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Der Tag der Ameisen

Der Tag der Ameisen

Titel: Der Tag der Ameisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Werber
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können.
    12. UG: Chli-pu-ni sagt sich, daß es wirklich dumm von ihr war, nicht schon früher auf Nr. 103 gehört zu haben. Sie hätte schon längst mit den Fingern reden sollen. Sie hätte auf ihre Mutter hören sollen. Belo-kiu-kiuni hatte mit ihnen geredet.
    Und es ließ sich so einfach bewerkstelligen.
    20. UG: Vorausgesetzt, die Finger da unten sind noch am Leben! Vorausgesetzt, sie hat mit ihrem Willen, sich abzuheben und etwas anderes als ihre Vorfahren zu tun, nicht alles verdorben. Sie hätte nicht das Gegenteil tun sollen, und auch nicht das gleiche, sondern weitermachen müssen. Das Werk der Mutter fortsetzen, anstatt es zu verleugnen.
    Um sie herum wimmelt ihr Volk wie jeden Tag. Die Ameisen grüßen sie mit den Fühlerspitzen. Aber die meisten sind trotzdem überrascht, ihre Königin so tief in die Stadt hinabgehen zu sehen.
    40. UG: Chli-pu-ni läuft jetzt mit ihrer ganzen Truppe dahin und murmelt immer wieder: »Wenn es nur nicht zu spät ist.«
    Sie biegt in mehrere Gänge ab und kommt in einem Saal heraus, den sie nicht kennt. Einem Saal von erstaunlichen Ausmaßen, der vor mindestens einer Woche in diesen gering bevölkerten Stockwerken eingerichtet worden sein muß.
    Plötzlich steht sie den Gottgläubigen gegenüber! Es sind die Leichname sämtlicher toten Rebellinnen, die man hier aufgebahrt hat. Hunderte regloser Ameisen scheinen die ungebetene Besucherin herausfordernd anzustarren.
    In der Stadt gibt es konservierte Leichen! Die königlichen Antennen weichen verdutzt zurück. Die belokanischen Soldatinnen, die ihr nachfolgen, sind ebenfalls entsetzt.
    Was tun alle diese Toten hier? Sie müßten doch auf dem Depot liegen! Die Königin und die Soldatinnen machen ein paar Schritte zwischen den Exponaten dieser düsteren Ausstellung. Die toten Ameisen liegen größtenteils in Kampfstellung da, mit weitaufgesperrten Kieferzangen, nach vorne gerichteten Antennen, bereit, einen vielleicht ebenso reglosen Feind anzuspringen.
    Einige der Leichen haben sogar noch Schrammen von den Wanzenpenissen. Wenn man bedenkt, daß sie auf ihre königliche Veranlassung hin getötet worden sind …
    Chli-pu-ni hat ein komisches Gefühl.
    Sie ist beeindruckt: Sie liegen alle da … wie Mutter in ihrer königlichen Kemenate.
    Doch das sind noch nicht alle Überraschungen.
    Es kommt ihr so vor, als hätte sich zwischen den völlig reglosen Ameisen etwas gerührt.
    Ja, fast die Hälfte von ihnen bewegt sich. Ist das ein Wunder, eine Nachwirkung des uralten Büschelkäferhonigtaus, der Droge, die sie einst unvorsichtigerweise gekostet hat?
    Gräßlich!
    Überall bewegen sich Leichen.
    Und es ist gar kein Hirngespinst! Die Soldatinnen um sie herum werden von Hunderten von Gespenstern angegriffen.
    Überall wird gekämpft. Die Wachen der Königin haben zwar lange Mandibeln, aber die Gottgläubigen sind in der Überzahl.
    Der Überraschungseffekt und die von diesem seltsamen Ort verursachte Anspannung sind für die Kriegerinnen der Königin von Nachteil.
    Die Gottgläubigen schwenken beim Kämpfen ihre Fühler, um unablässig ein und dasselbe Pheromon auszustoßen: Die Finger sind unsere Götter.

199. FUNDE
    Wie eine Kanonenkugel stürzte Laetitia Wells atemlos auf den Speicher, wo Jacques Méliès und Juliette Ramirez sich bemühten, zwischen den Hunderten von Briefen und Telefonanrufen auszuwählen, die ihnen ihr Appell an die Bevölkerung eingetragen hatte.
    »Sie ist gefunden worden! Jemand hat sie gefunden!« rief sie.
    Keiner von beiden reagierte.
    »Es gibt bereits achthundert Schwindler, die schwören, sie gefunden zu haben«, meinte Méliès. »Sie klauben irgendeine Ameise auf, schmieren ihr ein bißchen rote Farbe auf die Stirn und fordern ihre Belohnung!«
    Juliette Ramirez setzte noch eins drauf: »Es sind sogar welche mit Spinnen oder Käfern gekommen, die rot angeschmiert waren.«
    »Nein, nein. Diesmal ist es ernst. Es handelt sich um einen Privatdetektiv, der seit unserem Aufruf durch die Stadt marschiert und dabei dauernd eine Fernglasbrille trägt …«
    »Und warum glaubst du, daß er wirklich unsere Nr. 103 gefunden hat?«
    »Er hat mir am Telefon erzählt, daß der Fleck auf der Stirn nicht rot, sondern gelb ist. Und wenn ich meinen Nagellack zu lang trage, dann wird er gelblich.«
    Das Argument stach tatsächlich. »Zeig uns erst mal das Tierchen.«
    »Er hat sie nicht. Er behauptet, sie gefunden zu haben. Er hat sie aber nicht zu fassen bekommen. Sie ist ihm zwischen den Fingern

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