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Der Tag der Ameisen

Der Tag der Ameisen

Titel: Der Tag der Ameisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Werber
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Arthur ist ohnmächtig geworden. Er ist krank. Er hat am ganzen Körper Krebs. Ein Leiden, das sich nicht heilen läßt. Meine Mutter ist daran gestorben. Diesem Übel sind wir schutzlos ausgeliefert.
    Empfangen: Was ist Krebs?
    Senden: Eine Krankheit, bei der die Zellen anarchisch wuchern.
    Um sich besser konzentrieren zu können, wäscht die Ameise sich die Fühler.
    Empfangen: Dieses Phänomen ist bei uns auch bekannt. Es ist aber keine Krankheit. Euer Krebs ist keine Krankheit.
    Senden: Was denn dann?
    Zum erstenmal hat ein Mensch dieses »Was« ausgestoßen, das Nr. 103 so oft wiederholt hat. Und jetzt ist es an der Ameise, Fragen zu beantworten.
    Empfangen: Vor langem waren auch wir von dem betroffen, was ihr »Krebs« nennt. Viele von uns sind daran gestorben.
    Ein paar Millionen Jahre lang haben wir diese Geißel als unheilbares Unglück betrachtet, und diejenigen, die daran gelitten haben, hauchten lieber gleich ihr Leben aus, indem sie ihre Herzschläge anhielten. Und dann …
    Überrascht hörten die drei Menschen zu.
    Empfangen: Und dann haben wir begriffen, daß wir das Problem von einem falschen Standpunkt aus betrachteten. Wir mußten das, was wir zunächst als Krankheit angesehen hatten, auf eine andere Weise untersuchen und verstehen. Und seit über hundert Millionen Jahren ist in unserer Zivilisation niemand mehr an Krebs gestorben. Ach, wir fallen zwar vielen anderen Krankheiten zum Opfer, aber mit dem Krebs ist es bei uns vorbei.
    Vor Verblüffung hauchte Laetitia die Glasglocke so stark an, daß sie beschlug.
    Senden: Ihr habt ein Heilmittel gegen Krebs gefunden?
    Empfangen: Klar, ich nenne es euch. Aber erst muß ich ein bißchen frische Luft schnappen. Unter dieser Glocke ist es zum Ersticken.
    Vorsichtig setzte Laetitia Nr. 103 in eine Streichholzschachtel, die unten mit einer bequemen Baumwollmatratze gepolstert war. Dann trug sie sie auf den Balkon.
    Die Soldatin schnupperte die frische Brise. Von hier aus nahm sie sogar die fernen Ausdünstungen des Waldes auf.
    »Paß auf, stell sie nicht auf das Geländer«, rief Jacques Méliès. »Sie darf auf keinen Fall abstürzen. Diese Ameise ist ein echter Schatz. Sie ist bereit, Menschenleben zu retten, und dann behauptet sie auch noch, das Heilmittel gegen Krebs zu kennen. Wenn das stimmt …«
    Mit ihren Händen bildeten sie eine Wiege um die Streichholzschachtel herum. Bald schloß sich Madame Ramirez ihnen an. Sie hatte ihrem Mann ins Bett geholfen.
    Jetzt schlief er.
    »Unsere Ameise behauptet, ein Heilmittel gegen Krebs zu kennen«, verkündete Méliès ihr.
    »Dann müssen wir sie zum Reden bringen, und zwar schnell!
    Arthur hat nicht mehr viel Zeit.«
    »Warten Sie noch ein paar Minuten«, meinte Laetitia. »Sie hat den Wunsch geäußert, ein bißchen Luft zu schöpfen. Das muß man verstehen. Sie hat ein paar Tage lang unter dieser Glocke verbracht und ununterbrochen ferngesehen. Kein Tier der Welt könnte das aushalten!«
    Doch schon verlor die Frau die Geduld.
    »Sie kann sich später erholen. Jetzt müssen wir erst meinen Mann retten. Es eilt.«
    Juliette Ramirez stürzte sich auf Laetitias Arm. Die junge Frau wich zurück, um sie daran zu hindern, ihr die Schachtel wegzuschnappen. Einen Moment lang hing der Nachen aus Karton im Leeren. Madame Ramirez zog an Laetitias Handgelenk, und das genügte.
     
    Sie fällt. Einen Augenblick lang schwebt Nr. 103 auf ihrem weichen fliegenden Teppich. Dann fällt und fällt sie und fällt immer weiter. Das Nest der Finger ist hoch!
    Als sie das Metalldach eines Autos sieht, dreht sie durch und springt ein paarmal hoch. Sie läuft kreuz und quer. Wo sind die
    »freundlichen« Finger mit ihrem Sprechapparat hingekommen?
    Sie flitzt herum und stößt Pheromone aus, die keiner mehr entziffern kann.
    Laetitia, Juliette, Arthur, Jacques! Wo seid ihr? Ich habe genug Luft geschöpft. Holt mich wieder hinauf, damit ich euch alles erzählen kann!
    Das Auto, auf dem sie gelandet ist, fährt los.
    Mit sämtlichen Beinen klammert Nr. 103 sich an der Antenne fest. Um sie herum pfeift der Wind. Noch nie, nicht einmal auf dem »Großen Horn«, ist sie so schnell vorwärts gekommen.
     

194. ENZYKLOPÄDIE
     
    ZIVILISATIONSSCHOCK: Indien ist ein Land, das alle Kräfte aufzehrt. Sämtliche Militärführer, die sich an dem Land versuchten, haben sich daran aufgerieben. In dem Maße, wie sie sich ins Landesinnere wagten, färbte Indien auf sie ab, sie verloren ihre Kampfkraft und begeisterten sich an den Feinheiten

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