Der Tag, an dem John Dillinger starb
festsaß.
»Verdammt noch mal!« knurrte Villa. »Das Pferd ist tot!«
»Nicht so voreilig!« protestierte Dillinger. Er ließ sich auf Hände und Knie nieder, um die Panne zu begutachten. Dann hob er den Kopf. »Wenn wir das Heck mit dem Wagenheber hochkurbeln und zu dritt kräftig schieben, müßte der Chevvy eigentlich freikommen.«
Diese Lösung war so lächerlich einfach, daß Rose vor Er leichterung laut auflachte.
Dillinger holte den Wagenheber aus dem Kofferraum und stellte ihn unter den freien Teil der Hinterachse. Villa begann zu pumpen. Das Heck des Chevrolets hob sich allmählich.
»Okay«, sagte Dillinger, »jetzt können wir’s versuchen.«
Rose und die beiden Männer mußten ihre ganze Kraft auf
wenden, damit der Wagen sich in Bewegung setzte. Einige Sekunden lang schien das Kabriolett eher zurückzurollen; dann kippte der Wagenheber nach vorn, und der Chevvy kam frei.
Dillinger nahm das Reserverad ab, und der Radwechsel dau
erte nur einige Minuten.
»Los, wir müssen weiter!« drängte Dillinger.
»Noch was, mein Freund«, sagte Villa ruhig. »Ich kenne Rivera schon seit langem. Selbst wenn wir in dieser Sache Erfolg haben, schickt er mich ins Gefängnis zurück, wo mir die Hinrichtung droht.«
»Und was wird aus mir?« fragte Dillinger.
»Meiner Ansicht nach tätest du gut daran, ihm nicht den Rücken zuzukehren.«
Sie stiegen wieder ein. »Warum reißt du nicht aus, solange dich niemand daran hindert?« wollte Dillinger von dem Mexi kaner wissen.
»Weil ich an die Kleine denke. Weil ich im Gegensatz zu Rivera ein Mann bin«, sagte Villa einfach. »Das gilt auch für dich, glaub ich.«
Dillinger lächelte. Weil er wußte, daß Rose zugehört hatte, bestätigte er: »Nur was wir von uns selbst denken, ist wichtig.«
Er drückte auf den Anlaßknopf, fuhr davon und sang dabei einen amerikanischen Schlager, der ihn an Zuhause erinnerte.
16
Dillinger wartete mit der schußbereiten Thompson neben dem Chevrolet auf Villas Rückkehr. Über ihm polterten losgetretene Steine, dann brach der Mexikaner so geräuschvoll durchs Unterholz, daß Rose, die auf dem Rücksitz eingenickt war, mit einem leisen Schrei aufschrak.
»Niemand da!« berichtete Villa triumphierend. »Wir sind allen anderen zuvorgekommen, amigo .«
»Wunderbar«, sagte Dillinger. »Aber was passiert, wenn Ortiz und seine Leute zuerst ankommen? Schlechte Aussichten für uns zwei.«
»Für uns drei«, warf Rose ein.
»Richtig, aber die einzige Quelle befindet sich in der Kapel
le«, antwortete Villa. »Sie brauchen Wasser, bevor sie sich in die Wüste hinauswagen können. Wenn wir drinnen und sie draußen sind …« Er zuckte mit den Schultern.
»Okay, aber was wird aus meinem Auto?«
Villa warf einen vielsagenden Blick auf die Steilwände des ehemaligen Bachbetts, in dem sie sich befanden. »Wir lassen es hier und legen den Rest des Weges zu Fuß zurück.«
»Kommt nicht in Frage!« wehrte Dillinger ab. »Wenn die Apachen meinen Wagen finden, stecken sie ihn in Brand oder trampeln darauf herum. Ich will dieses Auto behalten, verstehst du? Ich liebe es!«
Rose war um die nächste Biegung vorausgegangen. »He, Autoliebhaber!« rief sie von dort. »Sieh dir das an!«
Villa folgte Dillinger um die Biegung bis zu der Stelle, wo sich zwischen Felsblöcken eine auf natürliche Weise entstan dene Nische befand. »Du kannst deinen Liebling hier reinfah ren«, schlug Rose vor. »Wenn du ihn mit ein paar Zweigen abdeckst, sehen sie ihn überhaupt nicht – falls er sich nicht durch seinen Benzingestank verrät.«
Die beiden Männer stimmten darin überein, daß dies ein geradezu ideales Versteck sei. Dillinger küßte Rose impulsiv auf die Wange. »Wenn wir euch Frauen nicht hätten!«
Dillinger fuhr den Chevrolet so weit wie irgend möglich in die Nische hinein, und danach machten sie sich zu dritt wie Kinder daran, ihn mit Buschwerk und abgerissenen Zweigen zu überhäufen, bis er fast nicht mehr zu sehen war.
»Kommt, wir müssen weiter«, drängte Dillinger schließlich.
»Unser Anführer führt wieder mal«, sagte Rose zu Villa.
»Hört zu, das ist mein Ernst«, erklärte Dillinger ihnen. »Wir dürfen uns nicht hier draußen erwischen lassen. Zu dritt haben wir gegen Ortiz und seine Leute keine Chance.«
Nach mühsamem Aufstieg durch Busch und über Geröll erreichten sie endlich den Rand eines kleinen Plateaus. Dillin ger seufzte
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