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Der Tag, an dem John Dillinger starb

Der Tag, an dem John Dillinger starb

Titel: Der Tag, an dem John Dillinger starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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erleichtert auf, als dort die Kapelle vor ihnen auftauchte.
     Der kleine massive Steinbau stand dicht am Rand des Pla­ teaus mit etwa 22 Meter Durchmesser und umrahmt von einigen wenigen verkümmerten Kiefern und einem Dickicht aus Gänsefuß und Mesquite.
     Die Kapelle selbst war aus Granit erbaut und hatte ein Dach aus schweren Steinplatten mit etwa sechs Meter Firsthöhe. Ihre massive Eichentür war mit Eisenbändern beschlagen; rechts und links des Portals befanden sich zwei schmale Spitzbogen­ fenster, die sich in ähnlicher Form, aber etwas verkürzt unter der Traufe wiederholten.
     Villa öffnete die Tür und betrat die Kapelle. Dillinger folgte ihm hinein. Über dem kleinen Altar mit dem Holzkreuz hing eine Laterne an einer Kette; die einzigen anderen Einrichtungs­ gegenstände waren zwei Bänke an der Rückwand zu beiden Seiten des Eingangs. Im Inneren der Kapelle herrschte eine fast feierliche Stimmung, die durch das durch die hohen Fenster in den Raum fallende blasse Morgenlicht noch unterstrichen wurde. Villa nahm seinen Hut ab und bekreuzigte sich, als er auf den Altar zuging.
     Der Brunnen bildete den Mittelpunkt der Kapelle: Er war in den mit Granitplatten belegten Boden eingelassen und mit grünlich leuchtenden, fast durchsichtig wirkenden Steinen gefaßt, deren Widerschein das Wasser färbte und der Quelle ihren Namen gab.
     Dillinger drehte sich langsam um die eigene Achse, um alles zu begutachten. Die massive Tür ließ sich von innen mit einem Querbalken sichern, und die tiefer herabreichenden Fenster hatten hölzerne Läden, die ebenfalls von innen geschlossen werden konnten.
     »Man könnte fast glauben, diese Kapelle sei bewußt so mas­ siv gebaut worden, um Belagerungen widerstehen zu können.«
     »In früheren Zeiten haben hier häufig Mulitreiber Zuflucht gesucht«, erklärte Villa ihm. »Niemand weiß, warum gerade an dieser Stelle Wasser zutage tritt – und sonst nirgends. Deshalb ist vor über zweihundert Jahren an diesem Ort die Kapelle erbaut worden.«
     Durch die Fenster auf der gegenüberliegenden Seite bot sich eine prachtvolle Aussicht. Die Kapelle stand am Rande eines Felsvorsprungs; der Talboden lag etwa dreihundert Meter tiefer, und jenseits des Tals ragte das bizarr geformte Rückgrat des Teufels auf.
     »Man könnte sich einbilden, die Felszacken seien zum Grei­ fen nahe«, meinte Dillinger.
     Villa schüttelte grinsend den Kopf. »Dazu brauchtest du verdammt lange Arme, amigo. Das sind mindestens fünfzehn Meilen. In der klaren Wüstenluft kann man sich gewaltig täuschen.«
     Sie schliefen den Schlaf des Gerechten. Als Dillinger endlich aufwachte, sah er Rose noch immer schlafen und stellte sich vor, wie es sein müßte, an einem Sonntagmorgen in einem richtigen Haus in Indiana aufzuwachen und Rose neben sich im Bett zu haben.
     Draußen war ein leichter Wind aufgekommen. Trotzdem hörte Dillinger sich nähernde Schritte. Sie machten halt, kamen noch näher und waren schon fast am Portal. Er griff nach seiner Thompson, stand lautlos auf und riß die Eichentür mit der freien Hand auf. Nachita stand mit schußbereitem Gewehr vor ihm auf der Schwelle.

    Nachita und Chavasse führten die anfangs scheuenden Pferde in die Kapelle. Als die Tiere getränkt und zwischen Brunnen und Altar an den Vorderbeinen gefesselt worden waren, schnitt der alte Apache einige Zweige aus dem Busch, benützte sie als Reisigbesen und verwischte damit rückwärts gehend ihre Fährten im Sand.
     Nachdem er die Tür hinter sich verriegelt hatte, wandte er sich an die anderen. »Wenn sie kommen, verhalten wir uns ganz still, bis sie abgesessen sind. Während ihr auf sie zielt, rufe ich sie in unserer Sprache an. Danach gehe ich hinaus, um mit Ortiz zu verhandeln, während ihr ihn und seine Männer im Visier habt.«
     »Nein, das wäre verrückt!« widersprach Rivera aufgebracht. Er gestikulierte mit beiden zu Fäusten geballten Händen. »Wir müssen versuchen, mit der ersten Salve so viele wie möglich zu erledigen. Danach können wir mit Ortiz verhandeln.«
     »Und das Kind ermorden?« fragte Nachita streng.
     »Ich hab nicht gesagt, daß auf meine Tochter geschossen werden soll!« rief Rivera aus.
     »Sie könnte versehentlich getroffen werden. Oder einer der Männer, die unverletzt geblieben sind, könnte sie dort drüben über die Felsen stoßen.« Nachita schüttelte den Kopf. »Ich bin hier, um ein Kind zu befreien, das für deine Sünden büßt. Ich bin nicht hier, um meine

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