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Der Tag der Ameisen

Der Tag der Ameisen

Titel: Der Tag der Ameisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Werber
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das Schwarz gegen den Regenbogen.
     
    Doch noch während sie diese Melodie trällert, spürt sie, wie die Angst sie abermals überkommt und ihre Beine zu zittern anfangen. Wenn das Feuer gegen das Wasser steht, sprüht der Dampf; wenn der Himmel gegen die Erde steht, wird alles vom Regen überschwemmt; wenn das Oben gegen das Unten steht, ist alles im Taumel …

174. KONTAKT ABGERISSEN
    »Ich hoffe, dein Schnitzer hat keine allzuschlimmen Folgen.«
    Nach dem »göttlichen« Zwischenfall hatten sie beschlossen, den »Stein der Weisen« zu zerstören. Nicolas bereute zwar, was er getan hatte, aber es war besser, ihn vor neuen Gottesanwandlungen zu bewahren. Schließlich war er ja noch ein Kind. Wenn der Hunger zu sehr an ihm nagte, war er womöglich zu neuen Dummheiten fähig.
    Jason Bragel holte das Herz des Computers heraus, und alle trampelten entschlossen darauf herum, bis es völlig zerbröselt war.
    Der Kontakt zu den Ameisen endgültig abgebrochen, dachten sie.
    Es war gefährlich, in einer so zerbrechlichen Welt zuviel Macht besitzen zu wollen. Edmond Wells hatte recht. Es war noch zu früh, und der geringste Fehler konnte verheerende Auswirkungen auf ihre ganze Zivilisation haben.
    Nicolas blickte seinem Vater direkt in die Augen.
    »Keine Angst, Papa. Sie haben von dem, was ich ihnen erzählt habe, bestimmt nicht viel kapiert.«
    »Hoffen wir’s, mein Sohn, hoffen wir’s.«
     
    Die Finger sind unsere Götter, keift mit einem glühenden Pheromon eine Rebellin, die von einer Wand herunterspringt.
    Sofort reckt eine Soldatin unter ihrem Thorax den Hinterleib vor und schießt. Die Gottgläubige zerschmilzt. In einem letzten Reflex legt die Rebellin ihren rauchenden Körper zu einem sechsarmigen Kreuz aus.

175. YIN UND YANG
    Im Morgengrauen schlenderten Laetitia Wells und Jacques Méliès ohne Eile zur Wohnung der jungen Journalistin. Zum Glück war es nicht weit. Wie die Ramirez’, wie früher ihr Vater, hatte sie sich für ein Leben am Rand des Waldes von Fontainebleau entschieden. Ihr Wohnviertel war allerdings viel ansprechender als die Rue Phoenix. Hier gab es eine Fußgängerzone mit Luxusgeschäften, viele große Grünflächen und sogar einen Minigolfplatz. Und natürlich ein Postamt.
    Im Wohnzimmer zogen sie ihre nassen Kleider aus und fläzten sich auf die Sessel.
    »Bist du noch müde?« fragte Méliès sanft. »Nein, ich habe ja wenigstens ein bißchen geschlafen.«
    Bei ihm wiesen nur die Gliederschmerzen darauf hin, daß er die ganze Nacht kein Auge zugetan hatte, weil er zu sehr damit beschäftigt war, Laetitia anzuschauen. Sein Verstand war wach, bereit zu neuen Rätseln, zu neuen Abenteuern. Sollte sie ihm doch andere Drachen zum Erschlagen zeigen!
    »Ein bißchen Ambrosia? Das Getränk der olympischen Götter und der Ameisen …«
    »Sag dieses Wort nie wieder. Ich will nie, nie, nie wieder was von Ameisen hören.«
    Sie stützte sich auf die Armlehne seines Sessels. Sie stießen miteinander an.
    »Schluß mit dem Chemiker-Fall und adieu, Ameisen!«
    Méliès seufzte.
    »Mir ist vielleicht komisch … Ich bin zu wach zum Schlafen und zu faul zum Arbeiten. Spielen wir vielleicht eine Partie Schach, wie in den guten alten Zeiten im Hotel Beau Rivage, als wir den Ameisen aufgelauert haben?«
    »Nichts mehr von Ameisen!« lachte Laetitia.
    Noch nie hab ich in so kurzer Zeit so viel gelacht, dachten sie beide gleichzeitig.
    »Ich hab eine bessere Idee«, meinte die junge Frau. »Halma.
    Da kommt’s nicht drauf an, die Steine des Gegners zu schlagen, sondern man muß sie benutzen, um mit seinen eigenen schnell weiterzukommen.«
    »Na, hoffentlich ist das nicht zu kompliziert. Wenn ich mir anschaue, wie weich meine Birne ist … Aber bring’s mir nur bei.«
    Laetitia Wells holte ein sechseckiges Spielbrett aus Marmor mit einem sechsarmigen Stern darauf.
    Sie erklärte die Spielregeln: »Jede Sternspitze bildet ein Spielfeld mit sechs Glassteinen. Jedes Feld hat eine eigene Farbe. Man muß versuchen, seine Steine so schnell wie möglich in das gegenüberliegende Spielfeld zu bringen. Es wird so gezogen, daß man über die eigenen Steine und die des andern springt. Zum Springen braucht nur das Feld hinter dem Stein frei zu sein. Man kann über so viele Steine springen, wie man will, und auch in alle Richtungen, solang dahinter Platz zum Weiterhüpfen ist.«
    »Und wenn man über keinen Stein springen kann?«
    »Man kann in alle Richtungen Feld für Feld weiterziehen.«
    »Darf man die

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