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Der Tag Delphi

Titel: Der Tag Delphi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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Anfang der siebziger Jahre war er dann – gemeinsam mit zahlreichen Randfiguren seiner Szene – endgültig verschwunden. Es gelang ihm, sich der Festnahme zu entziehen, obwohl er Anfang der Siebziger drei Jahre hintereinander auf der Liste der meistgesuchten Verbrecher des FBI stand und auch danach noch intensiv nach ihm gefahndet wurde. McCracken wußte, daß Cleese und andere Fanatiker seiner Couleur in einer ureigenen Schicht unter der amerikanischen Gesellschaft operierten. Dieser Untergrund war eine Welt für sich und bot Cleese den idealen Nährboden, die revolutionäre Raserei weiterzuentwickeln, die er in den sechziger Jahren mitbegründet hatte.
    Vor McCrackens Truck waren noch drei andere an der Reihe, mit frischen Rinderhälften aus dem Schlachthaus beladen zu werden. Blaine stellte seinen Laster auf dem ihm zugewiesenen Platz ab und stieg aus. Den Motor schaltete er nicht ab, um die Kühlung des Laderaums nicht zu unterbrechen. Die Schlachthausarbeiter trugen lange weiße Mäntel und Handschuhe. Ein paar Arbeiter hatten ihre Atemschutzmasken auch auf dem Ladehof anbehalten; im Schlachthaus selbst würde zweifellos jeder eine tragen, um den unerträglichen Gestank abzuhalten. Wenn Blaine sich so eine Montur besorgen konnte, würde er das gesamte Gelände durchsuchen und auch das Hauptbüro betreten können, um vielleicht dort einen Hinweis auf Arlo Cleeses derzeitigen Aufenthaltsort zu finden.
    Blaine schlenderte gemächlich zum Gebäude, drückte sich um die Ecke und lief zur Rückseite. Dort bemerkte er eine Tür mit der Aufschrift PERSONALEINGANG. Sie war von innen verschlossen, doch eine halbe Minute später hatte er sie geöffnet und war in einen dunklen Gang geschlüpft, in den zahlreiche Türen eingelassen waren. Hinter der vierten hingen mehrere weiße Overalls an Haken an den Wänden.
    McCracken brauchte keine Minute, um eine der Schlachthaus-Monturen überzustreifen. Er fand eine Maske, die den Großteil seines Gesichts bedeckte, und befestigte sie vor Mund und Nase. Die beiden Handschuhe kamen zuletzt, nachdem er die SIG-Sauer in dem weißen Overall verstaut hatte.
    Der Gang führte direkt in den Schlachthof weiter. Die Maske hielt den Gestank kaum ab, und gegen die Geräusche half sie natürlich überhaupt nicht. Blaine kämpfte gegen die Übelkeit an, die durch das Geschehen ausgelöst wurde, das nötig war, wollte man im ganzen Land Fleisch auf den Tellern haben. Er hielt sich so nahe wie möglich an der Wand und blieb den Pferchen mit den verängstigten Tieren und den anderen Arbeitern fern. Als er eine Tür mit der Aufschrift AUSGANG sah, öffnete er sie und fand sich auf einer Plattform wieder, von der aus er den gesamten Schlachthof-Komplex überblicken konnte.
    Bis zum Horizont dehnten sich große Verschlage mit Tieren aus. Dahinter erhoben sich einige Gebäude und kleine Häuser, die den Rand des Schlachthofs wie eine kleine, altmodische Vorstadt aussehen ließen. Dieser Eindruck wurde von Feldern verstärkt, die sich so weit erstreckten, wie er sehen konnte.
    In nahegelegenen Pferchen waren Arbeiter, die ähnlich wie er gekleidet waren, damit beschäftigt, Futter in lange, schmale Tröge zu schütten. Die zum Tode verurteilten Tiere keilten sich um ihre wahrscheinlich letzte Mahlzeit und spitzten die Ohren, wenn besonders laute Geräusche aus dem Hauptgebäude drangen.
    Blaines Blick fiel auf einen Pferch direkt neben dem Schlachthaus, vor dem ein Mann, der über seiner weißen Montur eine hüftlange Jeansjacke trug, Futter schaufelte. Der Mann hatte sein braunes Haar zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden, der allerdings einzelne grauen Strähnen nicht verbergen konnte. Seine Gesichtshaut hatte das dunkle, faltige Aussehen von jemandem, der einen Großteil seines Lebens an der frischen Luft verbracht hatte. Seine Schultern waren schmal, aber sogar unter der Jacke waren feste Muskelschichten auszumachen. Er ging zu einigen aufgestapelten Futtersäcken, und Blaine bemerkte, daß er humpelte. Es war zwar unglaublich, aber sowohl das Alter des Mannes als auch die Beinverletzung deuteten darauf hin, daß es sich um Arlo Cleese handelte!
    Das war wirklich ein Glückstreffer, aber er hatte Cleese zwar gefunden, doch wie sollte nun sein nächster Schritt aussehen? Blaine hatte noch nie jemanden einfach so getötet, und wenn er Cleese jetzt exekutierte, hätte sich ihm sowieso kein vernünftiger Fluchtweg geboten. Außerdem bestand die Frage, wie weit das alles über Cleese hinausging.

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