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Der Tag der Dissonanz

Der Tag der Dissonanz

Titel: Der Tag der Dissonanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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da konnte ihre Wendigkeit ihre vergleichsweise geringe Körpergröße nicht aufwiegen. Eines von Roseroars wirbelnden Schwertern hackte den verwundeten Raben in zwei Teile. Dann durchdrang ein weiterer Pfeil des Otters den dünnen Panzer des Falken. Als er feststellen mußte, daß er weder auf Entfernung noch im Nahkampf einen Sieg erringen konnte, gab Corroboc den Befehl zum Rückzug.
    »Paßt gut auf eure Eingeweide auf, ihr Abschaum!« schrie der Papagei, als er direkt außerhalb der Reichweite von Mudges Pfeilen wütend in der Luft auf und ab tänzelte. »Ich schwöre euch, daß euer Schicksal besiegelte Sache ist, ha! Das Meer, ach was, die ganze Welt ist nicht groß genug, als daß ihr euch darin vor mir verstecken könntet! Wo ihr auch hinlauft, der alte Corroboc wird euch aufspüren, und wenn er das getan hat, dann werdet ihr euch wünschen, nicht geboren zu sein, ha!«
    »Ach, gib's doch endlich auf, Kumpel!« Nach dieser Aufforderung ließ Mudge eine lange Liste beleidigender Kommentare über die zweifelhafte Herkunft des Kapitäns folgen. Roseroar hörte angewidert zu.
    »Was für 'ne ungehobelte Ausdrucksweise! Muß schon sag'n, das jagt mia richtig 'n Schauer üba den Rück'n. Ach, was sehn ich mich nach der Konversation zivilisierter Gesellschaft!«
    Der Otter hörte das und warf ihr einen erhabenen Blick über die Schulter zu. »'immel! Dann will ich dich wissen lassen, mein kleines Elefantenbaby, daß meine Sprache genauso verflucht kultiviert is wie jede andere auch!«
    »Ja«, stimmte sie ihm honigsüß zu, »weiß gar nicht, wie ich das vergess'n konnte!«
    Jon-Tom stellte sich zwischen die beiden. »Warum zankt ihr euch schon wieder? Wir haben doch gewonnen und sind wieder sicher auf Kurs.«
    Eine zittrige, längst nicht mehr freche Stimme ertönte von der Gangway: Was... was haben wir gewonnen? Wer hat gewonnen?«
    Jon-Tom erinnerte sich an Wahnwitz. »Übernimm du das Steuer, Roseroar!«
    »Jon-Tom, wenn de mein Meinung höan wills, dann...«
    Er schaltete den Autopiloten aus. Das Schiff krängte scharf nach Backbord, und Roseroar mußte das Rad packen, um es am Herumwirbeln zu hindern.
    Nach kurzer Suche entdeckte Jon-Tom das Mädchen, das sich weit hinten in einer der unteren Pritschen zusammengerollt hatte. In der sauberen, ruhigen Umgebung der Schaluppe wirkte sie plötzlich zerbrechlich. Das Eisenband war ein häßlicher dunkler Fleck auf ihrem bleichen Hals.
    Er musterte es eindringlich. Die Schaluppe war gut ausgerüstet. Wenn er lange genug suchte, fände er mit Sicherheit eine Metallsäge oder irgendein anderes Werkzeug, mit dem er das Eisen durchschneiden konnte.
    »Entspann dich, beruhige dich!« Er sprach sanft und freundlich. »Du bist frei, genau wie ich es dir versprochen habe. Na ja, noch nicht völlig frei«, berichtigte er sich mit einem ermutigenden Lächeln. »Du bist immer noch an uns gebunden. Aber Corroboc kannst du vergessen. Seinetwegen brauchst du dir niemals wieder Sorgen zu machen. Ich habe sie mit einem Banngesang schlafen gelegt. Dich auch. Und während sie schliefen, sind wir geflohen.«
    Sie antwortete nur stockend. »Dann... bist du ein Hexer. Und ich habe an dir gezweifelt.«
    »Vergiß es! Manchmal zweifle ich selbst an mir.« Sie schwankte auf ihrer Pritsche, und plötzlich war er besorgt. »He, du siehst aber nicht sonderlich gesund aus.«
    »Ich bin so müde...« Sie legte eine Hand auf die Stirn und kippte ihm in die Arme. Unvermittelt wurde er sich ihrer Nacktheit bewußt. Ganz zu schweigen von ihrem Geruch. Corrobocs Schiff war nicht gerade ein Musterbeispiel an Hygiene gewesen. Wahnwitz hatte wahrscheinlich seit ihrer Gefangennahme nicht mehr gebadet.
    Er legte stützend einen Arm um sie. »Komm mit!« Er hall ihr in den Vorderteil des Schiffs. »Wir werden dich erst mal saubermachen. Dann nehmen wir dir irgendwie dieses Eisenstück ab. Während du dich duschst, schaue ich mal nach, ob ich irgendwo etwas zum Anziehen für dich auftreibe. In den Vorratsspinden müßte es auch Kleider geben.‹ »Ich danke Ihnen für Ihre Freundlichkeit, mein Herr.«
    Er lächelte wieder. »Klingt schon besser. Nenn mich einfach nur Jon-Tom.«
    Sie nickte und lehnte sich an ihn. Einen Augenblick glaubte er, sie bräche in seinen Armen zusammen. Doch das tat sie nicht. Weder jetzt noch später. Das erste, was sie auf Corrobocs Schiff verloren hatte, war die Fähigkeit zu weinen.
    Während sie sich wusch, durchsuchte er die Schränke und Spinde des Schiffs. In einem fand er

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