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Der Tag, an dem meine Frau Gott spielte

Der Tag, an dem meine Frau Gott spielte

Titel: Der Tag, an dem meine Frau Gott spielte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Steen
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weil er zu träge ist und am liebsten seine Ruhe hat“, sagte sie, hielt sich mit ausgestreckten Armen am Steuerrad fest und starrte ins Nichts.
    „Und was machen wir jetzt?“
    „Muss ich dir das wirklich noch sagen?“
    „Ich wäre beruhigter, wenn du’s tust.“
    „Na gut, betrachten wir doch mal die Fakten: Wir sehen uns zweimal im Jahr, wir schlafen und telefonieren miteinander, wir essen und reden … und eigentlich haben wir uns nichts, aber auch gar nichts zu sagen. Was willst du von mir, René? Warum hab ich die ganze Zeit das Gefühl, dass wir uns voneinander entfernen? Und warum sagst du nicht Sachen wie: Ohne dich mag ich nicht leben. Oder: Bleib bei mir, bitte. Ich sehne mich doch so danach.“
    Er schwieg.
    „Okay, dann ändert sich eben gar nichts “, sagte sie nach einer Weile und hielt den Blick starr geradeaus gerichtet. „Ich liebe einen verheirateten Mann und übe mich weiter in Geduld. Freuen wir uns, dass wir wenigstens diese tolle Woche hier hatten. Wie heißt es doch so schön? Das Leben ist kurz, und man muss sein Glück suchen, wo man es finden kann.“
    Es kostete René eine Riesenüberwindung, sie gehen zu lassen, aber mit viel Mühe schaffte er es. Als sie schließlich ihren Wagen startete, klammerte er sich noch ein paar Sekunden lang an der offenen Fahrertür fest und konnte es nicht fassen, dass sie jetzt wieder in ihr eigenes Leben zurückfuhr, in ihren eigenen Alltag, ihre eigenen Gewohnheiten, Ärgernisse und auch Freuden. Er wünschte, die Zeit würde stehen bleiben. Aber das tat sie leider nicht.
    Schließlich war es so weit.
    „Wir sehen uns in einem halben Jahr“, sagte Claudi. „Ich schick dir zwischendurch mal ’ne Karte.“ Dann warf sie ihm einen letzten Blick zu, schloss die Tür und fuhr weg.
    René sah ihr nach und hatte noch ihre Stimme und ihr Lachen im Ohr, seine Haut war noch warm von ihrer Nähe, seine Hände rochen noch nach ihren Haaren. Er hob sie hoch und wollte den Geruch tief in sich aufnehmen …
    Aber dann ließ er sie wieder sinken, denn er hatte plötzlich diese überwältigende Vorahnung einer Wendung oder Wandlung, und sie nahm ihn ganz und gar gefangen und ließ ihn nicht wieder los.
    Ein Vorgefühl von Leid und Verlust und gähnender Leere bedrängte ihn, und er ahnte es mehr, als dass er es wusste: Das waren die letzten schönen Tage in seinem Leben gewesen.

Kapitel 5: Vor siebeneinhalb Jahren
     
    Der Flug nach Sedona, Arizona, war genauso lang und anstrengend, wie die Haverpore -Vertriebler es befürchtet hatten. Vielleicht stürmten die meisten deshalb so schnell zum Ausgang, als der Jetliner endlich auf dem Rollfeld des Airports gelandet war. Dabei stolperten sie dauernd über ihre eigenen Füße, blieben an den Lehnen hängen und hauten den noch Sitzenden ihre Jacken, Laptoptaschen und Ellenbogen um die Ohren. Das Hickhack war unbeschreiblich.
    Blöderweise kippte dabei auch noch Claudias Tomatensaftglas um, und beim Anblick der blutroten Lache, die sich über ihren Schoß ergoss, kreischte sie urplötzlich los und konnte sich kaum wieder beruhigen. Sie wollte raus hier, nur raus hier!
    Frank hielt sie zurück und half ihr, das Malheur halbwegs zu beseitigen.
    „Wenigstens klatschen sie nicht, diese Idioten“, sagte er dann und sah die anderen Passagiere verächtlich an. „Das hat mich früher in den Urlaubsbombern immer so aufgeregt: dieser dämliche Applaus. Stellt euch das mal in der U- oder S-Bahn vor. Da sagt der Fahrer doch auch nicht: Nächster Halt: Krumme Lanke. Endstation. Alle Mann aussteigen. Und dann jubeln die Leute los.“
    „Bleib cool, Frank, nur nicht aufregen“, sagte René, der schon die ganze Zeit stocksteif  und mit schmerzverzerrtem Gesicht dasaß.
    Da kam Claudia wieder zu sich und musterte ihn. Es war ihm schon den ganzen Flug über nicht gut gegangen, aber er hatte wie üblich nicht darüber reden wollen.
    Schließlich riss sie sich von seinem Anblick los und sagte zu Frank: „Die stehen nachher noch lange genug in der Schlange, genauso wie wir.“
    Es kam auch so. Sie brauchten geschlagene zwei Stunden, ehe sie das Flughafengebäude verlassen konnten. Die Kollegen schimpften wie die Rohrspatzen, aber Claudia beachtete sie nicht, denn sie merkte, dass es René zunehmend schlechter ging. Er konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. Der kalte Schweiß brach ihm aus allen Poren, und der Schmerz schien seinen Körper förmlich zu verbrennen.
    Das fiel auch Harald auf. Irgendwann nahm er Claudia

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