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Der Tag, an dem John Dillinger starb

Der Tag, an dem John Dillinger starb

Titel: Der Tag, an dem John Dillinger starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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würd ich mich ins Ausland absetzen.«
     »Okay, schicken Sie ein Telegramm nach Mexico City. Die Kollegen sollen bei den Polizeichefs der nördlichen Bezirke nachfragen, ob irgendwo ein Amerikaner mit einem weißen Chevrolet-Kabriolett gesehen worden ist. Aber sie sollen die Anfrage vertraulich behandeln. Telegrafieren Sie nur, daß der Wagen gestohlen und sein Fahrer wahrscheinlich bewaffnet und gefährlich ist.«

    8

    Die Wüste erstreckte sich in braungrauem Dunst bis zu den Bergen; die Cañons waren noch voll dunkler Schatten. Dies war die beste Stunde des Tages, in der die Luft noch kühl und klar war, bevor die Sonne das kahle Land aufheizte und sie zum Flimmern brachte.
     Dillinger, der mit Fallon auf dem Beifahrersitz am Steuer des Chevrolets saß, spürte offensichtlich sämtliche Knochen im Leib. Er fuhr nur langsam über die holperige Straße, um seine schmerzenden Gliedmaßen zu schonen – und weil Rose auf ihrem Braunen neben ihnen hertrabte.
    »Na, wie fühlst du dich?« fragte Rose.
    »Ich bin heute nicht sonderlich hübsch, fürchte ich.« Dillin­
    gers rechte Gesichtshälfte war geschwollen und purpurrot verfärbt.
     »Findest du, daß sich das gelohnt hat?«
     Er zuckte mit den Schultern. »Was lohnt sich denn über­
    haupt?«
     Sie wandte sich an Fallon. »Versucht er oft, Selbstmord zu verüben?«
     »Nur wenn er ‘nen schlechten Tag hat«, antwortete der Alte grinsend.
     Der Weg schlängelte sich durch einen Wald aus hohen Fels­ türmen und -nadeln und führte dann in einen schmalen Cañon hinein. Die Wände dieser Schlucht traten etwa auf halber Strecke zurück und bildeten einen weiten Kessel; danach rückten sie erneut zusammen und engten den Weg ein, bevor er wieder in die Ebene hinaustrat.
     Dort gabelte sich die Straße, und Rose brachte ihr Pferd zum Stehen. »Hier trennen sich unsere Wege. Ich reite geradeaus zum Bergwerk weiter. Pater Tomas ist ein paar Tage in der Siedlung, und ich habe ihm versprochen, ihm einige Medika­ mente zu bringen. Sehen wir uns später?«
     Dillinger stellte den Motor ab. »Wir sollten erst mal mitein­ ander reden, finde ich.«
     Sie warf ihm einen prüfenden Blick zu und nickte dann. »Einverstanden!«
     Der Braune schritt gemächlich weiter. Dillinger stieg aus, ging neben Rose her und ließ die rechte Hand auf dem Steig­ bügel ruhen. »Ich hoffe, daß du mich nicht für zu … na ja, daß du nicht denkst, ich sei gestern abend zu aufdringlich gewe­ sen.«
     »Durchaus nicht, solange du weißt, daß ein Kuß nicht not­ wendigerweise bedeutet, daß weitere Genüsse folgen müssen.«
     »Ich bin … na ja, einen anderen Typ Frauen gewohnt.«
    »Du wirst ja rot!«
    »Nein, ich werde nicht rot!« widersprach Dillinger scharf.
     »Vielleicht ist’s die Sonne«, meinte Rose lächelnd. Dann wurde sie wieder ernst. »Ich muß dir etwas sagen, glaub ich.«
     Dillinger spürte erneut jenen eifersüchtigen Stich. Er machte sich auf ihr Geständnis gefaßt, sie hätte ein Verhältnis mit dem Franzosen.
     »Harry … oder Johnny … oder wie du wirklich heißt«, – Rose sah zu Fallon hinüber, um sich zu vergewissern, daß er außer Hörweite war – »ich bin heute morgen als erstes im Telegrafenbüro gewesen. Die Polizei fahndet nach einem weißen Kabriolett der Marke Chevrolet.«
     »Santos oder Hernandez?«
     »Das Fahndungsersuchen ist vom FBI an sie gerichtet.«
     »Verdammt noch mal! Wer weiß davon?«
     »Bisher nur der Telegrafist. Er hat dein Auto noch nicht gese­
    hen. Aber er wird von Rivera dafür bezahlt, daß er ihm alle eingehenden Meldungen vorlegt.«
     »Gibt’s in Hermosa Polizei?«
     »Zwei ältere Beamten. Sie bekommen das Telegramm nicht zu sehen, wenn Rivera es nicht will. Warum wird nach dir gefahndet?«
     »Nicht nach mir – nach meinem Wagen. Ich muß ihn einem Alkoholschmuggler geliehen haben.«
     »Du lügst sehr charmant.« Rose klopfte ihrem leise wiehernden Pferd auf den Hals. »Gut, dann bis später! Vielleicht kann ich dann etwas auf dein armes, zerschundenes Gesicht legen.«
     »Was denn?«
     »Meine Hand«, sagte sie und galoppierte davon.

    Eine halbe Stunde später überwand das weiße Kabriolett die letzte Steigung, hinter der sich unvermutet ein weites Tal öffnete. Der Weg führte zu einer im Kolonialstil erbauten Hazienda aus braunem Sandstein hinunter.
     Die Farmgebäude wirkten geräumig und gut erhalten; auch die Zäune um die großen Koppeln wurden offenbar sorgfältig unterhalten.

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