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Der Tag, an dem meine Frau Gott spielte

Der Tag, an dem meine Frau Gott spielte

Titel: Der Tag, an dem meine Frau Gott spielte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Steen
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schwör’s dir.“
    „Aber du hast was mit der Leber.“
    „Sagt wer?“
    „Das klinische Wörterbuch im Netz, und das irrt sich nie. Du trinkst nichts, kratzt dir dauernd die Haut blutig, kommst kaum die Berge hoch … und jetzt hast du auch noch diese Xanthelasmen.“
    „Sagt wieder dein klinisches Wörterbuch, nehme ich an.“
    „Nein, diesmal war es meine Suchmaschine.“
    „Aha.“
    „So machen moderne Frauen das, wenn sie unterwegs sind und etwas über exotische Krankheiten erfahren wollen: Sie wenden sich an ihre Internet-Suchmaschine.“
    „Gehören Warzen auch zu den exotischen Krankheiten? Ich wette, ja. Was sagt deine Suchmaschine denn zu dem blauen Fleck unter meinem Arm. Ist das eine bösartige Seuche? Die Beulenpest vielleicht?“
    „Jetzt ruderst du schon wieder zurück, René. Nimm mich doch mal ernst. Rede mit mir.“
    „Mach ich doch.“
    „Aber nicht richtig.“
    „Ich unterhalte mich wirklich gern mit dir, und ich würde dir auch mit Freuden mein Herz ausschütten, wenn da was wäre. Aber da ist nichts.“
    „Du, ich bin vielleicht blöd, aber eins und eins kann ich schon noch zusammenzählen.“
    „Es ist alles in Ordnung, Claudi. Ich schwör’s dir.“
    Sie sah ihn an und seufzte.
    „Na schön“, sagte sie schließlich.
    Nachts lag sie in seinen Armen und schlief tief und ruhig, aber René konnte kein Auge zutun. Er dachte jetzt ernsthaft daran, sie zu wecken und ihr alles zu erzählen. Aber letztlich beschloß er doch, so weiterzumachen wie bisher.
    Der Abschied am nächsten Morgen war an Grausamkeit wieder nicht zu überbieten. Sie standen zwischen ihren beiden Autos, wühlten sich gegenseitig mit den Fingern in den Haaren herum und waren völlig verzweifelt. Nur dass Claudi diesmal nicht in Tränen ausbrach.
    Nun war er wirklich kurz davor, ihr all das zu sagen, was er bisher noch nicht formulieren konnte, so sehr er es auch wollte. Aber sie durfte es nicht erfahren, nie!
    „Ich hab jetzt schon Sehnsucht nach dir“, sagte er. „Ich weiß gar nicht, wie ich die nächsten Wochen und Monate ohne dich überstehen soll.“
    Da rückte Claudi ein Stück von ihm ab, machte sich steif und sagte: „Nein, du hast keine Sehnsucht nach mir, sondern nur Sehnsucht nach der Sehnsucht nach mir.“
    „Wie meinst du das?“
    „Ich bin nur ein paar Pixel auf dem Computerbildschirm für dich oder ein paar Schallwellen im Lautsprecher deines Telefons.“
    Er dachte darüber nach, dann schüttelte er den Kopf und sagte: „Nein, ich hab Sehnsucht nach dir .“
    „Aber ich bin hier, ich steh direkt vor dir, und du willst mich trotzdem nicht.“
    „Und ob ich dich will!“
    „Warum weichst du mir dann ständig aus? Und warum lässt du mich wieder nach Hause fahren? Du weißt doch, dass ich da nicht hin will.“
    René schwieg.
    „Unsere Dauer-One-Night-Stands hängen mir zum Hals heraus. Ich will nicht mehr deine heimliche Geliebte sein. Ich will es nicht mehr, hörst du?“
    Er schwieg weiter.
    „Du sagst, dass du mich vergötterst, aber du lässt mich hier betteln. Warum?“
    Er hüllte sich immer noch in Schweigen.
    „Also gut, dann hab ich eben keine Chance bei dir“, sagte sie schließlich, machte sich los und stieg in ihren Wagen. „Ich bring’s trotzdem nicht fertig, dir den Laufpass zu geben. Weil ich es nicht schaffe, mir keine Hoffnungen zu machen … Und wenn es dir eines Tages vielleicht nicht mehr so gut geht, möchte ich für dich da sein, so oder so. Ich zahl einen hohen Preis dafür, und ich werde weiter zahlen, aber ich will es nicht anders haben. Übrigens kann ich auch damit leben, dass du immer noch mit Tanja verheiratet bist. Ich konnte es bisher, und ich werde es weiter können.“
    Daraufhin fiel ihm leider nichts anderes ein, als ihren Mann zur Sprache zu bringen: „Und ich kann weiter damit leben, dass du noch mit Leo zusammenwohnst, auch wenn euer Scheidungsverfahren längst läuft.“
    Kaum war es heraus, hätte er sich am liebsten die Zunge abgebissen. Claudis Augen nahmen auch sofort einen Ausdruck an, der ihn zutiefst beunruhigte. Was es Verärgerung, Hohn, Hysterie?
    „Die Wohnungssuche in der Großstadt ist schwierig, gerade für einen Geringverdiener ohne festes Einkommen“, sagte sie.
    „Und? Was macht der Bär sonst so?“, fragte er beklommen.
    „Er brummt“, sagte sie unwirsch. „Übrigens hat er die ganze Zeit über uns Bescheid gewusst. Er hat nur nichts gesagt, weil …“
    „… weil er dich liebt und nicht verlieren will.“
    „Nein,

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