehen würde. Dass er im wahrsten Sinne des Wortes einen vollkommen neuen Menschen kreieren würde. Dabei hätte ich mir darüber im Klaren sein müssen, dass er sich mit nichts anderem begnügt hätte. Er war ein Perfektionist, genau wie ich. Um Dimensionen größer, genialer und wagemutiger als der Rest der Menschheit. Ein Gott eben.“ Ryan strahlte. Das war das Lächeln eines Psychopathen, das mir Gänsehaut einjagte. Gleichzeitig wunderte ich mich, dass mir überhaupt noch irgendetwas eine Gänsehaut einjagen konnte. Wie konnte ich diesen Mann jemals lieben? Wie konnte ich die körperliche Liebe mit ihm genießen? Als hätte er meine Gedanken gelesen, huschte sein Blick gierig über meinen Körper, und ich zuckte zusammen in Erwartung neuer, grauenvoller Schmerzen. Plötzlich trübte sich sein Blick. „Oh, Holly“, hauchte er entsetzt, „was habe ich dir angetan?“ Er sah sich in dem Keller um, nahm den Anblick in sich auf, so intensiv und voller Abscheu, als wäre er nur ein passiver Beobachter, der nichts mit alldem zu tun hatte. Er schien erst jetzt den widerlichen Gestank wahrzunehmen, denn er hielt sich den Mund zu und würgte heftig. Danach sah er wieder mich an und wirkte aufrichtig betroffen. „Es tut mir so leid, Liebling!“, schluchzte er. „Mein armer, armer Liebling! Ich werde dich jetzt sauber machen.“ Er ging und kehrte zurück mit zwei Eimern mit warmem Wasser, Seife, Shampoo und mehreren Waschlappen. Er säuberte meinen Körper, dabei ging er sehr behutsam vor. Verarztete meine Wunden, legte kalte Kompressen auf meine Prellungen. Kämmte meine frisch gewaschenen Haare. Ich blieb still und unbeweglich in seinen Armen, wie eine leblose Puppe. Genauso fühlte ich mich. Danach brachte er den vollen Eimer samt seinem ekelhaften Inhalt endlich weg und brachte mir einen neuen, leeren. Machte den ganzen Keller sauber, brachte mir zwei Decken und ein weiches Kissen. Wiegte mich in seinen Armen, flüsterte mir liebevolle, zärtliche Worte zu, bat mich demütigst um Verzeihung und weinte. „Ich liebe dich, mein süßes Mädchen, meine kleine Holly!“, beteuerte er immer und immer wieder, „ich werde dir nie wieder wehtun, das schwöre ich!“ Plötzlich spürte ich, wie sein Körper sich verkrampfte. Er sprang hoch und ließ mich unsanft auf den Boden fallen. Starrte mich voller Wut an, spuckte auf mich und trat mich mit den Füßen. Schlug mir einen weiteren Zahn aus. „Ist dir klar, was du mir angetan hast, du dreckige Schwuchtel?“, schrie er mich an. „Du hast mich zu einer Schwuchtel gemacht, du hinterhältiges Biest! Schon zum zweiten Mal werde ich zu einer verdammten, erbärmlichen Schwuchtel gemacht! Ich bin keine Schwuchtel, ich bin ein Mann, ich bin ein Gott, ich bin der Sohn meines Vaters! Du hast ihn getötet, du widerliches… Etwas!“ Danach sank er vor mir auf die Knie und weinte bitterlich. „Verzeih mir, Liebling, verzeih mir meine Schwäche!“ Er küsste meinen blutenden Mund und liebkoste meinen zerschundenen Körper. „Ich liebe dich, du bist das Licht meines Lebens!“ Als er mich fest an sich drückte, merkte ich voller Abscheu, dass er eine Erektion hatte. Als er sich in mein wundes Fleisch rammte, blieb ich stumm. Ich hatte mich bereits so an die Schmerzen gewöhnt, dass ich sie kaum noch wahrnahm. So ging es den ganzen Tag weiter, wobei ich nicht wirklich wusste, ob es nur ein Tag, eine Woche oder ein Monat war. Die Zeit hörte auf zu existieren. Er schlug und vergewaltigte mich, beschimpfte mich, bespuckte mich, entschuldigte sich und heulte. Streichelte und küsste mich zärtlich, um mich gleich danach wieder zu foltern.
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