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Der Tag, an dem John Dillinger starb

Der Tag, an dem John Dillinger starb

Titel: Der Tag, an dem John Dillinger starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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Ein Mann in Reitstiefeln, ausgebleichten Jeans und kariertem Hemd sattelte eine graue Stute. Er drehte sich um, sah zu ihnen hinauf, wobei er eine Hand über die Augen hielt, um Schatten zu haben, und ging dann zum Wohnhaus hinüber.
     Dillinger fuhr in den Hof und hielt an der breiten Steintreppe. Als er ausstieg, kam ein kleines Mädchen aus der Haustür gerannt, stolperte und verlor das Gleichgewicht. Die Kleine wäre hingefallen, wenn er nicht blitzschnell einen großen Schritt gemacht und sie aufgefangen hätte.
     Sie war etwa drei Jahre alt und trug einen blauen Reitanzug mit Samtkragen und Messingknöpfen. Sie war so zierlich, daß sie fast zerbrechlich wirkte; ihr Gesicht mit den sehr großen braunen Augen war für ein sonnendurchglühtes Land viel zu blaß.
     Dillinger stellte sie behutsam wieder auf die Füße. Im näch­ sten Augenblick kam eine Frau aus dem Haus und schloß das kleine Mädchen in die Arme. »Juanita, wie oft hab ich dir schon gesagt, daß du nicht so wild sein sollst?« Sie sah zu Dillinger auf. »Vielen Dank, Señor.«
     Sie war eine schlanke Frau mit ergrauendem Haar und einem hochgeschlossenen schwarzen Kleid. Sie trug keinen Schmuck, und ihr Gesicht hatte einen sorgenvollen Ausdruck, während ihre Augen unstet hin und her wanderten, als sei sie ständig in Angst vor etwas.
     Als Dillinger eben seinen Hut zog, erschien Rivera auf der Veranda vor der Haustür. Er blieb stehen und starrte seine Frau wortlos an, bis sie ihre kleine Tochter an der Hand nahm und ins Haus zurückhastete.
     »Ich wollte mit Ihnen zur Mine fahren«, erklärte ihm Rivera, »aber ich habe hier zunächst noch einiges zu erledigen. Rojas ist bereits dort. Er kann Sie herumführen. Ich komme später nach.«
    Er verschwand wieder im Haus.
     Schade! dachte Dillinger. Wenn ich das gewußt hätte, hätte Rose mit uns fahren können, anstatt zu reiten. Sie hätte vorn zwischen Fallon und mir sitzen können, ihre linke Hüfte an meiner rechten.
     Dillinger fuhr aus dem Hof und ließ sich von Fallon den Weg zum Goldbergwerk zeigen. Die Hitze wurde noch schlimmer. Er spürte, daß sein bereits durchgeschwitztes Hemd ihm am Rücken klebte.
     Schließlich kamen sie über den letzten Hügel und hatten einen Talboden vor sich. Dillinger hatte sein Leben lang nur selten einen trübseligeren Ort gesehen. Die Bergarbeitersied­ lung bestand aus zwanzig bis dreißig halbzerfallenen Adobe­ häusern mit je einem Misthaufen an der Stirnseite und einem offenen Latrinengraben, der durchs ganze Haus zu führen schien.
     Mitten im Dorf stand ein Ziehbrunnen, an dem eine Frau Wasser holte, als sie herankamen. Sie war hochschwanger und hatte offensichtlich kaum die Kraft, den schweren Wassereimer vom gemauerten Brunnenrand zu heben. Dillinger hielt, stellte den Motor ab und stieg aus.
      »Donde su casa?« fragte er und nahm der Indianerin den Eimer ab. Er war selbst erstaunt, daß er allein durchs Zuhören bereits einige Brocken Spanisch gelernt hatte.
     Die Schwangere zeigte wortlos auf eines der Häuser. Dillin­ ger ging vor ihr her und öffnete die Tür. Das Hausinnere bestand aus einem einzigen fensterlosen Raum. Seine Augen brauchten einige Sekunden, um sich an das Halbdunkel zu gewöhnen. Erst dann erkannte er eine alte Frau, die vor einem schwach brennenden Feuer hockte und in einem rauchge­ schwärzten Topf rührte. Einige Indianerdecken in einer Ecke des Raums dienten offenbar als Bettzeug, aber Möbelstücke fehlten völlig. Dillinger, dem von dem Gestank fast schlecht war, stellte hastig den Wassereimer ab und verschwand nach
    draußen.
     »Dieses Loch ist schlimmer als ein Schweinestall«, sagte er, als er sich wieder ans Steuer setzte. »Kümmert sich denn niemand um diese Leute?«
     »Rose tut, was sie kann«, antwortete Fallon. »Pater Tomas auch. Er ist ihr bester Freund, aber die Indianer reagieren gar nicht auf seine Bemühungen. Rivera läßt die Männer vierzehn bis fünfzehn Stunden pro Tag schuften. Danach sind sie so erledigt, daß ihnen alles gleichgültig ist.«
     Dillinger bremste und hielt, als er Roses Pferd vor einem Haus am anderen Ende des Dorfes neben einem einfachen Maultierkarren angebunden sah.
     »Ist das Bergwerk weit von hier?«
     »Gleich dort vorn hinter den Felsen«, antwortete der Alte. »Drei- bis vierhundert Meter.«
     »Gut, geh schon mal voraus. Ich komme später nach.«
     Fallon stieg aus und marschierte den Weg entlang weiter. Als
    Dillinger sich der Tür der Hütte

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