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Der Tag, an dem meine Frau Gott spielte

Der Tag, an dem meine Frau Gott spielte

Titel: Der Tag, an dem meine Frau Gott spielte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Steen
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hatte sie ihn zur Rede stellen wollen, und nun machte sie schon wieder einen Rückzieher.
    „Du bist ein wundervolles Mädchen, Claudi, aber ich muss sagen: Du überraschst mich immer wieder.“
    „Du mich auch. Und nun schlaf. Wir haben morgen den ganzen Tag Schulung.“
    Von der bekamen die beiden aber kaum etwas mit. René war die ganze Zeit damit beschäftigt, seine Schmerzen zu ertragen, und Claudia machte sich die ganze Zeit Sorgen um ihm.
    In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch ging es ihm womöglich noch schlechter. Jetzt bekam er auch noch Fieber und Schüttelfrost. Wenn er nicht auf der Toilette saß und sich in Krämpfen wand, drehte er sich pausenlos im Bett herum und fand keinen Schlaf. Claudia auch nicht. Um ihn ein wenig aufzumuntern, erzählte sie ihm, dass Leo und sie jetzt kurz vor der Scheidung standen. Okay, er wohnte immer noch bei ihr, das war ein kleiner Schönheitsfehler, zugegeben. Aber damit würde bald Schluss sein, denn …
    „… letzte Woche hab ich meinem Göttergatten eine fünfstellige Umzugsprämie angeboten. Von da ab hat er sich erst richtig auf die Suche gemacht und auch eine Wohnung gefunden. In einem Monat zieht er um.“
    „Da sag noch einer, dass Frauen sich nicht zu helfen wissen“, sagte René mit einem schwachen Lächeln.
    „Für 17 Jahre Ehe erschien mir die Summe angemessen“, sagte Claudia. „Ich hab sogar bei seinem neuen Vermieter für ihn gebürgt. Kann sein, dass mich das teuer zu stehen kommt, aber das ist es mir wert.“
    Am Mittwochabend machten sich die Kollegen auf den Weg in die Stadt, und weil Claudia das Gefühl hatte, sich diesmal nicht drücken zu können, ging sie mit. Auch wenn es ihr schwerfiel, René allein im Hotelzimmer zurückzulassen.
    Die Stadtführerin, die Maike und Harald angeheuert hatten, versuchte ihnen die Vorzüge Sedonas ans Herz zu legen. Aber letztlich gab es hier nur die übliche Kollektion an Kaffeeketten, Fastfoodrestaurants und Klamottenläden wie in allen anderen amerikanischen Städten auch. Dafür wurde der Ort angeblich von „universellen Wirbeln“ umweht, die einem zu spiritueller Heilung und metaphysischen Erkenntnissen verhelfen sollten. Die Anhänger dieses Glaubens pilgerten in Scharen in das Tal, um dort geistige und körperliche Verjüngung zu erfahren.
    Nach der Sightseeingtour wollten die anderen noch durch die Andenkenläden der Stadt bummeln. Claudia hatte kein Interesse an magischen Kraftkristallen, indianischen Anhängern und übersinnlichem Schnickschnack. Trotzdem schleppte sie sich hinter den Kollegen her.
    Später gingen sie noch in eine Art Westernkneipe, um den Abend dort ausklingen zu lassen. Hier übernahm die leise und verschämte Ina die Rolle, die sonst immer Claudia innehatte: die der fröhlich-verrückten Partymaus, die ohne Rücksicht auf Verluste trinken und feiern konnte und die Meute dabei förmlich mit sich riss.
    Offensichtlich hatte sie in Ina eine würdige Nachfolgerin gefunden, denn wenn die Frau nicht gerade mit Frank ein Wetttrinken veranstaltete, bahnte sie sich mit Ellenbogen und Knien den Weg zur Musicbox frei und drückte ständig dasselbe Lied. Dann sprang sie wie ein rücksichtsloser Igel auf der Tanzfläche herum und stocherte mit zwei hochgereckten Daumen Löcher in die Luft.
    Wenn Claudia sie anblickte, kam es ihr vor, als würde sie in einen Spiegel schauen, und das, was sie sah, gefiel ihr nicht. War sie früher wirklich so eine sorglose, dumme, oberflächliche Gans gewesen?
    Im Laufe der Zeit wurde Inas Stimmung immer ausgelassener. Ihr Jungmädchengekicher wollte gar nicht mehr verstummen, und dann fing sie auch noch an, mit Frank zu flirten. Der stieg natürlich voll darauf ein, war ja klar. Bisher hatte er sich noch jede Frau abgegriffen, die er bekommen konnte, selbst wenn sie eigentlich gar nicht sein Typ war. Hauptsache, in seinem Hotelzimmer herrschte reger Durchgangsverkehr. Er war eben das, was René einen Bimpara nannte, einen Schürzenjäger, einen geilen Bock, und dieser Rolle wollte er in jeder Lebenslage gerecht werden.
     „Warte mal, du hast da was“, sagte er irgendwann, beugte sich vor und wischte mit den Fingern an Inas Schneidezähnen herum.
    „ Ups, das ist wohl Lippenstift“, sagte sie, packte ihr Kosmetiktäschchen aus und baute eine ganze Batterie von Schminkutensilien auf dem Tisch auf. Dann sah sie in den Spiegel, entfernte die roten Spuren und pinselte sich erneut die Lippen an.
    „Du meine Güte, was schleppst du bloß alles mit?“,

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